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    Kapitel 9: Mittwoch, 15 Uhr 39, Sauna

     

     

     Thomas und Jeanette hatten sich inzwischen umgezogen, waren unbemerkt nach draußen gegangen, wo die Temperatur bereits ein wenig gefallen war, da graue Wolken sich zwischen der Insel und die milchig wirkende Sonne geschoben hatten, und liefen hastig in Richtung Sauna. Hastig öffneten die beiden die Tür, um der Kälte von draußen zu entfliehen. Zwei Gestalten, die eng umschlungen auf einer der Holzbänke saßen, schreckten bei ihrem Hereinkommen überrascht hoch und distanzierten sich rasch voneinander. Thomas trat verwirrt ein und wollte sich stammelnd entschuldigen, als er überhaupt erst bemerkte, wer dort saß.

     Es handelte sich um einen etwas finstrer dreinblickenden Björn Ansgar Lykström und um Magdalena Osario, die beschämt wegguckte und ihr Handtuch bis unter ihr Kinn geschoben hatte, als ob sie alle Blöße verbergen wollte. Auch Jeanette, die jetzt eintrat und sich erstaunt umsah, wirkte sehr beschämt.

     Thomas musste zugeben, dass er nicht sonderlich überrascht war. Es hatte genug Anzeichen gegeben, dass die beiden Lehrer eine Affäre führten und nun hatte er die beiden praktisch in flagranti ertappt. Er hatte sowieso nie verstanden, wieso Magdalena Osario den Direktor geheiratet hatte und sich vor allem mit ihm noch auf eine einsame Insel zurückgezogen hatte, wo sie praktisch nur ihm und dem Koch, sowie dem merkwürdigen Butler ausgeliefert war.

     „Sie hätten ja wenigstens anklopfen können.“, kritisierte der mürrische Schwede, der seine Betroffenheit und Scham mit diesem Vorwurf überspielen wollte.

     Thomas wusste nicht so recht, wie er sich jetzt verhalten sollte und zog es vor sich lieber in die andere Ecke der Sauna zu setzen, wo die Nebelschleier so sehr wallten, dass er den stechenden Blicken seines ehemaligen Englischlehrers entgehen konnte. Seine Begleiterin Jeanette wollte bereits betreten die Sauna wieder verlassen und sah sich nervös nach ihrem Geliebten um, als Magdalena Osario sie ansprach.

     „Bleiben Sie ruhig hier, machen Sie sich keine Vorwürfe.“, sagte sie niedergeschlagen und wurde auf Grund dieses Kommentars sofort von ihrem Geliebten angeraunzt.

     „Es tut uns Leid, dass wir Sie beide so überrumpelt haben.“, meinte Thomas verlegen und blickte Hilfe suchend zu Jeanette, die zum ersten Mal ihre Sicherheit ein wenig verloren hatte und unentschlossen in der Tür stand.

     „Das muss Ihnen nicht leid tun. Wir beide sollten unsere Beziehung besser geheim halten. Es dürfen nicht noch mehr Leute davon erfahren.“, stellte Magdalena Osario fest und hatte ihre Sicherheit wieder ein wenig zurückgewonnen.

     Björn Ansgar Lykström stand drohend auf und bedachte die Spanierin mit einem bösen Blick, bevor er langsam auf Thomas zuschritt, mit verkniffenen Lippen und geröteten Wangen. Der sonst so gelassene Schwede, der immer umgänglich und beliebt gewesen war, schien auf unheimliche Art und Weise verändert und wirkte beinahe furchteinflößend auf Thomas, der gar nicht wusste wie ihm geschah. Langsam legte der Schwede seine Hand auf die Schulter seines Gegenübers, der ein Zittern unterdrücken musste. Wie eine eiserne Totenklaue lag die Hand des Schwedens nun auf seinem Oberarm und packte erbarmungslos zu.

     „Kommen Sie niemals auf den dummen Gedanken irgendjemandem von unserer Beziehung zu erzählen.“, flüsterte er drohend und Magdalena Osario rief ihn entsetzt zurück, doch der Schwede beachtete sie nicht und blickte nur fest in Thomas Augen, der dem Blick nicht standhielt und wegschauen wollte.

     Lykström packte ihn noch fester am Arm und blickte ihm noch einmal tief in die Augen, bevor er seine Umklammerung löste und wie in Zeitlupe von ihm zurücktrat. Thomas rieb sich seinen schmerzenden Arm und trat langsam zu Jeanette herüber, die das Szenario zitternd beobachtet hatte. Beide wollten die Sauna schon verlassen, als sich Magdalena Osario überraschend wieder zu Wort meldete.

     „Wohlfahrt ist ein verdammter Mistkerl, das müssen Sie beide verstehen. Er hält mich wie eine Gefangene auf dieser gottverdammten Insel fest. Aber meine Liebe zu Björn ist stärker und wird mir helfen, von hier fliehen zu können. Auf dem Rückweg mit der Fähre werden wir uns aus dem Staub machen. In fünf Tagen ist dieser Alptraum vorbei. Ich halte das alles nicht mehr aus.“

     „Ich nehme an, dass somit eher Sie hinter diesem Kurstreffen stecken, als Ihr Gatte?“, vermutete Thomas, der durch dieses Geständnis wieder ein wenig mehr Mut gefasst hatte.

     Er blickte auf Lykström, dem es gar nicht zu passen schien, dass Magdalena Osario so offen sprach und bedachte sie mit finsteren Blicken und wandte ihr schließlich sogar demonstrativ den Rücken zu, was diese mit einem verzweifelten Schluchzen registrierte. Die angestauten Gefühle mussten sich nun bei ihr Platz verschaffen.

     „Es war die einzige Möglichkeit überhaupt andere Menschen zu Gesicht zu bekommen. Zudem war es auch die einzige Möglichkeit Björn endlich wieder ungestört zu sehen. Wir konnten uns ja nicht einmal heimlich Briefe schreiben oder Ähnliches. Ich hatte ihm mein Leid geklagt, als ich ihn vor zwei Jahren wieder an unserer alten Schule getroffen habe, in der ich seit meiner Heirat praktisch kaum noch bin. Wir haben uns sofort zueinander hingezogen gefühlt und ich habe diese Freiheit genossen. Seitdem ich und Marcel Wohlfahrt verheiratet sind, ist mein Leben zur Hölle geworden. Nicht einmal mehr unterrichten durfte ich. Wie eine Sklavin hält er mich hier.“, berichtete Magdalena Osario und ließ ihren Tränen freien Lauf.

     Thomas schaute betreten zu Boden. Nie hätte er gedacht seine ansonsten so selbstsichere und moderne Lehrerin einmal so hilflos zu sehen. Sein Hass auf den ehemaligen Direktor wuchs mehr und mehr, als er sah, dass die einst so stolze Lehrerin sich in ein seelisches Wrack zu verwandelt haben schien. Er ballte die Hände zu Fäusten und stellte mit einem Seitenblick auf Jeanette fest, dass diese ebenso entsetzt und betroffen war. Sie näherte sich Magdalena Osario, setzte sich neben sie und legte ihre Hand um die Schulter der Spanierin. Die Lehrerin nahm den Trost dankbar an und drückte ihr verweintes Gesicht gegen die Schulter der jungen Französin, während Lykström die Szene fast schon abschätzig beobachtete.

     „Ich konnte nie verstehen, warum Sie dieses Ekelpaket geheiratet haben.“, gab Thomas unumwunden zu und Magdalena Osario löste ihr Gesicht von der Schulter der Französin und schüttelte verzweifelt den Kopf.

     „Er war damals so liebenswert und charmant. Wir hatten so viele gemeinsame Interessen und Träume und er hat mich wie ein Kavalier behandelt. Ich war ja vollkommen überrumpelt, als er mir den Heiratsantrag gemacht hat. Ich weiß bis heute nicht genau, warum ich ihn angenommen habe, denn es kam einfach so plötzlich und ich musste spontan antworten. Nach der Hochzeit hat er dann seine Maske fallen lassen und sein anderes Ich gezeigt.“, stammelte Magdalena Osario und verfiel wieder in ein Schluchzen.

     „Es gab immer nur dieses eine Ich. Das andere war alles nur Fassade, er war niemals ein guter Mensch. Ich habe über die Zeit hinweg vieles über ihn erfahren.“, fügte Lykström mit brutaler Stimme hinzu und wirkte mit einem Mal selbst ernüchtert und traurig, als er seine Hand sanft auf den Oberschenkel seiner Geliebten legte.

     „Der Typ war uns selbst immer unsympathisch. Machen sie sich keine Gedanken, von uns wird niemand etwas erfahren.“, warf Jeanette ein und der Schwede registrierte dies mit einem grimmigen Nicken. 

     Dann klopfte er der Spanierin auf die Schulter und stand auf. Er näherte sich dem Ausgang und wandte sich kurz vorher noch einmal zu seiner Geliebten um.

     „Lass uns gehen, bevor uns noch mehr Leute so sehen.“, erwiderte er und trat zielstrebig aus der Sauna, wo er beinahe mit einem weiteren Ankömmling zusammenstieß, der überrascht zusammenfuhr. Lykström warf dem Kerl einen abschätzigen Blick zu und verschwand nach draußen. Auch die junge Lehrerin hatte sich mittlerweile erhoben und wurde von Jeanette begleitet, die ihren Arm fürsorglich um die zierlichen Schultern der Spanierin legte. Diese verließ immer noch schluchzend die Sauna und dafür trat der Neuankömmling näher, den auch Thomas und Jeanette nun mit leichtem Erschrecken erkannten.

     Es war Malcolm McCollaugh, der die beiden abschätzig und frustriert anschaute. Verächtlich nickend blickte er zu Jeanette und spuckte wütend auf den Boden.

     „Du scheinst ja einen guten Ersatz für mich gefunden zu haben, du miese Schlampe.“

     „Malcolm, es tut mir leid, ich wollte nicht...“

     „Leid, sagst du? Dir tut das leid? Du Drecksstück spielst doch mit meinen Gefühlen und machst das alles ganz bewusst! Du hast es nur auf mich allein abgesehen. Provozieren willst du mich.“, herrschte Malcolm sie an und Thomas sah sich gezwungen einzugreifen.

     „Malcolm, du bist nicht der Mittelpunkt der Welt. Lass sie einfach in Ruhe.“, sagte er beschwichtigend und näherte sich dem Schotten, der sein Näherkommen mit einer wirschen Handbewegung erwiderte und ihn wütend ansah.

     „Halt bloß dein Maul, du Hurenbock.“, gab er angespannt zurück und machte eine drohende Geste in die Richtung seines Konkurrenten.

     „Malcolm, du machst dir falsche Hoffnungen. Es war und ist vorbei.“, mischte sich Jeanette ein und sah den überzeugten Schotten beinahe flehend an.

     „Ich werde mir von dir besorgen was mir zusteht, Miststück!“, gab dieser gereizt zurück und wollte sich auf sie stürzen, als Thomas hervortrat und ihm einen gezielten Schlag gegen das Kinn verpasste.

     Malcolm taumelte verwundert nach hinten und prallte gegen die Eingangstür, schüttelte sich und raffte sich erneut auf. Mit einem Hechtsprung sprang er sein Gegenüber an und Thomas konnte in der engen Kabine nicht mehr ausweichen und rutschte zudem auf dem feuchten Holzboden aus. Beide fielen eng umschlungen zu Boden und Jeanette stieß einen entsetzten Schrei aus.

     Thomas versuchte sich aus dem Klammergriff seines Gegners zu befreien. Malcolm presste seine kräftige rechte Hand erbarmungslos an die Kehle seines Gegners und drückte zu. Thomas versuchte sich röchelnd zu befreien, doch Malcolm hatte ihm gleichzeitig sein Knie in die Magengrube gerammt, sodass im die Luft ausging. Mit einer hektischen Bewegung rammte er seinem erbarmungslosen Gegenspieler den Kopf gegen die Nase und Malcolm fuhr mit einem Schmerzensschrei zurück und lockerte die Umklammerung ein wenig.

     Röchelnd holte Thomas Luft, rollte sich ein wenig zur Seite und setzte mit einem Tritt in das Gesicht des Gegners nach, der das Gleichgewicht verlor, rudernd nach hinten stolperte und der Länge nach hinfiel. Jeanette wich ihm mit einem spitzen Schrei aus und Thomas rappelte sich mühsam auf. Mit hochrotem Gesicht hielt er sich seinen Hals und wollte erneut nachsetzen, als Malcolm ihm im Liegen einen schnellen Tritt gegen das linke Schienbein verpasste, der Thomas schmerzhaft in die Knie zwang. Immerhin gelang es ihm noch den zweiten Tritt, der sein Gesicht treffen sollte, mit seinem rechten Arm abzublocken, wonach jedoch sein gesamter Unterarm höllisch schmerzte, als ob er in Flammen aufgehen würde.

     Malcolm erhob sich ächzend und wollte nun wieder selbst in die Offensive gehen, als sich die Tür der Sauna öffnete, die er prompt in den Rücken gerammt bekam und somit ins Stolpern geriet. Im Eingang der Tür standen zwei verwunderte Männer, die das Szenario noch nicht so recht erfassten. Jeanette jedoch packte den erstbesten Ankömmling ängstlich am Unterarm und wies auf Malcolm.

     „Dieses Schwein will uns zusammenschlagen!“

     Wie zur Bestätigung stürzte sich Malcolm erneut auf Thomas, der sich gerade erst von dem Tritt erholt hatte und in eine Hockposition gegangen war. Die brutal geführte Handkante konnte Thomas gedankenschnell abblocken, doch die Wucht des Angriffs ließ in nach hinten taumeln und auf eine Sitzbank der Sauna fallen. Mit einem Sprung setzte Malcolm ihm nach und Thomas hechtete im letzten Moment zur Seite, wobei er dabei hart auf den Boden prallte. Malcolm hatte mit dem Wucht seines Schlages seinen Konkurrenten um Haaresbreite verfehlt und stattdessen das Holz der Sitzbank durchschlagen und heulte vor Schmerz auf.

     Dennoch wollte er nicht aufgeben und versuchte den wieder auf dem Boden liegenden Thomas nun mit einem Tritt zu treffen. Er verfehlte den Schotten, der sich rasch zur Seite rollte, wieder knapp, sprang aber stattdessen auf ihn und griff mit einem Wutschrei in die halblangen Haare des Polizisten, der sich zuckend aus dem schmerzhaften Griff befreien wollte.

     In diesem Moment griffen die beiden Ankömmlinge ein und packten jeweils einen Arm des wild gewordenen Schotten, der fluchend um sich trat und von den beiden Kerlen mühsam Richtung Ausgang gezerrt wurde. Malcolm versuchte sich mit allen Mitteln aus der Umklammerung zu befreien, was ihm jedoch nicht gelang. Draußen angekommen stieß ihn einer der Helfer nach vorne. Malcolm konnte sich mit einem unpräzisen Tritt endlich befreien und rannte Hals über Kopf davon. Der zweite der Ankömmlinge wollte ihm zunächst noch nachsetzen, doch der andere Mann klopfte ihm auf die Schulter und schüttelte den Kopf. Im aufkommenden Dunst verschwand der cholerische Schotte und die beiden Ankömmlinge wandten sich nun wieder Jeanette und Thomas in der Sauna zu.

     Die Französin hatte dem lädierten Thomas inzwischen wieder auf die Beine geholfen und dieser fasste sich mit verzerrtem Gesicht an sein schmerzendes Schienbein.

     Jeanette bedankte sich bei den beiden unerwarteten Helfern und nahm diese erst jetzt richtig war. Es handelte sich um Abdullah und Mamadou, die ein wenig grimmig guckten und sich nach Thomas Wohlbefinden erkundigten.

     „Wenn ihr beiden nicht gekommen wärt, hätte Gott weis was passieren können. Wir sind euch sehr dankbar.“, sagte Jeanette hastig und schmiegte sich immer noch verängstigt an Thomas, dem es dadurch sofort wieder ein wenig besser ging. Nachdenklich strich er durch ihre prachtvollen Haare.

     „Ich habe immer mehr den Eindruck, dass dieses Treffen zu einem großen Desaster wird. Wir scheinen hier nur mit potentiellen Gewaltverbrechern auf dieser Insel zu sein. Erst dieser Koreaner und nun auch noch Malcolm.“, meinte Mamadou mit düsterer Stimme zu verstehen und schüttelte grimmig den Kopf.

     „Ich habe gehofft, dass dieses Treffen meine Frau ein wenig von ihren Problemen ablenkt, aber jetzt isoliert sie sich auch noch von mir. Diese ganzen Konflikte sind wie Gift für sie.“, warf der nur mit einem weißen Badelaken bekleidete Abdullah ein und setzte sich stöhnend in eine besonders heiße und nebelumhangene Ecke der Sauna.

     Thomas überlegte, ob er sich geschlossen halten sollte, doch da er stets ein offener und direkter Mensch war, wollte er jetzt die Gelegenheit nutzen und vorsichtig auf diesen Kommentar eingehen.

     „Verzeih mir die Frage, Abdullah, aber was ist eigentlich mit Marilou los? Sie wirkt so niedergeschlagen und pessimistisch, als ob sie sich von allem und jedem abgrenzen möchte.“

     Abdullah seufzte und wirkte in diesen Momenten fast genauso verzweifelt, wie kurz zuvor noch die spanische Lehrerin, die an derselben Stelle wie er gesessen hatte. Seine Gesichtsmuskeln begannen zu zucken und er verbarg sein Gesicht in seinen Händen. Er schien nachzudenken und entschied sich letztlich für eine ausführliche Antwort.

     „Marilou hat eine verdammt schwierige Zeit hinter sich. Wie ihr wisst, hatte sie oft schulische Probleme, hat sich immer als Außenseiterin gefühlt und war in ihrer Jugendzeit drogenabhängig geworden. Sie hat inzwischen zwei schwere Entziehungskuren hinter sich, die letzten Endes Gott sei dank gefruchtet haben. Kaum hatte sie sich davon erholt, da hat sie der nächste Schlag getroffen. Ihre Eltern sind bei einem Autounfall in Québec ums Leben gekommen. Sie hatten die Kontrolle über den Wagen nach einer Feier verloren und einen Laster gerammt, der den Wagen komplett eingequetscht und zerstört hatte. Sie haben den Unfall beide nicht überlebt. Marilou hat sich große Vorwürfe gemacht, da sie normalerweise bei den Feierlichkeiten dabei gewesen wäre und den Wagen wohl gefahren hätte. Sie hatte auf Grund einer schweren Lungenentzündung die Reise in ihr Heimatland absagen müssen und war bei mir geblieben. Seitdem ist sie noch depressiver als vorher und niemand schafft es sie daraus zu holen. Weder ich, noch irgendwelche Psychologen. Ich habe in die Abgründe einer Seele geblickt. Sie hat vor zwei Jahren sogar versucht sich die Pulsadern aufzuschneiden und konnte im letzten Moment erst gerettet werden. Unsere Beziehung ist mittlerweile total zerstört, sie besteht sogar darauf in einem anderen Bett zu schlafen als ich.“, erklärte Abdullah, dessen sonstige Fröhlichkeit wie weggeblasen war.

     Thomas konnte es ihm gut nachfühlen. Er hatte selbst in seinen schwersten Zeiten sehr gelitten und sich von allen Bekannten abgeschottet. Er musste auch an seinen Freund Fatmir Skola denken, der sich ebenfalls die Schuld am Tod seiner Eltern gab. Doch im Gegensatz zu dem Fall der Frankokanadierin gab es bei ihm Hoffnung auf Besserung, da er sich nicht völlig isolierte und zudem versprochen hatte eine Entziehungskur zu machen. Thomas wusste nicht so recht wie er auf diese Enthüllungen reagieren sollte. Jeanette nahm ihm die Entscheidung ab und schaltete sich ein.

     „Das ist sehr schrecklich. Aber Abdullah, du darfst nie die Hoffnung aufgeben. Sie braucht dich mehr denn je zuvor, auch wenn sie abweisend wirken mag. Nur du kannst sie aus dieser Finsternis ziehen und ihr neuen Mut geben. Sie hat dich ja nicht ohne Grund geheiratet.“, sagte Jeanette überzeugt, doch der verzweifelte Abdullah antwortete nur mit einem bitteren Lachen und schüttelte den Kopf.

     „Ich habe schon so viel versucht. Manchmal glaube ich, dass sie mich nur des Geldes wegen geheiratet hat.“, gab er unumwunden zu.

     Jeanette hielt entsetzt die Luft an und trat auf Abdullah zu, packte sein Gesicht in ihre Hände und starrte ihn mit geweiteten Augen an.

     „So darfst du nicht denken! So kenne ich dich gar nicht von früher.“, stammelte sie entsetzt.

     „So kenne ich mich selbst ja nicht einmal. Sie vertraut mir nicht und ich kann mir selbst kaum mehr vertrauen. Verdammt, ich glaube ich werde noch wahnsinnig!“, rief er aus und hämmerte seine geballte Faust auf die Sitzbank.

     Abdullah bebte vor Wut, doch er reagierte sich nicht ab und verfiel stattdessen in einen Schluchzen, während die Umherstehenden ihn mitfühlend und betreten betrachteten. Schließlich erhob sich der Katarer und wankte in Richtung des Ausgangs. Mamadou wollte ihm folgen, doch da wandte sich Abdullah noch einmal um und schüttelte den Kopf.

     „Ich will einfach nur mal allein sein. Ich denke, ich werde mich auf mein Zimmer zurückziehen und duschen. Wir sehen uns dann beim Abendessen.“, erwiderte er und verließ mit hängenden Schultern die Sauna.

     Mamadou schüttelte seufzend den Kopf und ließ sich auf einer der Bänke nieder. Jeanette und Thomas taten es ihm gleich und schwiegen für eine Weile.

     In dieser Haltung verharrten sie einige Minuten, bis sie wieder Schritte hörten und die Eingangstür der Sauna ruckartig aufgerissen wurde. Alle drei Anwesenden waren erstaunt, als sie einen völlig entsetzten Gwang-jo Park erblickten, der seine ganze Arroganz verloren zu haben schien. Panisch blickte er sich um und zog die Tür wuchtig hinter sich zu. Im Gegensatz zu den anderen Anwesenden war er noch vollkommen angezogen, so als ob er eher unplanmäßig in die Sauna gestürzt käme. Seine rechte Hand, hielt zitternd seine noch angezündete Zigarette umklammert, die er unbewusst fast vollständig zerdrückt hatte.

     Thomas war zunächst misstrauisch und befürchtete einen weiteren, hinterhältigen Trick des Koreaners, der ihnen vielleicht irgendetwas vorspielte. Auch Mamadou, der beinahe eingeschlafen war, blickte dem Störenfried mürrisch und ablehnend entgegen.

                Der Koreaner war völlig außer sich, rannte wild umher, drehte sich im Kreis und schien nicht zu wissen, wen er ansprechen sollte. Schließlich entschied er sich für Thomas packte ihm an den Schultern und stammelte bruchstückartige Sätze hastig vor sich her. Thomas kam zu dem Schluss, dass sein Gegenüber ihm nichts vorzuspielen schien und tatsächlich in heller Aufregung war. Jetzt war er doch neugierig geworden. Was konnte den selbstsicheren und brutalen Koreaner so aus der Bahn geworfen haben?

     „Was ist los, Gwang-jo?“, fragte Thomas ruhig.

     Der Koreaner starrte ihn aus schreckgeweiteten Augen an und antwortete erst, als Thomas ihn nun seinerseits an den Schultern packte und diese heftig schüttelte. Im Gegensatz zu seiner sonstigen Gewohnheit ließ Gwang-jo dies zu und suchte keine Provokation. Das was Thomas jetzt zu hören bekam, ließ ihn gleichzeitig schrill lachen und nervös werden, da er sich des Wahrheitsgehaltes nicht sicher war. Als er jedoch die entsetzte Mimik des Koreaners wieder wahrnahm, wurde ihm selbst sehr mulmig. Der Kerl schien nicht zu lügen und er wollte sich noch einmal versichern, dass er sein Gestammel richtig verstanden hatte. Auch Mamadou und Jeanette waren jetzt aufgestanden und standen um Thomas und Gwang-jo herum und glaubten ihren Ohren nicht zu trauen.

     „Wolf... draußen... da ist ein gottverdammter – Wolf.... Das beschissenen Vieh hat mich einfach so angefallen... aus dem Nichts... war gerade bei einem Spaziergang zu den... Vogelhäusern... hinter dem Schloss...mitten aus dem Dickicht... Zähne... triefendes Maul... gelbe Augen... bin um mein Leben gerannt – konnte entkommen... verdammt...“, stotterte der Koreaner, der immer noch ganz außer Atem war.

     „Auf dieser Insel soll es einen Wolf geben?“, fragte Mamadou ungläubig.

     „Verdammt, ich lüge euch nicht an.“, schrie Gwang-jo und ließ sich nun ebenfalls auf eine Bank fallen. Die Hitze der Sauna hatte sich inzwischen mit seinem Angstschweiß vermischt und perlte von seinem Gesicht.

     „Das wird sich sehen. Ich habe immer meine Pistole dabei. Ich werde mich umziehen und in der Umgebung umschauen.“, erwiderte Mamadou entschlossen.

     „Ich werde dich begleiten.“, entschloss sich Thomas spontan und sah wie Mamadou protestieren wollte, doch schließlich überlegte er es sich anders und nickte.

     „Sehr gut. Vier Augen sehen mehr als zwei.“, gab Mamadou zurück.

     Dieser Satz war für die beiden gleichzeitig ein indirektes Startsignal gewesen, denn sie packten schnell ihre Sachen zusammen und verließen ohne zu zögern die Sauna, während Gwang-jo ängstlich hinter ihnen herschlich und ins Schloss zurückkehren wollte.

     Nur die junge Jeanette befand sich noch in der Sauna, schloss ihre Augen und versuchte sich von dem Stress der letzten Minuten zu erholen. Auch sie hatte gehofft auf dem Ausflug die Seele ein wenig baumeln lassen zu können und war bereits jetzt eines besseren belehrt worden. Seufzend hing sie ihren Gedanken nach und vergaß dabei Zeit und Raum.

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    L’Hôtel du libre échange est une comédie vaudevilliste en trois actes écrite par Georges Feydeau en collaboration avec Maurice Desvallières de 1894 qui a été présentée au Petit Théâtre de l’UQAC dans le Pavillon des Arts jusqu’au treize novembre du jeudi au samedi à 20 heures et le dimanche à 14 heures. Il s’agit d’une adaptation du Théâtre Les Têtes Heureuses, fondé en 1982 à Chicoutimi qui souligne ainsi son trentième anniversaire.

    Une pièce loufoque qui réussit beaucoup avec peu de détails brillants

    Ce qui est des plus impressionnants de cette pièce dynamique de deux heures et quart avec un court entracte est le jeu courageux des comédiens avec des scènes de caresses entre le désir et la folie qui ne se gênent pas de se toucher et même de se déshabiller partiellement. Mais ce ne sont pas ces scènes tendues d’érotisation qui marquent le plus, mais le travail détaillé des différents caractères, l’un plus antipathique que l’autre. Mis en scène par Rodrigue Villeneuve, la pièce se concentre sur l’histoire originale intemporelle qui n’a rien perdu de son charme. La pièce n’est soutenue que par quelques décors simplistes, mais efficaces, des accessoires et costumes élégants, mais assez courants pour ne pas être trop traditionnels, quelques bouts de chansons françaises et de musique classique bien connues ainsi que quelques bruits enregistrés et enfin un jeu de lumières efficace qui délimite les champs d’action autant que l’atmosphère de la pièce d’une manière géniale. Notons que plusieurs éléments visuels et oraux signaleurs pour  les différents personnages comme le bégaiement, le lâchement d’un lacet ou l’emploi d’un vilebrequin ajoutent de temps en temps une petite touche slapstick, dérivée de la commedia dell’arte à la pièce en créant des situations comiques exagérées.

    L’art comment ne pas rencontrer son amant secret

    L’histoire est vite racontée. Monsieur Pinglet est marié à un vrai dragon depuis vingt ans et désire la plus jeune Madame Paillardin, l’épouse de son ami et assistant. Madame Paillardin est à son tour malheureuse et trouve que son mari ne lui accorde plus beaucoup de temps, d’attention et de respect depuis les cinq ans qu’ils sont mariés. Monsieur Pinglet tente de profiter d’une dispute majeure et réussit à séduire la jeune femme naïve et belle avec son charme hectique, mais passionné. Les deux décident de se donner rendez-vous pour une nuit à l’Hôtel du libre échange, un hôtel borgne et chaotique pour être certains de ne pas être reconnus. Mais au lieu de passer une nuit romantique à l’abri de la vie bourgeoisie très encadrée, les deux amants rencontrent une panoplie de caractères qu’ils connaissent beaucoup mieux qu’ils aimeraient et ne cessent pas de mettre les pieds dans le plat durant une vraie odyssée d’événements ridicules. La nuit tourne en désastre complet et les deux infidèles risquent de tout perdre, mais toutes les cartes ne sont pas jouées lorsque quelques surprises les attendent au lendemain.

    Ce genre d’histoire ne semble rien offrir de nouveau car nous connaissons tous des films et pièces de confusions vaudevilles, mais ce genre de pièce peut-être autrefois surexploité et devenu un classique rare à trouver de nos jours ayant ainsi gagné une sorte de nouvelle fraîcheur. La pièce est des plus divertissantes et les caractères sont tellement colorés grâce à un jeu d’acteurs splendide que les spectateurs embarquent dans l’histoire et veulent sans cesse savoir la suite qui offre toujours encore plus de surprises, de rires, mais aussi de tensions. Dans le rôle de Monsieur Pinglet, Christian Ouellet offre une performance énergisante qui varie bien entre le naturel et l’exagération donnant une touche excentrique à son caractère. Dans le rôle de Madame Paillardin, Mélanie Potvin incarne parfaitement la jeune femme bourgeoise gâtée, naïve et sotte sans perdre un certain charme. La chimie entre ces deux acteurs est tellement crédible et naturelle qu’on pourrait croire que les deux sont véritablement un jeune couple nerveux et passionné. Parmi une panoplie de caractères secondaires intéressants, il faut souligner le travail d’Éric Renald dans le rôle de Monsieur Mathieu, un personnage sot, exigeant et dérangeant qui emploie le bégaiement comme baromètre. Ce personnage est tellement crédible que le spectateur a la sensation de vouloir se débarrasser de ce personnage qui apparaît toujours dans les moments les plus importuns de la pièce.

    Bref, il s’agit ici d’une pièce dynamique, comique et divertissante qui est joué sur le campus de l’Université du Québec à Chicoutimi pour un montant très raisonnable pour étudiants. Soulignons chaleureusement l’anniversaire du Théâtre Les Têtes Heureuses en espérant qu’ils continueront la tradition de présenter une panoplie de pièces diversifiés sur le campus. Avec leur version de «L’Hôtel du libre échange», ils ont gagné en moi un nouvel amateur de leur talent théâtral qui tentera de suivre leurs présentations futures de très près.

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    Le 25 octobre 2011, le Théâtre La Rubrique a présenté la pièce «La robe de Gulnara» au Centre culturel du Mont-Jacob à Jonquière. Il s’agissait d’une coproduction du Théâtre I.N.K., de la Compagnie dramatique du Québec et du Théâtre de la Bordée. La pièce de la jeune Gaspésienne Isabelle Hubert qui avait remporté le Prix de la critique, section Québec, il y a un an, présente un drame inspiré de faits historiques. Elle joue dans la zone frontalière entre l’Arménie et l’Aserbaïdjan et expose la situation difficile d’un groupe d’environ dix milles réfugiés d’un peuple minoritaire vivant en pauvreté dans des vieux wagons. La pièce parle d’espoir et de désespoir, de fidélité et de trahison, d’amitié et d’égoïsme et a réussi à toucher n public bien nombreux et diversifié pendant environ soixante-quinze minutes. Il n’y avait pas peu de gens qui avaient les larmes aux yeux vers la fin de cette adaptation très humaine mise en scène par Jean-Sébastien Ouellette.

    L’histoire est racontée par un jeune homme qui se souvient de la vie de sa mère qui était une de ces dix milles réfugiés et qui observe les actions de la pièce avec beaucoup d’émotions et quelques commentaires et monologues en russe. De temps en temps, il intervient physiquement dans la pièce en se mettant dans le chemin de sa mère ou en s’assoyant à côté d’elle, mais celle-ci ne réagit pas à ses interactions ce qui signifie que le narrateur s’imagine vivement les éléments du passé et aurait aimé changer le déroulement tragique des événements, mais ses désirs, peurs et désespoirs ne restent que des fantasmes. Il raconte l’histoire de sa mère, la jeune Mika, une fille joyeuse, vivante et charmante de seulement treize ans qui représente une des rares lueurs d’espoir dans une communauté huis clos. Gulnara est la sœur aînée de Mika et veut épouser Arif, un beau jeune homme malhonnête qui gaspille son temps et son argent dans des jeux et de l’alcool. Gulnara dépense toutes ses économies auprès d’un marchand sans scrupule qui ne cesse d’exploiter les réfugiés qui ont pourtant besoin de lui pour acheter une robe de mariage. Elle s’attache au rêve d’une meilleure vie en ville avec son mari. Lors d’un malheureux accident, Mika salit la robe de la future mariée d’une grande tâche et veut réparer son erreur quelques jours avant le mariage. Naïve et curieuse, elle essaie à l’aide des habitants des wagons de trouver un moyen de nettoyer cette robe et sa quête l’amène à côtoyer le meilleur et aussi le pire de ce dont les humains sont capables jusqu’à sa fin tragique.

    Un excellent travail de comédiens dans des rôles particuliers

    La pièce nous expose une culture étrangère avec toutes ces facettes, mais c’est par le biais des caractères authentiques que les spectateurs sont touchés et peuvent s’identifier aisément à l’histoire. Il y a des passages tristes avec des gestes muets autant que des passages joyeux, bruyants et remplis d’une hectique énergisante. La musique folklorique et l’excellent travail d’éclairage s’ajoutent à un jeu d’acteurs crédible. Les décors sont simples et consistent notamment en rails, valises et robinets ainsi qu’en petits accessoires bien choisis pour chaque caractère. Parmi le bon travail des comédiennes et des comédiens, il faut surtout souligner le travail de trois d’entre eux qui incarnent des personnages beaucoup plus jeunes ou beaucoup plus âgés qu’eux d’une manière exceptionnelle. En premier lieu, il y a bien sûr la jeune comédienne Marilyn Perreault qui joue d’une manière authentique, légère et profonde en même temps le rôle de la jeune Mika. Il faut aussi souligner le talent exceptionnel du comédien Sébastien René dans le rôle de Mahiaddin et surtout de Mubaris, un jeune garçon genre trouble-fête sympathique un peu plus jeune que Mika qui accompagne celle-ci lors de sa quête en tentant de lui aider le plus possible. D’un autre côté, il y a également le travail excellent de la comédienne Nancy Bernier qui joue les rôles de Vilma et surtout de Soviet, une très vieille dame rustique, sévère, mais chaleureuse d’une manière authentique. Ceci étant dit, le spectateur ne remarque souvent même pas que plusieurs comédiens et comédiennes incarnent plusieurs petits rôles tellement que leur jeu d‘acteur ainsi que les accessoires et costumes différents sont bien choisis.    

    Cette pièce touchante est en ce moment encore en tournée au Québec et jouera le 28 novembre à Fermont, le 30 novembre à Baie-Comeau, le 1er décembre à Sept-Îles et finalement le 4 décembre à Saint-Léonard. Si vous avez l’occasion de voir cette pièce à un de ces endroits, ne ratez surtout pas l’occasion car il s’agit d’un bon investissement d’assister à ce spectacle touchant.

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