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    Kapitel 49: Freitag, 3 Uhr 00, Thomas Zimmer


    Thomas hatte immer einige Pflaster und Verbandszeug in seiner Reisetasche, die jetzt dem verstörten, erschöpften und fast lethargisch im Bett liegenden Butler zu Gute kam. Der schottische Polizist hatte einst einen umfangreichen Erste Hilfe Kurs absolviert und verarztete die Wunden des Butlers in angemessener Weise. Er hatte einige derbe Schläge abbekommen, auch eine Platzwunde an der Stirn, die Thomas besonders vorsichtig gesäubert hatte. Der Butler stöhnte einige Male, nahm aber ansonsten in keiner Weise Kontakt zu Thomas oder dem betreten danebenstehenden Mamadou auf. Der Butler schien in eine Art Schockzustand gefallen zu sein und Thomas setzte sich nachdenklich auf die Bettkante, nachdem er die letzten Reste verkrusteten Blutes aus dem Gesicht des ehemaligen Drogendealers gewischt hatte. Thomas war völlig müde, hatte Kopfschmerzen, aber auch enorme Sorgen und sogar ein wenig Angst vor dem Einschlafen.

    Mamadou erzählte seinem provisorischen schottischen Kollegen noch einmal ausführlich die Geschichte. Mamadou war im Schloss patrouilliert und hatte irgendwann gemerkt, dass Lykström seinen Posten verlassen hatte. Magdalena Osario hatte nur erwähnt, dass er mit ihr über die Herkunft des Butlers gesprochen habe und sich danach entfernt habe, um in der Küche eine Flasche Wasser zu besorgen. Dazu war es nicht gekommen. Lykström war stattdessen wohl Gwang-jo über den Weg gelaufen, der den Plan gehabt hatte dem Butler einen nächtlichen Besuch abzustatten. Angesteckt von dem hinterhältigen und bösartigen Koreaner hatte Lykström diesen begleitet, um einige Antworten in dem tödlichen Verwirrspiel zu erhalten, nachdem man die altersschwache Tür zu seinem Turmzimmer mit geballter Wut zerstört hatte. Als der Butler nicht geantwortet hatte, wurde Gewalt angewandt, schließlich hatten die beiden nächtlichen Besucher ihr Opfer in den Keller geführt, um dort Beweise für die versteckten Drogen zu erhalten. Unglücklicherweise waren Mamadou und die spanische Schlossherrin in jenem Moment der Abwesenheit in das Zimmer des Butlers gegangen, da der Afrikaner die Aktionen des schwedischen Englischlehrers vorausgesehen hatte. Sie waren durch den verwüsteten Raum und die Kampfspuren in ihren Annahmen bestätigt worden und hatten systematisch die Trakte durchsucht, bis sie zufällig das Schreien und Wimmern des Butlers hörten, der sich irgendwie von seinen Bewachern gelöst hatte und aus den Kellergewölben gestürzt kam, eng verfolgt von seinen beiden Widersachern. In der Eingangshalle hatten sie ihn eingeholt, doch der Butler hatte sich noch geschickt verteidigt und wie eine Furie um sein Leben gekämpft. Im letzten Moment hatte Mamadou eingreifen können, der Butler war mit letzter Kraft in den oberen Gang geflohen und der dort verursachte Lärm hatte dann die meisten Gäste geweckt.

    Thomas lauschte gebannt den Ausführungen seines Kollegen. Gewisse Teile der Gruppe entwickelten in der Stresssituation, in der sie sich alle zweifellos befanden, eine gefährliche Eigendynamik. Die lebensbedrohliche Situation verschärfte die Konflikte und die Isolation der einzelnen Personen. Jeder dachte an sich, sein Überleben und entwarf hirnrissige Verschwörungstheorien. Es wurden kurzweilige, spannungsgeladene Zweckgemeinschaften eingegangen, aber oft eskalierten selbst kleine Streitereien und gerade diese Kontraproduktivität und Angst spielte dem unbekannten Serienmörder in die Karten. Je mehr die Gäste isoliert waren, desto leichter konnte man ihnen auflauern, sie allein antreffen oder unbemerkt weitere Fallen oder Schandtaten vorbereiten. Es war ein psychologisches Duell, in dem der ominöse Mörder bislang klar im Vorteil lag. Thomas fragte sich, ob der Killer das Ganze nicht einfach nur tat, um sich an der Hilflosigkeit anderer Menschen zu laben und sich selbst stark und allmächtig zu fühlen. Der junge Schotte glaubte längst nicht mehr an ein Motiv wie etwa einen Dreifachmord aus Rachsucht, Eifersucht oder ähnlichen Dingen. Ein Schauer rieselte fröstelnd über den Rücken des Schotten, als er die unaussprechliche Lösung vor seinem inneren Auge wiedergespiegelt sah. Er saß nun ebenso apathisch auf dem Bett wie der schottische Butler. Thomas sah bereits weitere tote Gäste vor seinem inneren Auge und selbst er würde diesem Schicksal kaum entrinnen können. Der Mörder schien nur noch das Ziel zu haben jeden einzelnen der Schulgruppe auszuschalten und niemanden zu verschonen.

    Thomas spürte wie seine Hände zitterten und seine Augen huschten nervös hin und her, wobei er seine äußere Umgebung kaum noch wahrnahm. Stattdessen spukten ihm die Bilder erstochener, zerfetzter Menschen durch den Kopf, das Bild einer düsteren, verregneten Insel, auf der ein unheilvolles, gotisches, grausam majestätisches Schloss stand, umrahmt von einer kargen und feindlichen Landschaft und einem mahnenden Friedhof.

    Ein lautes Donnern riss den Schotten urplötzlich aus seiner Lethargie und ließ ihn aufschrecken. Das Unwetter war wieder stärker geworden. Erbarmungslos prasselte der Regen gegen die Zimmerfenster. Ein Windhauch blies wie von Geisterhand eine flackernde Kerze aus, sodass Thomas beinahe völlig im Dunkeln saß. Lediglich eine Art Petroleumlampe glühte noch auf einem Nachttisch vor sich hin. Der Strom schien im kompletten Schloss ausgefallen zu sein und der Schotte nahm sich vor die Sicherungen zu untersuchen, obwohl er davon ausging, dass dieser Stromausfall nicht unbedingt manipuliert worden war, sondern dass das Unwetter daran Schuld trug. Einen Generator, der nun zerstört war, schien es nur für das Geheimzimmer gegeben zu haben. Thomas fluchte grimmig. Selbst das Wetter und alle äußeren Umstände spielten dem Mörder in die Hände.

    Plötzlich berührte Thomas etwas am Arm. Blitzschnell fuhr er herum, hob seinen Arm und erstarrte. Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass es lediglich der Butler war, der ihn mit eisernem Griff umklammert hielt. Er schien aus seinem tranceähnlichen Zustand endlich erwacht zu sein. Dennoch stand der Mann noch unter Schock und stammelte verängstigt vor sich hin, seine Augen blitzen so unheimlich auf, dass Thomas es selbst in beinahe absoluter Dunkelheit erkennen konnte. Er bekam eine Gänsehaut und warf einen Blick zu seinem unbeweglichen Kollegen, der in einer dunklen Ecke des Raumes stand und wie ein Mahnmal wirkte. Sein Gesicht war in der Schwärze des Raumes nicht mehr zu erkennen, nur noch schemenhafte Umrisse waren von ihm zu erahnen.

    „Bitte, ich habe nichts getan. Es ist die Wahrheit. Diese verdammten Polizisten müssen die Sachen gefunden und weggeräumt haben. Einem von ihnen habe ich mein Geheimnis gestanden. Warum hat er nichts gesagt? Warum hat er nicht erwähnt, dass er die Sachen irgendwohin entwendet hat? Warum tut ihr mir das alles an? Ich töte nicht, ich bringe niemanden um. Bitte, lasst mir mein Leben. Grundgütiger Herr, schütze mich vor der blinden Rachsucht der Menschen, sonst werde ich sterben, noch heute. Hilf mir!“, murmelte der Butler apathisch vor sich hin und schien durch Thomas hindurchzusehen. Seine Stimme war immer lauter geworden, seine Hand nahm den Unterarm des schottischen Polizisten in eine eiserne Umklammerung, bis es diesem wehtat und er versuchte sich aus dem Griff hinauszuwinden. Es gelang ihm nicht, der Griff war eisern und nicht zu durchbrechen.

    Dann plötzlich war alles so abrupt vorbei, wie es angefangen hatte. Der Butler löste mit feuchter und zitternder Hand seinen Griff, schrie schrill auf und sank urplötzlich schweißgebadet zurück auf das Bett. Er verstummte abrupt, sein Brustkorb hob sich hektisch auf und ab, die Augenlider flatterten, aber waren dennoch geschlossen.

    Thomas rieb sich seinen Unterarm und dachte über die Worte des Butlers nach. Traf ihn eine Teilschuld, weil er dem Butler nicht gesagt hatte, dass er die Drogenbeute verlegt hatte? Der schottische Polizist warf einen mitleidigen Blick auf die verarzteten Wunden des Butlers. Hätte er all dies verhindern können?

    In diesem Moment trat Mamadou aus dem Schatten des Zimmers und auf Thomas zu. Er schien die düsteren Gedanken seines Kollegen erraten zu haben und über eine exzellente Menschenkenntnis zu verfügen. Beruhigend legte er seinen Arm auf die Schulter des Schotten und blickte diesen tiefgründig an. Verstohlen wischte sich Thomas eine Träne aus den Augenwinkeln und atmete tief durch.

    „Uns trifft keine Schuld. Es ist unabänderlich, aber es konnte auch niemand solch eine Überreaktion voraussehen. Morgen früh sollten wir den Zweiflern das Versteck im Wald zeigen, damit wir den Butler wieder schützen können und sie uns glauben. Vielleicht können wir diesen verbitterten Koreaner nicht von seiner Verschwörungstheorie abbringen, aber zumindest die anderen Gäste würden sehen, dass der Butler und wir dann die Wahrheit gesagt haben und werden den Täter woanders suchen müssen.“, schlug Mamadou ruhig vor und bekam von Thomas ein nachdenkliches Nicken geschenkt.

    Mamadou lächelte sanftmütig, obwohl auch ihn Sorgen und Ängste plagten. Er blickte nachdenklich auf den nun völlig still liegenden Butler und seinen Kollegen, der aus dem Fenster hinaus in die unergründliche Schwärze der Nacht starrte.

    „Das Bett ist groß genug für dich und den Butler. Legt euch schlafen, ich werde vor das Zimmer gehen und noch Wache halten. Sei beruhigt, solange ich in der Nähe bin und wir uns vertrauen, wird niemand mehr versuchen den Butler so übel zuzurichten oder dich mit hinterhältigen Gedanken im Verlauf der Nacht aufsuchen.“, führte Mamadou weiter aus und sah wie sich sein Kollege wortlos umdrehte und tatsächlich auf den äußersten Rand des Bettes zusammenkauerte und den Kopf auf eines der Kissen legte. Den größten Platz nahm weiterhin der nun leicht schnarchende Butler ein.

    Zufrieden nickend schritt Mamadou rückwärts aus dem Raum, öffnete behutsam die Zimmertür, blickte in einen grauen und leeren Gang, verschloss das Zimmer und lehnte sich tief durchatmend gegen den Türrahmen. Außer ihm gab es nach diesen Ereignissen keinen anderen Wachposten mehr und das konnte theoretisch gefährlich sein, da Mamadou nur einen gewissen Teil des Traktes überwachen konnte. Er wollte Magdalena Osario und Blörn Ansgar Lykström, die mit ihm eigentlich für die Wachperiode verantwortlich waren, allerdings nicht aufsuchen oder wecken. Die beiden mussten sich erst einmal von den Streitereien erholen. Immerhin hatte der Schwede im Gegensatz zu Gwang-jo Reue gezeigt und doch menschlich reagiert. Lediglich der Korenaer und Fatmir stellten in ihrem Hass auf den Butler ein großes und kaum auflösbares Risiko dar, während Mamadou aus der Rolle von Elaine Maria da Silva noch nicht schlau wurde. Die Frau war für ihn ein abstoßendes Mysterium.

    Nachdenklich massierte Mamadou sich die Wangenknochen und ließ sich zu Boden sinken. Er versuchte die Augen wach zu halten, doch trotz seines inneren Alarms und Pflichtbewusstseins schaffte er es nicht die Gesetze der Natur zu durchbrechen und er musste der Hektik und dem Schlafmangel der letzten Tage nun doch Tribut zollen, sodass ihm die Augen irgendwann zufielen, der Kopf sich auf die Brust neigte und der Ghanaer in einen unruhigen Schlaf verfiel.

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    Kapitel 48: Freitag, 2 Uhr 47, Thomas Zimmer

     

    Der junge Schotte hatte den verletzten Albaner erfolgreich verarztet und war in den oberen Flur des Schlaftraktes zurückgekehrt. Dort hatte sich bereits eine Menschentraube versammelt, der Elaine Maria da Silva ihre Version des nächtlichen Vorfalls erzählte und den Butler klar beschuldigte. Unterstützung erhielt sie dabei auch von Fatmir Skola, der völlig erbost war. Thomas Jason Smith hatte mit dem Butler auch kurz gesprochen und ihm nur geraten sich in sein Zimmer heimlich zurückzuziehen, die Tür zu verriegeln und sich vorerst nicht blicken zu lassen.  Er hatte versucht den Butler zu verteidigen, doch er stand wohl auf ziemlich einsamer Front und konnte gegen den Redefluss des Albaners, der Brasilianerin und auch des Koreaner Gwang-jo nur resignieren.

    Die Wachübergabe hatte dann auch entsprechend früher stattgefunden, Magdalena Osario und Björn Ansgar Lykström, die sich für diese Nacht ein Zimmer geteilt hatten, waren ebenfalls geweckt worden und gerade die Spanierin wirkte müde und zermürbt. Sie wurde mit kritischen Fragen nahezu überhäuft, wich diesen jedoch aus und legte sich nur darauf fest, dass der Butler gewiss kein kaltblütiger Mörder sei und sie seine Identität nur geheimgehalten hatte, um ihn vor den Wutausbrüchen ihres aggressiven Mannes zu schützen. Die meisten Anwesenden glaubten ihr nur zum Teil und selbst ihr schwedischer Geliebter äußerte einige Zweifel, die sie müde abwehrte.

    Thomas hatte sich kurz darauf schlafen gelegt, aber kaum ein Auge zugedrückt. Die vorhergegangenen Ereignisse liefen ihm nach, er lag schweißgebadet in seinem Bett und lauschte dem dumpfen Grollen des gewaltigen Sturmes. Er war gerade kurz vor dem Einschlafen, als ein Tumult auf dem Flur entstand, der ihn wieder wachrüttelte. Mehrere Stimmen riefen durcheinander und der Schotte zog sich stöhnend wieder etwas über und torkelte schlaftrunken in den Zimmerflur. Er vernahm sowohl empörte Schreie, als auch Hilferufe und hart geführte Diskussionsfetzen.

    Björn Ansgar Lykström stand im Mittelpunkt des Geschehens. Neben ihm stand seine Geliebte, Magdalena Osario, die ihn mit ängstlichem Blick zur Seite drängen wollte. Mamadou stand betroffen neben dem Paar und versuchte gleichzeitig die Gäste zu beruhigen, die sich schon auf dem Flur versammelt hatten. Besonders Gwang-jo Park und Fatmir Skola drängten sich vehement nach vorne und kommentierten lautstark die neuesten Erkenntnisse. Abdullah Gadua stand sprachlos neben ihnen und wirkte geschockt. Im Hintergrund stand auch Marilou Gauthier, welche die hektische Männergruppe kritisch beäugte. Neben ihr stand Paola Francesca Gallina, die sich hastig bekreuzigte und ein Gebet vor sich hermurmelte. Schon bald waren auch alle restlichen Gäste versammelt.

    Erst nach einigen Augenblicken konnte der schlaftrunkene schottische Polizist überhaupt erkennen, was den Grund für die Aufregung ausgelöst hatte. Bis jetzt war der Butler von der Menschentraube verdeckt worden, doch nun bekam auch der Schotte einen Blick auf den Diener des Schlossherrn. Sein Anblick verschlug ihm völlig die Sprache.

    Der Butler hatte eine klaffende Platzwunde an der Stirn, er zitterte am ganzen Leib und wurde nur noch vom strammen Griff des Schweden in aufrechter Lage gehalten. Sein Blick wirkte apathisch und er schüttelte schluchzend den Kopf.

    Thomas verschaffte sich einen Durchgang durch die Menschenmasse, stieß seinen ehemaligen albanischen Freund zur Seite, bedachte Mamadou mit einem vorwurfsvollen Blick und trat energisch an den schwedischen Lehrer heran.

    „Was zur Hölle ist geschehen? Was habt ihr mit ihm gemacht?“, herrschte der schottische Polizist den Schweden außer sich vor Wut und blankem Entsetzen an.

    „Wir haben ihm einen nächtlichen Besuch abgestattet, damit er uns von seinen Plänen erzählt. Dein afrikanischer Kollege wollte mich nicht so recht unterstützen, sogar meine Geliebte hat sich für diesen Wahnsinnigen eingesetzt, aber ich wollte die Wahrheit erfahren.“, erklärte ihm Lykström triumphierend und in seinen Augen blitzte es gefährlich.

    „Du hast einfach versucht ein Geständnis aus ihm herauszuprügeln?“, fragte Thomas in einer Mischung aus Unglauben und gewaltiger Empörung.

    „Fatmir und ich haben ihm ein wenig geholfen das Vögelchen zum Singen zu bringen.“, meldete sich plötzlich Gwang-jo hinter ihm zu Wort und grinste Thomas bestialisch an.

    „Ich gebe zu, dass die Situation ein wenig eskaliert ist. Aber was haben wir noch zu verlieren, jetzt wo drei Menschen tot sind? Ich will nicht der nächste auf der Liste sein!“, schrie Lykström seine Angst und seinen Frust sich von der Seele.

    „Es tut mir Leid, Thomas. Ich hatte erst zu spät gemerkt, dass sich Lykström von seinem Überwachungsposten abgesetzt hatte, ich selbst bin durch das Haus patrouilliert und habe mich auch um den Direktor gekümmert, ihn beruhigt, verarztete und das Gespräch mit ihm gesucht, denn das hatte er wahrlich nötig. Ich habe die Gruppe dann erst gerade eben am Flur getroffen.“, gab Mamadou kleinlaut in Richtung seines Kollegen zu.

    Thomas schüttelte entsetzt den Kopf und warf einen blick auf Magdalena Osario, die völlig aufgelöst war und sich zitternd von der Gruppe abgewandt hatte. Noch erbärmlicher anzusehen war allerdings der Butler. Zu seiner ohnehin schon seelisch instabilen Lage war nun auch die körperliche Pein hinzugekommen. Er war mehr bewusstlos als bei Besinnung.

    „Er hat die Morde nach wie vor bestritten, aber er hat dabei gezittert und gefleht. Wenigstens konnten wir ihm das Geständnis über seine Drogenvergangenheit abverlangen. Tatsächlich hat er uns von seinem Versteck hier im Schloss erzählt, wo er zwei Kilogramm Kokain versteckt hält. Aber es war nichts da, wir haben es schon überprüft. Er wollte uns in die Irre führen. Es gab weder ein Weinfass, noch irgendwelche Drogen an dem von ihm beschriebenen Ort. Er hatte den Mut uns hereinzulegen. Jetzt ist doch allen klar, dass er ein viel schlimmeres Geheimnis auf dem Gewissen hat!“, schrie nun Fatmir Skola, dessen Wut auf den Butler nach dem Streifschuss ins Unermessliche gestiegen war und nun fast einem blinden Wahn glich.

    Thomas und Mamadou tauschten kurz ihre Blicke auf. Der Ghanaer nickte kurz und auch dem Schotten war klar geworden, dass der Butler seine brutalen und aufgebrachten Gegner nicht etwa angelogen hatte, sondern dass die beiden Polizisten die Drogen am Morgen des gestrigen Tages versteckt hatten. Thomas musste die Wahrheit sagen, um den Butler vor weiteren Folterungen zu schützen. Er musste irgendwie erreichen, dass sich der Hass nicht so einseitig auf den Butler fokussierte, denn dieser würde der psychischen Belastung nicht mehr allzu lange Stand halten.

    „Der Kerl führt uns an der Nase herum, ich wusste sofort, dass er dahinter steckt, seitdem er nach dem Verhör vom Nachmittag so extrem reagiert hatte.“, äußerte sich nun auch Gwang-jo zu dem Thema.

    „Wir müssen uns schützen und die Wahrheit aus diesem gefährlichen Bastard herausprügeln!“, pflichtete ihm nun sogar Elaine Maria da Silva mit markigen Worten bei, die gerade erst zur Gruppe getreten war und sich sofort auf die Seite der aufgebrachten Männer stellte.

    „Ihr habt recht. Lieber sein Leben als das unsrige.“, überzeugte sich nun sogar Abdullah Gadua und die Stimmung drohte immer mehr auf die Seite der brutalen, rebellierenden Männer zu kippen.

    Thomas sah die aufkommende Gefahr einer vorschnellen Verurteilung und merkte, dass ihm die Felle davonschwammen. Er sah sich gezwungen nun einzugreifen.

    „Hört mir zu! Dreht jetzt bloß nicht durch! Er hat euch die pure Wahrheit gesagt!“

    Überrascht blickten die Anwesenden zu ihm. Für einen kurzen Moment war es ganz still, bevor Gwang-jo schallend lachte und auch Fatmir Skola eine feixende Bemerkung abgab, die für seinen ehemaligen schottischen freund wie ein Stich ins Herz war. Er schluckte seinen Zorn herunter und versuchte sich weiterhin bemerkbar zu machen, obwohl man ihm bereits jetzt höhnischen Protest entgegenbrachte.

    „Es ist wahr, dass er im Drogengeschäft verwickelt war und seine Beute war auch bis heute Morgen im Keller.“, fuhr der Schotte fort und verschaffte sich mit lautstarker Stimme mühsam Gehör.

    „Was willst du damit sagen?“, fragte ihn Lykström drohend.

    „Mamadou und ich haben heute Morgen einen Kontrollgang durch die Kellergewölbe gemacht nach dem Mord. Wir waren sozusagen auf Spurensuche und uns ist auch das deplaziert wirkende Weinfass aufgefallen.“, berichtete Thomas nun weiter.

    „Das sagst du doch nur, weil du als Bulle den Angeklagten schützen willst. Wir haben keine handfesten Beweise und somit ist er für dich automatisch unschuldig!“, herrschte Gwang-jo ihn an und hob drohend seine Faust.

    „Ihr wollt immer nur nach Indizien suchen und Leute befargen, anstatt den gesunden Menschenverstand zu benutzen. Der Kerl kannte den Geheimgang und hat uns kaltblütig überfallen!“, warf auch der Albaner ein, der die Ereignisse ziemlich verdrehte.

    „Die beiden haben recht und die Mehrheit ist gegen euch beide. Ihr habt nicht über uns zu bestimmen und das Recht unsere Taten zu verurteilen. Es geht um unser Leben und wir werden uns nicht weiter von euch einschränken lassen.“, begehrte nun auch Abdullah gadua auf, dessen Turban verrutscht war, sodass seine kurzen haare schweißnass auf die Stirn gepresst waren.

    „Die Sache ist ja wohl eindeutig, Herr Kommissar!“, höhnte auch Elaine Maria da Silva und blickte Thomas tiefgründig an.

    „Es ist die Wahrheit. Mamadou und ich haben die Drogen im Wald versteckt. Ihr könnt dort gerne nachsehen und euch davon überzeugen! Wir ahnten, dass irgendwer die Sachen suchen könnte und wollten sie als Beweismaterial für spätere Aufklärungsversuche verstecken!“, erwiderte Thomas, der äußerlich gefasst wirkte, innerlich aber den fast unnachgiebigen Drang verspürte sich vor allem wieder auf den misanthropischen Koreaner zu stürzen, der mit hasserfüllten und haltlosen Beschuldigungen nur so um sich warf.

    „Da haben wir doch das perfekte Motiv.“, keifte Elaine Maria da Silva.

    „Unsinn! Nur ich wusste von seiner anderen Identität und selbst ich war mir nicht darüber im Klaren, dass hier im Schloss noch Beute lagern könnte. Ich war die einzige Gefahr für ihn, aber die anderen, die tot sind, haben mit der Geschichte nichts zu tun!“, griff nun Magdalena Osario schluchzend und nuschelnd ein.

    „Du hast diesen Kriminellen geschützt!“, herrschte ihr Liebhaber sie ungläubig an und hob drohend seinen rechten Arm zum Schlag.

    „Ja, vor der Wut und Brutalität meines Mannes.“, gestand die Spanierin, blickte ihren Geliebten ängstlich und schüchtern an und sank zitternd auf die Knie.

    Jetzt war sogar Lykströms erbarmungslose Kälte gebrochen und er zeigte eine menschliche Regung, als er sich besann und auf seine Geliebte zu bewegte, sie in den Arm nahm und ihr aufhalf.

    „Ich wollte dir keinen Vorwurf machen, es tut mir Leid. Mir sind die Nerven einfach ein wenig durchgegangen.“, flüsterte er ihr entschuldigend zu und die Spanierin presste ihr verweintes Gesicht erleichtert gegen seine Schulter.

    „Daraus sollten wir alle lernen. Haltlose Beschuldigungen helfen niemandem weiter. Der Butler hat mit den Morden nichts zu tun und wenn wir uns auf ihn als Täter fokussieren, dann hat der wahre Mörder genau das erreicht, was wir wollen.“, erklärte Thomas der gespannt mitverfolgenden Gruppe.

    Die meisten der Anwesenden nickten verständig und zum Teil betroffen, doch die ursprünglichen Unruhestifter, allen voran Gwang-jo, ließen sich nicht überzeugen oder gar einschüchtern.

    „Von einem Drogendealer zu einem Mörder ist es nicht weit!“, bemerkte der Koreaner grimmig und blickte die anderen Gäste um Zustimmung heischend an.

    „In seiner Akte stand, dass er unter akutem Mordverdacht stand.“, stellte nun auch Elaine Maria da Silva fest und ein unruhiges Raunen ging wieder durch die Gäste.

    „Ich habe mit ihm darüber gesprochen. Es sind falsche Anschuldigungen, die ihm ehemalige Kollegen der Szene anhängen wollen.“, ergriff Magdalena Osario Partei, die sich ein wenig beruhigt hatte und wieder gefasster und klarer sprach, wobei sie immer noch in den Armen ihres Geliebten lag.

    „Du bist zu gutgläubig. Er hat dir das so erzählt, aber woher willst du wissen, dass es so stimmt? Er hat mich kaltblütig angeschossen!“, erwähnte Fatmir Skola nun und wies anklagend und wütend auf seine verbundene Schusswunde.

    „Ein professioneller Mörder hätte besser getroffen. Ihr seid auf dem Holzweg!“, wies nun auch Mamadou den Albaner zurecht.

    Die anwesenden Gäste wirkten auch weiterhin bedrückt und verfolgten zum Teil aufmerksam die angeregte, skurrile Diskussion, wobei sie zwischen den einzelnen Thesen hin und hergerissen waren. Sie alle wirkten müde und erschöpft, aber auch ängstlich und übermäßig nervös.

    „Das Diskutieren nützt nichts. Morgen werden wir noch einmal in Ruhe über alles reden. Lasst den Butler in Ruhe. Ich werde mich um ihn kümmern. Geht nun schlafen, nach einem solchen Tag hat das wirklich jeder von uns nötig!“, ergriff Thomas wieder das Wort und stieß den empörten Lykström zur Seite, um den zu Boden sinkenden Körper des Butler aufzufangen, den er stützend durch die offene Tür seines Zimmers bugsierte und auf sein Bett legte.

    Thomas wurde bei diesem Gedanken nun auch von Mamadou wieder unterstützt, der es tatsächlich schaffte, die anderen Gäste einigermaßen zu beschwichtigen und aufzufordern wieder in ihre Zimmer zurückzukehren. Selbst Gwang-jo und Fatmir gehorchten, nicht ohne vorher einen hasserfüllten, misstrauischen Blick auf das Bett und in das Zimmer des schottischen Polizisten geworfen zu haben. Sie hielten die Köpfe zusammen, flüsterten angeregt und der Koreaner lachte grimmig. Thomas bekam wieder ein ungutes Gefühl. Er war sich sicher, dass er vor allem diese beiden Männer, aber wohl auch die Brasilianerin niemals auf seine Seite ziehen konnte und hatte den unguten, aber wohl unfehlbaren Instinkt, dass sie weiterhin auf ihrer Meinung beharren und sich dem Butler gegenüber feindlich verhalten würden. Thomas betete, dass die Situation nicht noch weiter eskalieren möge. Doch selbst er war sich nicht sicher, ob göttlicher Beistand ihnen jetzt noch zu helfen vermochte.

    Langsam trat auch Mamadou in das Zimmer des schottischen Kollegen, warf noch einen nachdenklichen Blick zurück in den Zimmerflur und machte mit einem desolaten Kopfschütteln die Tür bedeutungsschwanger hinter sich zu.

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  • Suite à mon trimestre intensif en cours, en découvertes et en émotions, j’ai fini ma troisième année universitaire avec un stage de consolidation des compétences en enseignement au secondaire de cinq semaines et demi. Après deux stages très enrichissants à l’école Charles-Gravel à Chicoutimi et à l’école secondaire Kénogami à Jonquière, j’ai pris la décision de passer mon troisième stage en un milieu et en une région différente. J’ai fait le choix de donner des cours d’histoire et d’éducation à la citoyenneté à six groupes de troisième secondaire à l’école Jean-du-Nord à Sept-Îles. Cet article est le premier d’une série de contributions qui suivront sur ce blogue dans les semaines à venir et qui parleront de ce que j’ai vécu durant cette période courte, mais très intense de ma vie.

    Entre le 25 mars et le 3 mai 2012, j’ai été en colocation avec une jeune enseignante de la Basse-Côte-Nord qui avait fait un baccalauréat en enseignement préscolaire et primaire et un jeune pilote d’avion de la ville de Québec dans la banlieue du chef-lieu de la région administrative de la Côte-Nord. J’ai pu découvrir les diverses facettes de cette belle ville en découvrant des endroits plus industriels tels que le Parc Ferland, mais aussi des régions plutôt touristiques telles que les plages Ferguson, Routhier, Lévesque et Monaghan. J’ai fait la découverte du vaste port de Sept-Îles dans le sud autant que du secteur du Lac Daigle dans le nord qui offrait un beau panorama sur la ville. Durant mon séjour, j’ai eu la chance de traduire le texte d’un guide touristique sur la ville de Sept-Îles de la langue française à la langue allemande ce qui m’a aidé à savoir davantage sur mon nouveau milieu de vie.

    Lors de mon arrivée dans la région avec un ami, j’ai également pu découvrir des petits villages pittoresques tels que Ragueneau et j’ai eu la chance de voir la belle ville de Baie-Comeau pendant deux jours. Ces deux villes principales de la région sont d’ailleurs assez complémentaires et ont chacune son charme particulier. Mon chemin de retour s’est fait en autobus et m’a permis de voir beaucoup d’autres beaux endroits de la région comme Godbout ou Baie-Trinité. Ce sont souvent des villages et petites villes très calmes se localisant proches du fleuve Saint-Laurent et de l’océan d’un côté et des grandes forêts et collines vers l’intérieur. L’économie locale est dominée par l’industrie minière, mais aussi encore par des activités traditionnelles telles que la pêche et la chasse ou encore les activités en lien avec les gigantesques barrages hydroélectriques dans la région.

    Arrêt à Ragueneau entre Chicoutimi et Sept-Îles

    Arrêt à Ragueneau entre Chicoutimi et Sept-Îles

     

    Au centre-ville de Baie-Comeau

    Une petite tempête hivernale au centre-ville de Baie-Comeau

     

    Arrivée à Sept-Îles

    Devant mon nouvel appartement de Sept-Îles

    D’un autre côté, je n’ai pas eu beaucoup de temps pour voyager lors de mon stage qui était très demandant, mais une des expériences les plus enrichissantes que j’ai vécue dans ma vie. La relation avec mon enseignant associé était vraiment excellente et la base de ce stage couronné de succès. Nous avons par exemple planifié des cours ensemble, discuté des besoins des différents groupes et de certains élèves éprouvant des difficultés particulières et organisé des examens et leurs corrections. Toutes ces tâches demandaient beaucoup de rencontres en dehors des heures de cours et même durant les fins de semaine, surtout au début lorsque j’apprenais les bases essentielles sur la gestion de classe de mon enseignant associé, sur les règles et conduites de l’école et sur les différents outils pédagogiques qui pouvaient être utilisés en classe. Il ne m’a pourtant pas seulement donné des conseils utiles pour la profession, mais j’ai appris beaucoup de choses qui me serviront dans ma vie de tous les jours aussi.

    Ensuite, il y avait également une conseillère de stage qui est venue m’évaluer à deux reprises directement à Sept-Îles et avec qui mon enseignant associé et moi étions en échange régulier. Elle était le deuxième pilier essentiel qui m’a permis de progresser vers une amélioration de mes compétences menant à une réussite de mon stage. Je lui ai envoyé une panoplie de rapports réflexifs, d’évaluations de mes douze compétences et de canevas pour la planification de mes cours au courant de vingt-cinq jours de ma prise en charge de l’enseignement. Des rencontres importantes au début et à la fin de mon stage se sont d’ailleurs également déroulées avec elle. Elle a réussi à me mettre au défi en m’inspirant à me dépasser et d’aller toujours plus loin avec des conseils très constructifs en lien avec chacune des douze compétences professionnelles proposées par le Ministère de l’Éducation, du Loisir et du Sport dans le Programme de formation de l’école québécoise.

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  • Bonjour chers lecteurs et chères lectrices de mon blogue,

     

    aujourd'hui, j'aimerais partager avec vous un beau petit souvenir de mon troisième stage en enseignement secondaire en univers social qui s'est déroulé entre le 26 mars et le 1er mai 2012. Durant cette période et en dehors des cours que je donnais en histoire et éducation à la citoyenneté en troisième secondaire, j'ai eu la chance de préparer et réaliser des cours d'allemand avec l'enseignante des sciences naturelles Brigitte Roy pour une bonne quinzaine d'élèves de deuxième et troisième secondaire surtout. Ceux-ci suivaient des cours d'allemand régulièrement depuis le début de l'année scolaire sur l'heure du midi.

    Maintenant, un article et une photo de cette belle expérience enrichissante ont été publiés dans le journal "Le Nord-Est" de Sept-Îles; les voici:

     

     

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    Kapitel 47: Freitag, 0 Uhr 03, Geheimzimmer

     

     

     

    Triumphierend hielt sie den Ordner in die Höhe, legte ihn wuchtig auf einen wackligen Holzstuhl und wies anklagend auf den angeschlagenen Butler.

     

    „Er steckt hinter allem! Er ist der Mörder!“, rief sie gehässig und trat energisch auf den Verletzten zu, um ihm einen fiesen Tritt in die Magengrube zu verpassen.

     

    Erst jetzt griff Thomas ein und löste sich aus seiner Starre. Er sprang zwischen die beiden und zerrte die energiegeladene Brasilianerin von dem hilflosen Butler weg. Diese wand sich in seinem Griff, doch Thomas war stärker und drückte sie kraftvoll gegen das lädierte Mischpult und nahm sie in einen unbarmherzigen Polizeigriff. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er auch sehen, dass sich der Direktor mühsam aufgerichtet hatte und das Szenario grimmig betrachtete. Er bebte vor Wut, doch schien nicht recht zu wissen, gegen wen er diese richten sollte. Sein Blick pendelte von einer Person zur anderen.

     

    „Lass mich los, du Verrückter!“, herrschte Elaine den Schotten an und biss Thomas instinktiv in den Unterarm, was dieser mit einer schnell angesetzten Ohrfeige konterte.

     

    „Ich lasse dich los, wenn du ruhig bleibst. Wir müssen unsere Ruhe bewahren.“, herrschte er sie an und hoffte auf ein Einsehen der eigentümlichen Brasilianerin.

     

    Diese schnaubte verächtlich, nickte jedoch und Thomas riskierte es sie loszulassen. Elaine wirbelte herum und funkelte ihr Gegenüber aus ihren dunklen Augen böse an. Dann rieb sie sich mit ihrer grazilen Hand über ihre Wange und ihr Ohr.

     

    Thomas blickte mit einem unwohlen Gefühl auf die geröteten Bisspuren an seinem Unterarm. Zum Glück hatte sich die Brasilianerin nicht allzu heftig mit dieser Methode zur Wehr gesetzt.

     

    „Erzählen Sie mir sofort, was das zu bedeuten hat!“, fuhr nun der Direktor dazwischen und drängte sich energisch an Thomas vorbei.

     

    Elaine ließ sich auf dem Holzstuhl nehmen und schlug den Ordner auf, den sie gefunden hatte. Thomas und Doktor Wohlfahrt versammelten sich aufmerksam im Halbkreis um sie herum. Elaine wirkte grimmig und triumphierend, als sie mit ihren Erläuterungen einsetzte.

     

    „Diese Dokumente habe ich im persönlichen Privatzimmer von Magdalena Osario gefunden. Sie war nicht dort, weil sie es vorgezogen hat die Nacht nicht alleine, sondern bei Björn Ansgar Lykström zu verbringen. Es war eine fixe Idee von mir ihr Zimmer zu durchsuchen, aber mein Instinkt hat mich nicht getrogen und es war ein voller Erfolg.“, führte sie aus und blickte mit Genugtuung in die angespannten Gesichter ihrer nervösen Zuhörer.

     

    „Sie sollten es tunlichst sein lassen in meinem Schloss herumzuschnüffeln!“, knurrte der Direktor, doch er klang gar nicht wirklich böse, sondern wartete viel mehr wissbegierig auf das Resultat, das ihm die Brasilianerin präsentieren würde. Seine Augen leuchteten gierig und er reib sich verschmitzt die verschwitzten Hände. Er schien es kaum erwarten zu können etwas zu hören, was seine Ehefrau belasten könnte. Doch Elaine war nicht darauf aus Frau Osario zu beschuldigen, sondern den Butler, den sie mit stechendem Blick fixierte.

     

    „Der Butler hat eine falsche Identität. Er ist nicht der, für den er sich ausgibt.“, deckte die Brasilianerin auf und der Direktor erstarrte und wandte sich gleichzeitig zu seinem Bediensteten um.

     

    Der Butler hob abwehrend die Hände und rappelte sich mühsam wieder auf. Er war völlig fertig, zitterte am ganzen Leib und atmete geräuschvoll ein. Er wollte dem strengen Schlossherrn etwas sagen, doch seine Stimme versagte ihm und so schüttelte er nur ächzend den Kopf.

     

    „Er heißt nicht etwa Francis McGregor, sondern in Wirklichkeit Travis McMonroe. Er war in einen Bandenkrieg verwickelt, ist ein gesuchter Drogendealer und Kleinkrimineller und soll zudem mehrere Menschen kaltblütig liquidiert haben. Seine Papiere sind allesamt professionell gefälscht, wie ich diesen Dokumenten entnehmen kann. Magdalena Osario hatte wohl die Wahrheit herausgefunden und anschließend sogar einige Dokumente indirekt von den staatlichen Behörden anfordern lassen.“, verkündete die Brasilianerin triumphierend.

     

    Doktor Wohlfahrt wandte sich kopfschüttelnd um, sein Gesicht war gerötet, er ballte seine Hände zu Fäusten, öffnete sie und schloss sie wieder. Seine Knöchel traten weis hervor. Seine Verletzungen schien er bereits überwunden zu haben.

     

    Sein Gegenüber wich erschrocken zurück und schüttelte energisch den Kopf.

     

    „Ich habe niemanden umgebracht. Mir wurde das von alten Feinden angelastet. Ich gebe zu, dass ich damals mit Drogen gehandelt habe und in das Rauschgiftmilieu verstrickt war, aber ich habe keiner Menschenseele etwas angetan.“, verteidigte sich der schreckensbleiche Butler, der bis zur Wand zurückgewichen war.

     

    „Du hast mich die ganze Zeit betrogen. Du hast mich ausgenutzt und mein Haus wissentlich in Verruf gebracht. Du hast hier feige einen Unterschlupf gesucht und über alle Freiheiten und viel Geld verfügt. Zur Dankbarkeit verwickelst du mich in kriminelle Machenschaften. Womöglich steckst du auch hinter diesen Morden und hast mich niedergeschlagen!“, herrschte Doktor Wohlfahrt seinen Bediensteten an und schob sich ganz dicht an diesen heran. Die beiden trennte keine Nasenspitze mehr und der Butler drehte sich ängstlich zur Seite und warf den Kopf in den Nacken.

     

    Thomas dachte an das Geständnis, das der Butler bei ihm abgelegt hatte und vertraute auf seinen gesunden Menscheninstinkt. Er war davon überzeugt, dass der Butler nichts mit den Morden zu tun hatte und auch nur zufällig in dieses Geheimzimmer gestoßen war, weil er vielleicht Geräusche vernommen hatte. Die Art und Weise wie es zu dem Schuss auf den Albaner gekommen war, hatte deutlich gezeigt, dass der Butler alles andere als kaltblütig gewesen war und mehr aus Angst und Ungeschick abgefeuert hatte. Daher versuchte der schottische Polizist nun Partei für ihn zu ergreifen.

     

    „Herr Wohlfahrt, bitte besinnen Sie sich. Schauen Sie sich dieses Nervenbündel an. Er mag ein Drogendealer gewesen sein, aber glauben Sie, dass so jemand drei kaltblütige Morde übers Herz bringen könnte?“, fragte Thomas ihn mit ruhiger Stimme.

     

    Der Direktor wandte sich nicht einmal zu ihm um, sondern schüttelte nur verbissen den Kopf und antwortete mit lauter und cholerischer Stimme.

     

    „Der Mann hat mir vier Jahre lang eine Komödie vorgespielt. Wer sagt mir, dass er nicht auch jetzt den unschuldigen, ängstlichen Versager spielt. Ich kann ihm nicht mehr trauen, niemandem kann ich hier trauen. Meine Frau hat wissentlich einen Verbrecher hier hausen lassen und uns alle in Gefahr gebracht. Die Akte zeigt doch, dass er Menschen liquidiert hat und vor nichts zurückschreckt!“

     

    „Das war alles ganz anders. Das war ein schiefgelaufener Deal, bei dem meine Begleiter von der gegnerischen Bande brutal in die Falle gelockt und kaltblütig ermordet worden sind. Man wollte mir nur die Schuld in die Schuhe schieben.“, versuchte sich der Butler stammelnd zu verteidigen.

     

    „Herr Wohlfahrt, er war vier Jahre lang mit Ihnen in diesem Schloss und hätte Sie jederzeit überfallen oder umbringen können. Er steckt sicherlich nicht hinter diesem Überfall.“, beschwichtigte der schottische Polizist weiter.

     

    „Das mag sein. Vielleicht hat aber jemand seine Tarnung auffliegen lassen und ihn entdeckt und er möchte nun alle potentiellen Mitwisser umbringen.“, gab der Direktor zitternd vor Wut zurück und verpasste dem Butler ansatzlos eine schallende Ohrfeige.

     

    „Das ist doch Unsinn. Ihre Frau hat meine Tarnung doch schon längst aufgedeckt, dann hätte ich ja nur sie umbringen müssen.“, gab der Butler schluchzend zurück und sank zitternd in sich zusammen.

     

    „Glauben Sie ihm kein Wort!“ schrie Elaine Maria da Silva außer sich vor Wut.

     

    „Behalten Sie einen kühlen Kopf.“, warf Thomas hektisch ein.

     

    Der Schlossherr wandte sich abrupt um und kratzte sich nachdenklich am Kopf. Unruhig ging er hin und her durch den Raum und stieg mit einem missbilligenden Schnauben über den verletzten Albaner hinweg. Für den schluchzenden und leidenden Butler hatte er keinen Blick mehr übrig. Schließlich hielt er inne und lachte böse.

     

    „In einem haben Sie recht, Herr Smith. Er hasst mich nicht genug, um mir all dies anzutun, er hat dazu nicht die Nerven. Meine Frau hat mir all diese Informationen nicht umsonst vorgehalten. Sie und dieser Lykström stecken dahinter! Mein Butler war nur ein Werkzeug in ihrem perfiden Plan“, behauptete er voller Überzeugung und reckte den Zeigefinger mahnend in die Luft. Thomas musste sich innerlich eingestehen, dass der Direktor mit dieser These gar nicht einmal so weit daneben lag, allerdings völlig in die falsche Richtung dachte. Seine Frau und Lykström wollten sich absetzen und ein neues Leben beginnen, aber gewiss keine Mordserie initiieren.

     

    „Herr Wohlfahrt, Sie sind verzweifelt. Das sind doch anhaltslose Beschuldigungen.“, versuchte Thomas ihn daher zu Recht zu weisen, doch der Direktor unterbrach ihn mit einer barschen Handbewegung.

     

    „Ihr könnt mir nichts mehr einreden. Ich weiß genau Bescheid. Nur meine Frau konnte überhaupt von diesem Geheimgang wissen.“, mutmaßte er und bückte sich plötzlich, um das Gewehr aufzunehmen, das sein Butler hatte fallen lassen. Drohend hielt er die Mündung der Waffe auf Thomas gerichtet, dem plötzlich wieder der Schweiß ausbrach. Glücklicherweise ließ der Schlossherr die Waffe wieder mit einem diabolischen Lächeln sinken.

     

    „Das ist die einzige funktionstüchtige Waffe in diesem Haus. Meine Sicherheitsvorkehrung sind zerstört, meine installierten Kameras nutzlos, aber waffenlos bin ich nicht. Ihr kriegt mich nicht!“, schrie er und stürmte energisch an den Anwesenden vorbei und aus dem kreisrunden Raum hinaus.

     

    Die zurückgebliebenen Personen starrten sich gegenseitig mit unterschiedlichen Emotionen an. Der Butler wirkte erschöpft, die Tränen rannen über seine Wangen und er ließ ängstlich seinen Blick schweifen. Fatmir Skola hatte sich vom ersten Schock erholt, beobachtete feindselig den Butler und begutachtete die Schusswunde in seinem Oberschenkel. Elaine Maria da Silva blickte den Butler stechend und vorwurfsvoll an. Thomas hatte seinen Kopf gesenkt und schüttelte nachdenklich den Kopf.

     

    Per Zufall entdeckte er in dem Vorratsregal einen alten Verbandskasten und öffnete diesen. Er fand darin glücklicherweise das nötige Werkzeug, um die Wunde des Albaners einigermaßen verarzten zu können. Der Direktor schien in diesem Unterschlupf an alles gedacht zu haben. Sogar Taschenlampen und eine provisorische aufbaufähige Toilette, die ihren Namen kaum verdiente, entdeckte der Schotte.

     

    Elaine Maria da Silva blickte den Butler weiterhin gehässig an und dieser hielt ihrem Blick nicht stand. Mit einem verächtlichen Schnauben machte die Brasilianerin kehrt und verließ den unterirdischen Raum, während Thomas sich um den Verletzten kümmerte, der mit einem Mal wieder komplett nüchtern geworden war und voller Wut steckte.

     

    „Butler, ich schwöre dir, dass ich mich dafür revanchieren werde. Du wirst vor mir noch erzittern!“, rief er ihm drohend zu.

     

    Der Butler wog seinen Körper apathisch hin und her und wirkte verlorener denn je.

     

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