• Aljenikow 1: Der Hafen des namenlosen Grauens (Roman aus den Jahren 2008/2009) (Teil 5/7)

    Eva Maelle Lavoie erwachte gekrümmt liegend aus einer dumpfen, schwarzen Dunkelheit, die sich kaum von der Dunkelheit der Realität unterschied. Lediglich die eiserne Kälte und das wirre Zucken einer alten Glühbirne machten ihr allmählich klar, dass das diesseitige Leben sie wieder hatte. Erst langsam und mit großem Schrecken fielen ihr die hektischen Ereignisse vor der Bewusstlosigkeit ein.

    Sie sah alles bruchstückhaft vor sich. Da war der Aufprall, ein wildes Scheppern, das Übelkeitsgefühl, die Fliehkraft, der Zusammenprall mit der Windschutzscheibe, ein fluchender Entführer, der den alten Wagen wie einen wilden Stier bändigen wollte, die dumpfe Explosion aus der Ferne und dann die tiefe, lichtlose Schwärze.

    Wie lange war die Französin ohne Bewusstsein geblieben? Einige Augenblicke? Ein paar Minuten? Eine halbe Stunde? Eine ganze Stunde? Zwei, drei, vier, fünf Stunden? Einen halben Tag?

    Die Ungewissheit peinigte die Schauspielstudentin noch mehr als der dumpf pochende Schmerz in ihrem Kopf. Zitternd betastete sie ihre Wunde. Sie war grob bandagiert worden und sehr dick. Sie spürte verkrustetes, süßlich riechendes Blut. Jemand musste sie notdürftig verarztet haben.

    Da öffnete sich plötzlich knarrend eine schwere Eisentür und der grelle Schein einer Taschenlampe blendete die verwirrte Französin. Ächzend schob sie sich die Hände abwehrend vor die Augen und starrte angestrengt auf die verschwommene, robuste, dunkle Gestalt hinter dem Lichtpegel, welche die Tür hinter sich zustieß und heiser lachend gemächlich näher trat.

    „So, endlich bist du erwacht, mein Püppchen. Ich hatte mir schon ernsthafte Sorgen um dich gemacht. Eine unschuldige Frau muss nun wirklich nicht sterben, vor allem nicht eine so junge und schöne wie du!“, hauchte der Ankömmling ihr zu.

    Der Mann bückte sich und griff erniedrigend nach dem Kinn der Französin, das er in Richtung seines Gesichtes drehte.

    Eva erkannte das verschwitze und vernarbte Gesicht Gluschenkos, das im flackernden Widerschein der Taschenlampe und der schwachen Glühbirne mysteriös und unheimlich wirkte. Der Russe kicherte irre und weidete sich an den panischen Blicken seiner Gefangenen, bevor er sich langsam, wie ein schwerfälliges Monstrum, wieder aufrichtete und mit einer quälenden Ruhe provokant zu der Französin sprach.

    „Es war eine Heidenarbeit dich hierhin zu verfrachten. Nach dem Unfall konnte ich den Wagen gerade noch ein paar Straßen weiter fahren und ihn dort in einem alten Hinterhof notdürftig verstecken und stehen lassen. Ich hatte lange überlegt, was ich mit dir machen sollte. Ich hatte tatsächlich mit dem Gedanken gespielt dich frei zu lassen, dich einfach irgendwo liegen zu lassen. Dann habe ich aber doch einen alten Wagen vom Schrottplatz gestohlen, dich in den Kofferraum verfrachtet und unerkannt bis hierhin in die Abgeschiedenheit gebracht, denn ich habe schnell realisiert, dass du meine wichtigste Trumpfkarte werden könntest. Dieser Journalist, der mich verfolgt hat, der ist wohl mit deinem Mitbewohner und neuen Liebhaber recht gut befreundet. Wenn die beiden hinter mir her sind und danach sieht es doch derzeit stark aus, dann werden sie es nicht wagen meine Pläne zu durchkreuzen, bis sie wissen, wo du steckst und wie es dir geht. Dasselbe gilt natürlich für die Polizei, die dein Leben wohl ebenfalls nicht riskieren möchte. Die Sache ist ganz einfach. Eine letzten große Etappe steht mir heute Abend noch bevor und wenn dort alles planmäßig verläuft, werde ich mich absetzen und dich irgendwo zurücklassen. Falls ich aber das Gefühl habe, dass man mir eine Falle stellen möchte oder mich bedroht, dann wird es dir schlecht ergehen. Siehst du den klapprigen Holzstuhl dort hinten? Darauf wollte ich dich gerade fesseln und werde mich auch jetzt nicht aufhalten lassen. Unter der Sitzfläche klebt eine ferngesteuerte Bombe und ich könnte sie jederzeit zünden. Dann würde dir im besten Fall noch eine Viertelstunde bleiben und dann ist alles vorbei.“, erklärte Gluschenko mit krächzender Stimme und lachte sadistisch, während die Französin starr vor Angst auf den angesprochenen Stuhl starrte, der mitten im Raum und unter der flackernden Funzel stand. Tatsächlich sah die zitternde Französin, der jetzt Tränen der Angst und der Pein in die Augen schossen, einen dunklen Apparat unter der Sitzfläche, aus dem einige bunte Kabel herausragten und es gab sogar eine Anzeigetafel zu sehen, auf der einige Zahlen standen. Keinen Augenblick zweifelte Eva an dem Wahrheitsgehalt der grausigen Drohung ihres Entführers.

    Dieser lachte nur böse, als er die Angst seines Opfers bemerkte, beugte sich zu ihr hinunter, grinste sie aus seinem stinkenden Mund an und beförderte ein braunes und kräftiges Seil aus seiner Jackentasche, das er diabolisch grinsend vor den Augen seines Opfers von einer Seite zur anderen pendeln ließ.

    Die Französin schloss die Augen, schüttelte benommen wimmernd den Kopf, doch da packte der Entführer erneut grob ihr Kinn, strich ihr mit der anderen rußig verschwitzten Hand über die Stirn und durch die Haare und näherte seinen stinkenden Mund langsam dem Gesicht der Französin, die sich mit verzerrten Zügen aus der Umklammerung winden wollte, aber einfach zu schwach war. Schwindel stieg wieder in ihr auf.

    Da konnte die Französin nicht länger an sich halten, richtete in einem letzten Kraftakt ihren Kopf auf und spuckte ihrem Gegner wütend ins Gesicht.

    Gluschenko erstarrte, wischte sich dann provozierend langsam den Speichel der Französin von seinem Kinn und seinen Wangen, bevor sich sein Gesicht rot verfärbte und sein rechter Arm brutal vorschoss. Wie eine eiserne Klammer legte sich seine knochige Hand plötzlich um die Kehle der Französin, die sich röchelnd hin und her bewegte, was den Druck und die Wut ihres Gegners aber nur noch verstärkte.

    „Du mieses französisches Flittchen! Du meinst wohl, du könntest mich hier fertig machen! Aber wir sind ganz allein hier. Du hast keine Wahl, du musst mir gehorchen. Ich könnte alles mit dir machen, was ich will!“, schrie Gluschenko cholerisch und Speichel sprühte dabei über seine bebenden Lippen.

    Dann verpasste der rasende Russe der Französin mit seiner freien Hand eine schallende Ohrfeige und Eva kippte kraftlos zur Seite. Hart schlug sie mit ihrem Kopf auf dem kalten, rissigen Boden auf, der irgendwie seltsam steril oder chemisch stank.

    Der Aufprall wirbelte ihre Sinne grob durcheinander und gerade als Gluschenko ihr einen groben Tritt in den Magen verpasste und ihr ganzes Körper sich zusammenkrümmte, da wurde die Französin von ihrem Leiden durch die Ohnmacht erlöst, noch bevor sich ein Schrei von ihren Lippen lösen konnte.

     

    Mit großer Hast und seiner Dienstwaffe im Anschlag stürzte Igor Semjonowitsch Matafeev in die Eingangshalle des Hauses der aufgeregten Ekatarina Alexandrowna Kolodina, die vor wenigen Augenblicken die Polizei verständigt hatte. Matafeev hatte diesen Einsatz persönlich übernehmen wollen, da er sofort einen möglichen Zusammenhang mit der grausigen Mordserie in der näheren Umgebung herstellte und war in zehn endlos langen Minuten mit Blaulicht durch den dichten Abendverkehr der Stadt gerast.

    Jetzt stürzte er hochkonzentriert in die Eingangshalle und bemerkte sofort das heillose Chaos von herumliegenden Waffen, zertrümmertem Glas und Einschusslöchern in den Wänden. Nahe der Treppe erblickte der Oberkommissar dann die aufgeregte Vermieterin, die sich um eine bewusstlose Person gebeugt hatte, die Matafeev sofort als den Journalisten identifiziert hatte, der am frühen Morgen erst neu in das Gebäude eingezogen war. Ein wenig weiter links befand sich dessen Begleiter, der sichtlich nervös herumgefahren war und mit einer kleinkalibrigen Pistole einen bulligen, blutenden Mann in Schach gehalten hatte, der sich allerdings nicht rührte.

    Malafeev ließ seine Waffe ein wenig erleichtert sinken und winkte seine Kollegen mit einer raschen Handbewegung ebenfalls in die gespenstisch düster wirkende Eingangshalle. Der Oberkommissar blickte kurz auf die nervös schluchzende Vermieterin, bevor er sich aber zuerst dem anderen Brennpunkt näherte, an dem stotternden Sergej vorbeitrat und sich dann zu dem regungslosen Mafioso hinunterbeugte. Behutsam nahm er den Mann in Augenschein, tastete dann nach dessen Puls, bevor sich sein Gesicht plötzlich kurz verzerrte und er aschfahl wurde. Hektisch tastete er nach der Halsschlagader des regungslosen Mannes, drückte sein Ohr an den Mund des erbarmungslosen Killers und verharrte einige Augenblicke in dieser Position. Nach endlos langen Sekunden des unheilvollen Schweigens richtete sich der Oberkommissar schwer seufzend auf und wandte sich seinen Kollegen zu, die abwartend zurückgeblieben waren und auf weitere Instruktionen gewartet hatten.

    „Rufen Sie einen Krankenwagen hierhin. Am besten sogar gleich zwei!“, forderte Matafeev seine Leute auf.

    „Ist er tot? Sagen Sie doch endlich etwas, Herr Oberkommissar, was ist mit diesem Mann?“, fragte Sergej, der zitternd zu Matafeev getreten war und dabei immer noch die erbeutete Waffe in der Hand hielt, mit der er Lukianenko seit dessen Bewusstlosigkeit und Vitalis Zusammenbruch bewacht hatte. Dabei war der junge Journalist sich sicher gewesen, dass er im Falle eines Falles niemals auf den verletzten und hilflosen Mann hätte schießen können und war nun heilfroh, dass die Polizei endlich erschienen war und ihn von seiner Last befreite.

    Kommentarlos griff Matafeev nach dem zitternden Waffenarm des Journalisten, ergriff selbst die kleinkalibrige Pistole und übergab sie einem Kollegen, der die Waffe sofort in eine Plastikfolie verpackte. Verlegen und nervös starrte Sergej zu Boden.

    „Nein, Josef Iljitsch Lukianenko ist noch am Leben. So einen harten Typen wie ihn wirft so schnell nichts aus der Bahn. Aber einen normalen Typen hätte das Ganze möglicherweise schon umgebracht. Nach ein paar Tagen im Krankenhaus wird er wieder in Ordnung sein, schätze ich.“, antwortete Matafeev endlich und trat dann gemächlich auf den nächsten Bewusstlosen zu, der gerade in diesem Moment stöhnend die Augen aufschlug und von der besorgten Vermieterin versorgt wurde.

    „Sie kennen diesen Kriminellen?“, fragte Sergej ein wenig erstaunt.

    „Ja, er hat in der Petersburger Polizei schon eine Art Legendenstatus, wenn man das so sagen kann. Terrorismus, schwere Körperverletzung, Erpressung, Drogenhandel, das volle Programm. Aber leider können wir ihm nichts mehr anhaben, seitdem er für die stählerne Maske arbeitet. Es mangelt uns an Beweisen, die Anwälte sind auch unglaublich gerissen und selbst in den eigenen Reihen gibt es schwarze Schafe, die Beweise verschwinden lassen, falsche Zeugen kaufen oder die Ermittlungen blockieren. Nun haben wir ihn endlich einmal auf frischer Tat erwischt. Aber wie kam er überhaupt hierhin?“, wollte Matafeev endlich wissen und wandte sich wieder zu Sergej um, der sich inzwischen besorgt über Vitali gebeugt hatte, dessen Gesicht von Schmerzen gezeichnet war, während die Vermieterin übereifrig durch die Eingangshalle huschte, ständig Selbstgespräche führte und versuchte kalte Tücher zu besorgen, um den benommenen Vitali ein wenig zu kühlen und zu beruhigen.

    Der Journalist, der am Vormittag erst in dieses Haus eingezogen war und an diesem wundersamen Tag in dem Gebäude mehr erlebt hatte, als wohl viele andere Mieter in mehreren Jahren, hatte die letzten Bruchstücke der Unterhaltung mitbekommen und blinzelte Matafeev müde und mit einem schwachen Lächeln an.

    „Das ist eine lange Geschichte, Herr Oberkommissar.“, kam es schwach über seine Lippen und er war auch gespannt zu hören, was Sergej erlebt hatte und wie er überhaupt zu ihm gestoßen war, denn seit ihrem überhasteten Zusammentreffen in der Eingangshalle hatten sie kein einziges Wort miteinander wechseln können.

    Jetzt endlich sah Vitali allmählich klarer und lauschte gebannt den Erzählungen seines Kollegen. Viele Dinge erschlossen sich nun völlig neu für ihn und als er aus den neuen Informationen seine Schlüsse zog, war er sofort wieder hellwach und die Sorgen und Schmerzen der letzten Minuten waren vergessen.

     

    Eva Maelle Lavoie fühlte sich kalt und nackt, als sie wieder zu sich kam. Um sie herum war alles dunkel und sie zweifelte einen Moment lang sogar daran, dass sie wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht war. Doch dann spürte sie die rauen Fesseln, die in ihr Fleisch schnitten, umso mehr. Die Hände hatte man ihr grob hinter dem Rücken zusammengebunden, während ihre Beine an Stuhlbeine gefesselt worden waren. Eine schwere und kalte Augenbinde schränkte ihr jegliches Blickfeld ein. Ein trockener Stoff war als Knebel in ihren weit geöffneten Mund gedrückt worden, sodass sie nur stoßartig durch die Nase atmen konnte und in Panik geriet. Das Oberteil der Französin war ziemlich zerrissen worden, sie spürte kalte Luftzüge auf ihrer nackten Haut, die mit kaltem Schweiß bedeckt war.

    Plötzlich kam ihr ein ungeheuerlicher Gedanke! Hatte der Entführer ihre missliche Lage ausgenutzt und sich an ihr vergriffen? Hatte er sie vergewaltigt, als sie ohne Bewusstsein war, ohne dass sie es gemerkt hätte?

    Eva schluchzte verzweifelt, sog tief die klinische, unangenehm kalte Luft hart durch ihre eiskalte Nase ein und ließ sich kraftlos nach vorne hängen. Rasch beruhigte sie ihre panische Angst, indem sie sich sagte, dass sie es sofort gespürt hätte, wenn der grässliche Kidnapper und Mörder ihr etwas angetan hätte. Sie fühlte sich zwar erniedrigt und gedemütigt, aber ihre Jeans war ganz und ihr Intimbereich schien unberührt geblieben zu sein.

    Die Französin konnte nichts sehen und nicht einmal zu sich selbst sprechen. Sie fühlte sich in der allumfassenden Schwärze bedroht und bekam eine frostige Gänsehaut. Selbst die schwache Glühbirne war nicht eingeschaltet, denn sie hätte ihren schwachen Schimmer auch irgendwie durch ihre Augenbinde sehen müssen.

    Plötzlich hörte die Französin ein Rascheln, dann ein leises, schneller werdendes Trippeln und ein widerliches, leises Quieken.

    Der schönen jungen Französin stellten sich die Nackenhaare hoch. Sie konnte das seltsame Geräusch nicht sofort orten, aber dafür identifizieren. Entsetzt schrie sie auf, als sie erkannte, dass sie ihren Raum mit Ratten teilte. Der Knebel schwächte ihr panisches Geschrei noch ab und plötzlich hatte die sonst so souveräne und direkte Schauspielerin ungeheure Platzangst und schnappte gierig nach Luft, die sie nicht einatmen konnte und dadurch noch mehr irritiert wurde. Hektisch rüttelte sie an ihrem Holzstuhl, der unheimlich knarrte und unter ihren Bewegungen ächzte. Dabei schnitten die Fesseln ihr noch tiefer in das Fleisch. Ein warmer, dünner Strom kroch ihren Fuß herunter bis tief auf ihre Zehenspitzen. Die Französin wusste, dass es ihr eigenes Blut war.

    Da spürte sie plötzlich etwas Pelziges an diesem Fuß, zuckte kreischend zurück und wand sich wie eine Furie auf ihrem Stuhl. Sie warf sich mit panischer Kraft nach hinten, bekam plötzlich ein Übergewicht, versuchte sich zusammenzukrümmen und schlug doch hart mit der Rückenlehne des Stuhles zuerst auf dem kalten Boden auf. Jetzt war sie plötzlich auf gleicher Höhe mit den grässlichen Nagern!

    Panisch zuckte die Französin von einer Seite zur anderen, in der Hoffnung, dass ihre Fesseln lockerer werden würden oder irgendwann einfach ganz nachgaben, doch dieser Wunsch blieb eine Illusion. Sie war erbarmungslos eingeschnürt worden und hatte juckende Schmerzen an ihren groben Fesseln. Auch ihren Knebel konnte sie mit ihrer pelzig gewordenen Zunge nicht entfernen und schnappte verzweifelt nach Luft.

    Da hörte sie auf einmal ein mechanisches Piepsen und erstarrte. Das Geräusch war direkt unter ihrem Stuhl aufgeklungen und klang erschreckend nah. Da wurde der Französin plötzlich ganz anders. Sie bekam eine eisige Gänsehaut, ihr Herz pochte wild gegen ihre brennenden Rippen und der eiskalte Schweiß brach auf ihrer zerfurchten Stirn aus, denn sie erinnerte sich an die emotionslosen Worte ihres Peinigers: Unter ihrem Stuhl klebte eine ferngesteuerte Bombe!

     

    Vorsichtig und mit wachen Augen folgte Vitali dem Oberkommissar Matafeev in die düstere Wohnung von Gluschenko, nachdem ein weiterer Polizist sich den Generalschlüssel für die Zimmer bei der aufgeregten Ekatarina Alexandrowna Kolodina geholt hatte, die noch nervös im Flur stand und mehr mit sich selbst, als mit den anderen Anwesenden redete. Ein bemitleidenswerter Polizist hörte sich ihren Sermon an und nickte einige Male verständnisvoll.

    „Es ist ja so furchtbar, dass das ausgerechnet in meinen Haus geschehen musste! Seit meiner frühesten Kindheit lebe ich hier und sogar meine Eltern haben hier schon gewohnt. Seit über fünfzig Jahren ist dieses Haus im Besitz der Familie Kolodina, obwohl man ja sagen muss, dass die Gebäude hier in der Region früher offiziell verstaatlicht waren und meine Eltern sozusagen nicht in die eigenen Taschen investieren durften. Heute ist das ja zum Glück anders. Natürlich gab es schon seltsame Mieter bei uns in all der Zeit. Der Parteigenosse Grabowski, der immer diese dubiosen Gäste bei sich versammelt hatte, um mit denen politische Angelegenheiten zu besprechen, streng vertrauliche und geheime Dinge! Oder der alte Pawornjak, der ständig nachts betrunken nach Hause kam und die halbe Nachbarschaft aufgeweckt haben musste. Oder auch dieser Geschäftsmann namens Schischkin, der ständig mit leicht bekleideten Frauen nach Hause kam, die ständig wechselten bei ihm. Aber in all dieser Zeit hat es noch nie einen solchen Skandal gegeben. Eine Schießerei in meiner Eingangshalle! Eine Geiselnahme in meinem Haus! Mein Gott, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt, dann werde ich ruiniert sein! Jeder wird spöttisch auf mich zeigen, jeder wird über mich lästern und tuscheln und sagen, dass die alte Frau Kolodina nichts im Griff hat und dass sie ihre Zimmer an brutale Mörder und Entführer vermittelt. Niemand wird mehr in dieses Haus einziehen wollen. Ich werde verarmt sterben und niemand wird Mitleid mit mir haben. Mein Gott, dieser Gluschenko ist ja so ein schrecklicher Mensch. Er war schon immer etwas sonderbar, er hatte so eine kalte, arrogante Ader, aber ich dachte mir, dass er ein Eigenbrötler sei, nur ein etwas seltsamer Kauz, als er vor zwei Jahren hier einzog. Seine Miete hat er immer pünktlich bezahlt, er war sehr akkurat und selten in seiner Wohnung, ein vielbeschäftigter Mann. Mein Gott, wenn ich nur daran denke, was er in all dieser Zeit für Gräueltaten begangen haben könnte, da bekomme ich eine Gänsehaut. Er hat nie den Kontakt mit den anderen Mietern gepflegt, auch das alljährliche Frühstück aller Mieter in meiner Wohnung hat er stets ausgeschlagen. Meine Güte, da hätte ich stutzig werden müssen, ihn besser in Augenschein nehmen sollen, aber jetzt ist es zu spät. Hoffentlich wird dieser Unmensch gefasst. Hoffentlich wird er handlungsunfähig gemacht, bevor alles noch schlimmer wird, das wäre mein sehnlichster Wunsch. Der arme Vitali, gerade heute ist er erst bei mir eingezogen und dann muss er so etwas Schlimmes erleiden, das tut mir so furchtbar Leid. Ich werde ihm anbieten hier ein Jahr lang leben zu dürfen, ohne Miete zu zahlen. Der Ärmste, er ist ja völlig von der Rolle, aber das ist ihm nicht zu verübeln. Tapfer geschlagen hat er sich, er hat diesen Kriminellen fertig gemacht, mein Gott, dieser Mensch hätte uns sonst noch alle umgebracht. Vitali ist ein Held für mich, ja, wahrhaftig, er hat eine große Tat vollbracht!“, rief die alte Kolodina erregt und machte endlich einmal eine Pause.

    Der als Held titulierte Vitali war nach der Ankunft der Krankenwagen, die Lukianenko abtransportiert hatten und ihn eigentlich gleich provisorisch mitnehmen wollten, gründlich untersucht worden. Vitali hatte sich an Matafeev gewandt, ihn angefleht, dass er nicht ins Krankenhaus wolle, sondern dabei sein möchte, wenn die Wohnung von Gluschenko untersucht werden würde. Er sprach davon, dass ihn die Sorge um die Französin und die Ereignisse der letzten Stunden so aufgeregt hatten, dass jeder normale Mensch völlig fertig mit den Nerven sein müsste, aber genauso wenig jetzt einfach Ort und Stelle verlassen konnte, ohne sich moralische Vorwürfe zu machen. Matafeev hatte lange und energisch protestiert und war um die Gesundheit des Journalisten besorgt, zumal er befürchtete, dass Vitali eine Kurzschlussreaktion begehen könnte oder unabsichtlich für Chaos in Gluschenkos Wohnung sorgen würde. Vitali hatte ihm hoch und heilig versprochen, dass es ihm gut ginge du dass er nichts Unüberlegtes anstellen würde. Er hatte dem Oberkommissar so lange ins Gewissen geredet, bis dieser ernüchtert abgewunken hatte und Vitali ihm einfach zurück in die Wohnung gefolgt war. Die anwesenden Ärzte waren entsetzt, hielten Vitali aber nicht auf und hatten vor dessen grimmiger und herzhafter Entschlossenheit und seiner Kämpfernatur offenkundig viel Respekt gehabt. Schließlich hatten sie pikiert aufgegeben und waren mit dem bewusstlosen Lukianenko abgefahren

    Vitali blickte sich inzwischen in der Wohnung des Mannes um, der exakt ein Stockwerk unter ihm gelebt hatte. Die Wohnung wirkte ziemlich unaufgeräumt und schien gar nicht zu dem sonst so organisierten und akkuraten Mann zu passen. Vermutlich war er in letzter Zeit unglaublich nervös und unkoordiniert gewesen, denn auch bei der Entführung hatte er unglaublich hektisch und nicht gerade abgebrüht agiert.

    Vitali trat an der Seite von Matafeev in einen kleinen Raum, der wohl das Arbeitszimmer des Mannes darstellte. Früher war hier das Esszimmer oder ein Aufenthaltsraum gewesen, doch das hatte Gluschenko offensichtlich entfernt. Es befanden sich kaum Stühle in der Wohnung und auch nur das nötigste an Geschirr, wie Vitali mit einem Blick in die gähnend leere Küche feststellen musste. Offenbar hatte Gluschenko sehr selten Gäste empfangen und sehr zurückgezogen gelebt.

    Oberkommissar Matafeev griff langsam nach einem dunkelroten Umhang, der über den Schreibtischstuhl gelegt worden war und suchte ihn mit gerunzelter Stirn ab. Plötzlich hielt er inne und starrte auf ein seltsames Symbol. Vitali trat neugierig näher, um das Aufgenähte besser in Augenschein zu nehmen. Bei näherem Hinsehen erkannte Vitali einen dunklen Raben. Fragend blickte er den Oberkommissar an, der Sergej und ihm inzwischen indirekt erlaubt hatte, die Wohnung ebenfalls in Augenschein nehmen zu dürfen.

    „Kennen Sie das Symbol?“, fragte Matafeev mit düsterer Stimme.

    „Nein, es sagt mir nichts. Es sieht ganz so aus, als ob Gluschenko Mitglied in irgendeiner seltsamen Gruppierung oder Sekte gewesen ist.“, stellte Vitali zögernd fest und Matafeev nickte anerkennend.

    Da fiel der Blick des jungen Journalisten auf ein aufgeschlagenes Buch mit dickem, staubigen Einband, das auf dem Schreibtisch lag. Es war in alter, kyrillischer Schrift verfasst und nur schwer zu lesen, doch Vitali hatte in seiner journalistischen Ausbildung gelernt solche Schriftarten auch zu entziffern. Viel unheimlicher als die Schrift war jedoch das Bild eines gigantischen Wolfsmenschen auf der linken Seite des Textes. Das Wesen maß gut und gerne drei Meter, hatte kräftige, muskulöse Hinterläufe, klauenartige Arme mit Nägeln, die wie kleine Dolchklingen wirkten und ein Gesicht, das wie das eines entstellten Menschen wirkte, während aus den animalischen und doch intelligent wirkenden Augen eine unheimliche Gier und ein unglaublicher Hass sprach. Das Bild wirkte so erschreckend realistisch, dass Vitali benommen vom Schreibtisch zurücktrat. Sein neuer Talisman brannte plötzlich unangenehm auf seiner Haut, sodass es fast schon schmerzte.

    Auch Matafeev war näher getreten und blickte das Buch stirnrunzelnd an, bevor er es umwälzte und auf den edlen Einband blickte, auf dem neben dem Wolfsmensch auch Zeichnungen von Vampiren oder gnomartigen Wesen zu finden waren. Selbst der erfahrene Oberkommissar bekam eine eisige Gänsehaut und blickte Vitali klamm an.

    „Das Buch trägt den Titel „Magische Beschwörungsformeln zum Kontakt mit jenseitigen Wesen und Kreaturen“. Ein ziemlich altes und abergläubiges Werk. Die Namen der Autoren habe ich schon einmal bei meinem Studium gehört. Russische Alchemisten und Sektenmitglieder aus dem frühen siebzehnten Jahrhundert.“, erläuterte Vitali und erinnerte sich dunkel an einige Einzelheiten aus den Biographien der Autoren, deren Namen in zackiger Schrift in den Einband geritzt worden waren.

    „Das muss ein sehr wertvolles Werk sein.“, bemerkte Matafeev nach Minuten des atemlosen Schweigens mit tonloser Stimme.

    „Eigentlich sind alle Exemplare dieses Buches in der frühen Sowjetzeit von Lenin und Konsorten öffentlich verbrannt worden. Vielleicht ist dies sogar das letzte Exemplar seiner Art.“, bemerkte Vitali und spürte, wie der brennende Schmerz seines Talismans allmählich abflaute, je weiter er von dem Buch zurücktrat. Hatte das Schmuckstück des Mönches etwa tatsächlich eine übersinnliche Gefahr gespürt und warnte ihn nun? Vitali fröstelte und wollte diesen Gedanken so schnell wie möglich abschütteln, doch es gelang ihm nicht so recht.

    „Was man von Lenin auch sonst halten mag, das war eine gute Tat von ihm. Es ist grausam zu wissen, dass es solche Exemplare immer noch gibt und manche Verrückte auch noch an die schändlichen Inhalte glauben. Vermutlich hat sich Gluschenko durch solche Werke und die unbekannte Sekte zu seinen bestialischen Taten inspirieren lassen.“, bemerkte Matafeev grimmig und Vitali fielen siedend heiß die Worte der Polizisten ein, die am frühen Morgen, der jetzt schon endlos lang zurückzuliegen schien, über die grausamen Morde gesprochen hatten. Hatte wirklich der nervöse Gluschenko diese kaltblütigen Taten vollbracht? Vitali zitterte wie Espenlaub, als ihm Zweifel kamen und das unheimliche Abbild des Wolfmannes ihn von dem Einband aus förmlich anzustieren schien. Nein, das durfte nicht sein, so etwas durfte es nicht geben! Vitali wehrte sich vehement gegen die Möglichkeit, die durch seine wirre Gedankenwelt schwirrte. Dennoch blieben die Zweifel und er äußerte sie gegenüber Matafeev, der seine Nervosität längst bemerkt hatte und ihn aufmerksam anstarrte, so als ob er bis in seine Seele hinabsehen könnte.

    „Ich glaube kaum, dass so ein nervöser und unkoordinierter Mensch wie Gluschenko zu solch präzisen, grausamen Morden fähig wäre.“, stotterte sich Vitali hektisch zusammen, um das drückende Schweigen endlich zu brechen.

    „Sie meinen also, dass er einen Komplizen hatte?“, fragte Matafeev mit stechendem Blick.

    Vitali fühlte sich seltsam in die Enge gedrängt und überlegte kurz, ob er seine wahren Gedanken dem Oberkommissar kundtun sollte, doch er erahnte dessen Reaktion schon im Voraus. Zu abenteuerlich war der Gedanke, dass ein wahrhaftiger Wolfmensch diese Taten begangen haben könnte!

    „So in der Art.“, gab Vitali endlich mit zugeschnürter Kehle zurück. Wie gebannt starrte er auf das unheimliche Buch der dunklen Magie starrte, was auch Matafeev nicht unbemerkt blieb.

    „Sie glauben doch nicht etwa, dass dieser Gluschenko mit einer Beschwörungsformel einen Dämon zur Hilfe gerufen haben könnte oder ein Wolfmensch oder Vampir in seinem Namen mordet!“, empörte sich Matafeev mit einem düsteren Lachen, sodass Vitali die Schamesröte ins Gesicht schoss und er eilig den Kopf schüttelte.

    „Nein, nein, natürlich nicht. Ich bin ja nicht verrückt.“, antwortete er hastig und Matafeev trat näher zu ihm heran, musterte ihn aus seinen tiefgründigen, kalten Augen und klopfte ihm mit seiner harten Pranke auf die Schulter, sodass Vitali irritiert zusammenzuckte und sich aus dem Griff des Oberkommissars wandte.

    „Glauben Sie mir, Herr Aljenikow, dieser Gluschenko versucht vermutlich absichtlich diese Taten so grausam zu gestalten, um auf eine übersinnliche Macht hinzudeuten. Vermutlich spornt er sich mit solchen Ritualmorden zu extasischen Höchstleistung an und fühlt sich seinem Teufel so ein bisschen näher. Wir können mit unserem rationalen Denken so einen wahnsinnigen Verstand gar nicht nachvollziehen.“, bemerkte Matafeev ruhig und belehrend und wirkte dabei so selbstsicher und überzeugt, dass Vitali hastig nickte und am liebsten selbst daran geglaubt hätte. Doch dann dachte er wieder an das Agnus Die, das eben markant aufgeglüht hatte. Alle Tatsachen sprachen erschreckenderweise für das Übernatürliche, das Ungeheuerliche.

    „Natürlich, das leuchtet mir ein.“, brachte Vitali nur kraftlos hervor und Matafeev klopfte ihm nun weicher und zufriedener auf die Schulter.

    „Sie sollten sich ein wenig ausruhen und beruhigen. Wir werden alles menschenmögliche tun, um ihre französische Freundin aus den Händen dieses Ritualmörders zu befreien. Denn er wird sich nicht zurückziehen, sondern vermutlich heute Abend wieder zuschlagen, möglicherweise bei dem Treffen mit den Mafiabossen, von dem ihr Kollege gesprochen hatte. Wir werden die ganze Umgebung gründlich absperren und bewachen und dann schnappt die Falle zu, denn dieser Gluschenko hat es aus unerfindlichen Gründen auf die Unterwelt abgesehen und möchte selbige vermutlich mächtig aufwirbeln und umwerfen, um selbst etwas mehr Macht und Respekt zu erlangen. Er hat dieselben Feinde wie wir Polizisten, aber insgeheim sind mir die groben Herrscher der Unterwelt immer noch lieber, als solch ein schändlicher Mörder! Vertrauen Sie mir und der Polizei, wir werden diesen Kerl noch heute Nacht schnappen!“, verkündete Matafeev im Brustton der Überzeugung, sodass Vitali, der nur halb zugehört hatte und mit ganz anderen Gedanken beschäftigt war, unaufmerksam nickte, was Matafeev aber offensichtlich zufrieden stellte.

    „In Ordnung. Dann lassen Sie uns gehen und diese Wohnung verlassen.“, bemerkte Vitali plötzlich mit neuem Tatendrang und wirkte wie aus einer tiefen Trance erwacht.

    Matafeev blickte ihn zweifelnd an, als die beiden Männer das Arbeitszimmer verließen. Vitali atmete hingegen tief durch, der Druck und die Angst, die in diesem Zimmer drückend auf ihm gelegen hatten, waren endlich verschwunden. Auch sein Agnus Die war wieder erkaltet und lag unauffällig schützend auf seiner kaltnassen Haut. Und er selbst wollte nun einen riskanten Plan so schnell wie möglich umsetzen.

     

    Pawel Edmundowitsch Gluschenko war über verschiedene Schleichwege bis zur Starobel’skaya Ulitza gelangt, wo am heutigen Abend ein Treffen der drei großen Mafiabosse der Hafenstadt stattfinden sollte, wie er aus sicherer Quelle von einem alten Freund und Wegbegleiter erfahren hatte. Jetzt bewegte sich der nervöse Russe auf den großen und trist wirkenden plattenbauartigen Wohnblock zu, der sich gegenüber der Taverne befand, die als neutraler Platz galt und wo das Treffen stattfinden sollte. Gluschenko hatte mit seinem Komplizen bereits alle wichtigen Dinge in einem geheimen Unterschlupf der Kanalisation besprochen. Gluschenko bekam jedes Mal eine Gänsehaut und zitternde Knie, wenn er die unheimliche Gestalt traf, doch sie war ihm scheinbar treu ergeben und hatte bis jetzt präzise und geschickt gearbeitet. Gluschenko dachte daran, dass den Preis, den er für diese Leistungen zu zahlen hatte relativ hoch war. Er würde sein mühsam aufgebautes Imperium in der Stadt nicht nur mit seinen Glaubensbrüdern und einer noch höheren Kraft teilen müssen, sondern hatte sich auch dazu verschrieben der Sekte mit dem Abzeichen des Kolkrabens auf ewig zu dienen und seine Seele einem höheren Ziel zu opfern. Gluschenko hatte diese Menschen zunächst für gemeingefährliche Spinner gehalten, doch als er realisiert hatte, dass nur sie ihm bei seinem Rachezug und Aufstieg helfen konnten, da hatte er sich mangels Alternativen der mysteriösen Gruppierung angeschlossen. Inzwischen hatte er längst lernen müssen, dass es zwischen Himmel und Erde mehr Dinge gab, als er sich je erträumt hatte. Doch der Schock dieser Erfahrung war einer fanatischen Faszination gewichen und er hatte seine neuen Erkenntnisse bislang geschickt umsetzen können. Die Beschwörung des Werwolfs, die er zum ersten Mal auf einem Friedhof außerhalb der Stadt vollzogen hatte, war eine elektrisierende und faszinierende Erfahrung für Gluschenko gewesen. Über einen Mittelsmann seines Ordens hatte er einen Werwolf herbeigerufen, der ins einem Leben als normaler Mensch ein einsames Försterdasein in einem Waldgebiet nördlich von Sankt Petersburg fristete. Der schon recht alte Mann war irgendwann gebissen worden und hatte sich anfangs nur zu Vollmond in eine entsetzliche Bestie verwandelt. Zu beginn hatte sich der Förster dagegen gewehrt und seinen Drang nach Zerstörung, Blut und Mord versucht zu unterdrücken. Als es ihm einmal nicht mehr gelungen war, hatte er sich mächtig gefühlt und seltsam erleichtert, sodass seine Taten nach anfänglichem Schuldbewusstsein zu einer krankhaften Sucht geworden war. Inzwischen hatte er seinen Körper gar so weit unter Kontrolle, dass er sich auch in anderen Nächten in Minutenschnell verwandeln konnte. Der Förster hatte irgendwann sogar gleichgesinnte Werwölfe mit ähnlichen Schicksalen aus ganz Russland um sich herum geschart und war der sogenannten Werwolf-Liga beigetreten. Seitdem hatte der Förster viele Menschen kennen gelernt, die seine Hilfe benötigen. Neben dem Stillen seiner eigenen Gelüste profitierte er auch finanziell davon und lebte mittlerweile im Luxus. Der neue Auftrag war für den Wolfsmann also auch wieder durchaus verlockend gewesen. Zudem hatte er auch persönliche Motive für einen Rachefeldzug gegen die Mafia, bei dem er voller Inbrunst sein grausames Werk vollbrachte. Die ehemalige Frau des Försters war von mehreren Mafiosi vergewaltigt worden und hatte sich Wochen danach aus Scham umgebracht. Seitdem hatte der Werwolf auf seine Stunde gewartet und so verband ihn recht viel mit dem leidgeplagten und fanatischen Gluschenko, mit dem er sich inzwischen drei Mal auf einem Friedhof und zum letzten Mal in der Kanalisation getroffen hatte.

    An diesem Abend stand nun der finale Schlag gegen die große Mafia an, die beide Täter in gewisser Weise misshandelt oder sogar verstoßen hatte. Dennoch wollten Gluschenko und der Förster getrennt voneinander zuschlagen. Gluschenko wollte die gesamte Lage überwachen und notfalls entscheidend eingreifen, während der Werwolf seinen Blutgelüsten ohne Zügel nachgeben und fürchterlich wüten wollte. War das seltsame Wesen einmal im Blutrausch, so konnte es sich nicht mehr kontrollieren oder klar denken. Alles und jeder, der ihm in den Weg kam, wurde erbarmungslos zerrissen und getötet. Der Förster konnte dann kaum mehr zwischen Feind und Freund unterscheiden und erst recht nicht zwischen Schuldigen oder Unschuldigen.

    Gluschenko wollte sich an diesem schicksalhaften Abend für die Schmach und die Erniedrigungen rächen und war bereit alles dafür zu geben, selbst wenn es seine Seele oder sein Leben sein mussten. Die Wurzel des Hasses war in ihm über die Jahre gereift und trug nun ihre grausamen Früchte.

    Gluschenko kannte sich in der Gegend bestens aus. Auch zu seiner aktiven Zeit in der kriminellen Unterwelt war dieser Ort schon für Unterredungen zwischen Mafiosi von verfeindeten Familien oder Einheiten genutzt worden. So kannte er fast jeden Flecken um die Taverne herum und hatte sofort an das flache Dach auf dem Wohnblock gegenüber gedacht. Von dort aus hatte er alles gut im Blick, war relativ unsichtbar und geschützt und konnte mit seinem präzisen Gewehr, dass er in einen unauffälligen Geigenkoffer gepackt hatte, auch problemlos ins Geschehen eingreifen. Eine handlichere Waffe trug er unter seinem Mantel und auch einen Dolch hatte er mitgenommen. Er war sozusagen bis unter die Zähne bestens bewaffnet. Für alle Notfälle hatte er sich auch einen Fluchtplan zurecht gelegt, denn dieses Mal wollte er nichts dem Zufall überlassen. Um seine Tarnung noch besser zu machen, hatte er aus einem alten Theaterfundus in der Hafengegend eine graue Perücke und einen künstlichen, geschwungenen grauen Schnurrbart entwendet. In dieser Aufmachung würde ihn kaum jemand wiedererkennen.

    Als er den Wohnblock betrat, da stellte er erleichtert fest, dass sich in der gesamten Umgebung kaum Passanten und nicht einmal Polizisten oder Mafiosi aufgehalten hatten, denn er war zuvor eine halbe Stunde lang durch die verwinkelten Gassen gestreift, um die Lage zu inspizieren. Bislang war alles ruhig und so nahm er gemütlich pfeifend den labilen und nicht gerade vertrauenerweckenden Aufzug des Wohnblockes bis in die oberste Etage.

    Als der Aufzug mit einem ächzenden Quietschen und grässlichem Rasseln zum Stillstand gekommen war und sich die alten Holztüren mühsam öffneten, steuerte Gluschenko ohne Umschweife den Treppenaufgang zum Dach an. Auch dieses Stockwerk war völlig leer. Es hätte für ihn wirklich kaum besser laufen können.

    Mit neuer Motivation und einer glühenden Vorfreude auf die nächsten Stunden trat Gluschenko auf die schwere Eisentür zu, die geradewegs auf das Dach führte, drückte den schweren Metallhebel herunter und drückte die solide Tür nach außen auf. Peitschender, schneidend kalter Wind schlug ihm in dieser Höhe entgegen. Rasch trat Gluschenko nach draußen und warf einen kurzen Blick in die Runde – und erstarrte!

    Von seiner linken Seite richtete sich urplötzlich eine Pistole gegen seine Schläfe und er hörte das angestrengte Keuchen des Mannes, der schräg hinter ihm im Schatten der Tür gelauert haben musste. Der faulige Atem des Angreifers war sogar in dem pfeifenden Nachtwind der russischen Metropole fast unerträglich, zudem roch der Mann stark nach Schweiß!

    Gluschenko drohte beinahe zu kollabieren, als der seltsame Mann ihn ansprach.

    „Dich mache ich fertig, du miese Ratte!“

    Dann zog der Überraschungsangreifer unvermittelt grob an der Perücke von Gluschenko, riss sie ab und warf sie verächtlich lachend auf den Dachboden. Dann riss der Mann ihm den Geigenkoffer aus den Händen, legte ihn zu Boden und kickte ihn außer Reichweite polternd über das Dach hinweg.

    Gluschenko war zu allem Überfluss bereits jetzt enttarnt worden!

     

    Josef Iljitsch Lukianenko erwachte aus einer emotionslosen, unendlichen Schwärze und schlug langsam die Augen auf. Sein Kopf drohte zu explodieren und er hatte eine elendiges Schwindelgefühl. Er schloss die Augen wieder, atmete tief durch und versuchte dann zu rekonstruieren, was vor seiner tiefen Bewusstlosigkeit genau geschehen war. Als die Erinnerung daran zurückkam, spürte er einen glühenden Hass in sich aufsteigen, doch auch diese Wut konnte seine Enttäuschung und seine Selbstvorwürfe nicht zerstreuen, denn er wusste, dass er versagt hatte. Josef Iljitsch Lukianenko hatte aber noch niemals zuvor versagt und er wollte auch diese unerwartete Niederlage nicht auf sich sitzen lassen.

    Langsam öffnete er wieder die Augen und ertrug die Schmerzen nun leichter. Er befand sich allein in einem klinisch sauberen Krankenzimmer, was in Sankt Petersburg durchaus eine Seltenheit war. Lukianenko war schon in den heruntergekommensten, altmodischsten, stinkigsten Krankenhäusern behandelt worden, aber dieses hier hatte Komfort und bot sogar eine Aussicht auf den träge vor sich hinfließenden Fluss Fontanka. Lukianenko erkannte die Gegend sofort und schloss daraus schnell, dass er sich im Mariinskij Krankenhaus am Litejnij Prospekt befinden musste.

    Durch eine Glasscheibe auf den Flur konnte Lukianenko zwei Krankenschwestern sehen, die sich nervös besprachen. Weiter an der Seite saß ein Wachmeister, der sich gerade einen Flachmann mit dem Emblem des Hammers und der Sichel aus einer Tasche seiner Uniform geholt hatte.

    Man hatte Lukianenko seine alten Anziehsachen angelassen. Noch schien niemand bemerkt zu haben, dass der Mafioso wieder zu sich gekommen war.

    Plötzlich spürte der angeschlagene Russe ein Vibrieren in seiner rechten Hosentasche und schreckte hoch. Er dachte zunächst panisch an einen Elektroschock, doch er war beruhigt, als er feststellte, dass es nur sein kleines und handliches Handy war. Lukianenko konnte von Glück sprechen, dass die Polizei das Gerät nicht gefunden hatte, denn dann hätte er es wohl niemals wieder gesehen. Nicht dass die Polizei die darauf gespeicherten Nummern verwenden könnte, um Mafiosi dingfest zu machen, das war nicht der Fall, da Lukianenko geschickt genug war keine wichtigen Nummern einzuspeichern, sondern diese direkt auswendig zu lernen, aber die Polizisten hätten das edle elektronische Gerät wohl an der nächsten Straßenecke für ein paar Rubel an ein paar Neureiche oder Touristen verhökert, um ein bisschen Trinkgeld zum spärlichen Lohn dazu zu verdienen.

    Jetzt griff Lukianenko stöhnend nach dem Handy und drehte sich seitlich zur Tür, sodass man seine Bewegungen nicht bemerken würde. Vorsichtig nahm er das Handy und legte es an das Ohr, das er schräg gegen das weiße Kissen des Bettes gedrückt hatte. Er redete nur sehr leise und langsam, um sich nicht zu auffällig zu verhalten, obwohl er erschrocken war, als er realisierte, wer ihn da anrief. Wie immer hatte keine Nummer auf dem Display aufgeleuchtet, denn der Anrufer rief immer unauffällig von irgendwelchen öffentlichen Telefonzellen an.

    Es war sein großer Boss, die stählerne Maske höchstpersönlich, das erkannte Lukianenko an der rauchigen, aber durchaus vollen und markanten Stimme mit dem mysteriösen Akzent, den Lukianenko nie so ganz zuordnen konnte.

    „Genosse, ich habe bereits drei Mal versucht dich anzurufen.“, war das Erste, was die stählerne Maske ihm zu sagen hatte.

    „Es gab Komplikationen. Die Zielperson hat eine Geisel genommen und ist überhastet geflohen. Ich hatte zivile Gegner und die Polizei ist aufgetaucht.“, berichtete Lukianenko knapp, doch er erwartete bereits, dass sein strenger Boss dies als Entschuldigung nicht gelten lassen würde und ihn bald zur Rechenschaft ziehen würde, da Versager in seiner Gruppierung generell nicht geduldet waren. Seit dem Debakel mit Gluschenko vor einigen Jahren und anderen Zwischenfällen griff die stählerne Maske hart durch, denn sie wollte zur größten Macht der Metropole aufsteigen und dies ging nach ihrer Maxime nur, wenn nur die allerbesten Leute für sie arbeiten würden, die einhundertprozentig zuverlässig und erfolgreich waren, egal auf welche Weise. Lukianenko war bislang immer erfolgreich gewesen, doch an diesem verhängnisvolle Tag hatte sich das fatalerweise geändert. Lukianenko verfluchte innerlich den Journalisten, der ihm in die Quere gekommen war und malte sich schon die perversesten Rachegelüste aus.

    „Semak ist tot. Plichanow ist tot.Es gibt ein ziviles Opfer zu beklagen. So darf es nicht weiter gehen. Gluschenko muss gefasst werden. Heute Abend findet ein Treffen mit den anderen Bossen der Unterwelt statt. Die Umgebung muss strengstens überwacht werden. Das erledigen für mich die Genossen Rostov und Jaschin, sowie einige Bodyguards. Aber deine Hilfe wird anderweitig benötigt.“, gab die stählerne Maske ruhig und knapp wieder.

    „Sehr wohl, ich werde meine Fehler ausmerzen. Auf mich ist Verlass!“, beteuerte Lukianenko und wirkte bei den Worten geradezu unterwürfig. Sogar ein leichtes Zittern schwang in seiner Stimme mit. Doch die stählerne Maske ging auf das beteuernde Flehen gar nicht erst ein.

    „Du erinnerst dich an die Fabrik, in der Gluschenko vor unserer Zeit gearbeitet hat?“ fragte die stählerne Maske stattdessen hart und eisig.

    „Die Fabrikanlage vom alten Dostojewski in der nördlichen Hafengegend?“, hakte Lukianenko ungläubig nach.

    „Exakt. Die Anlage in der Ulitza Petrovskaya Kosa. Er kennt die Gegend wie seine Westentasche, fast fünfzehn Jahre war er dort tätig und sein Vater und sein Großvater vor ihm auch.“, resümierte die stählerne Maske knapp.

    „Ich erinnere mich. Vielleicht zieht er sich dorthin zurück, jetzt, wo wir ihm auf den Versen sind. Und seine Geisel muss ja auch irgendwo stecken. Aber das wird doch in dieser Anlage nicht unbemerkt bleiben, oder?“, fragte Lukianenko ein wenig überrascht nach.

    „Die Anlage ist seit dem Herbst letzten Jahres geschlossen, Genosse. Es wurde Insolvenz angemeldet. Ein Ölmilliardär hat die Firma aufgekauft. Die Sitze und die Firmen wurden allesamt nach Irkutsk in Sibirien verlegt.“, berichtete die stählerne Maske, die sich stets allumfassend informiert, perfekt vorbereitet und äußerst gebildet gab. Davor hatte Lukianenko eine Menge Respekt.

    „Verzeihung, das wusste ich nicht. Was ist meine Aufgabe?“, wollte Lukianenko mit neuer Energie und Entschlossenheit wissen.

    „Infiltriere die Anlage und stelle Gluschenko eine Falle, falls er sich dorthin zurückzieht.“, befahl die stählerne Maske knapp.

    „Was ist, wenn ich die Geisel finde?“, wollte Lukianenko noch wissen.

    „Das ist zweitrangig. Ob sie gerettet wird oder stirbt, ist mir völlig gleichgültig. Aber Gluschenko muss sterben!“, forderte die stählerne Maske energisch und legte dann sofort auf. Es war alles Nötige gesagt worden.

    Und auch für Lukianenko waren nun alle Details geklärt. Er steckte das kleine Handy unauffällig weg und wartete noch eine Minute ab. Dann richtete er sich vorsichtig aus seinem Bett auf und betätigte einen roten Knopf, um die Krankenschwester zu rufen. Sein Boss hatte wohl nicht gewusst, dass Lukianenko sich im Krankenhaus befand. Vielleicht hatte er es aber doch gewusst und es war ihm völlig egal. Die stählerne Maske nahm keine Rücksicht auf Nebensächlichkeiten. Wer für sie arbeitete, musste unter allen Umständen auch immer alles geben.

    Als die junge Krankenschwester mit den blonden Haaren mit schüchternem Lächeln und zögerndem Blick eintrat, musste Lukianenko ebenfalls kurz lächeln. Die schöne Dame tat ihm ein wenig Leid. Aber ebenso wie sein Boss, mit dem er vielleicht deswegen bislang so gut kooperiert hatte, nahm auch Lukianenko keinerlei Rücksicht auf Nebensächlichkeiten.

    Eiskalt hatte er sich bereits einen raschen plan überlegt, den er ohne Zögern oder Zweifel ausführen wollte.

     

    Vitali und Sergej hatten in der Küche Platz genommen, in der Vitali vor wenigen Stunden noch seiner französischen Nachbarin näher gekommen war, doch diese schöne Erinnerung schien schon endlos lang zurück zu liegen. Seitdem hatte sich alles zum Schlechten gewendet und der traumatisierte Vitali war völlig durcheinander. Er verspürte nicht einmal eine übermäßige Trauer, sondern viel mehr eine flammende Wut in sich aufsteigen, eine grimmige Entschlossenheit, den Peiniger der Französin so schnell wie möglich zu finden. Vitali war voller Adrenalin und erzählte seinem skeptischen Kollegen ohne Umschweife von seinen Ideen, die ihm im Arbeitszimmer mit Matafeev gekommen waren, der inzwischen die ganze Umgebung hatte absperren lassen und sich nun darum kümmerte ein Kommando zusammenzustellen, das am Abend das Treffen zwischen den Unterweltbossen überwachen und nötigenfalls schützen sollte.

    „Sergej, dieses Treffen, von dem du gesprochen hast, das auf dem Zettel von deinem toten Korrespondenten stand, das ist unsere einzige Chance Gluschenko zu kriegen und Eva zu finden.“, sagte Vitali grimmig und eindringlich und hatte sich entschlossen über den Tisch gebeugt, an dem die beiden Journalisten sich gegenüber saßen.

    Sergej lachte bitter auf und schüttelte traurig den Kopf, bevor er seine Meinung zu der mutigen Idee abgab.

    „Vitali, das ist der helle Wahnsinn. Wir begeben uns in die Höhle des Löwen. Da drüben sind vielleicht nicht nur Gluschenko und sein Komplize, falls er einen hat, sondern haufenweise Mafiosi und eine ganze Horde von Polizisten. Sobald eine dieser Person nervös wird und die Kontrolle verliert, dann stecken wir mitten in einer üblen Schießerei, die uns das Leben kosten könnte!“, meinte Sergej mit eben solcher Eindringlichkeit.

    „Nein, Sergej, wir können nicht einfach zu Hause bleiben und so tun, als ob nichts wäre. Wir stecken schon unfreiwillig viel zu tief in der ganzen Angelegenheit drin. Wir werden ganz normal in diesen Pub gehen und uns etwas zu essen oder trinken bestellen, vielleicht eine Runde Billard spielen und abwarten.“, schlug Vitali grimmig vor, doch erneut schüttelte Sergej bitter lachend den Kopf.

    „Das kann doch nicht dein Ernst sein! Da findet ein hochrangiges Treffen zwischen den Köpfen der Unterwelt statt, da können wir nicht einfach hineinspazieren und Billard spielen.“, schmetterte Sergej auch diesen Vorschlag ab.

    „Dann werden wir uns durch den Hinterausgang hineinschleichen und dem Wirt ein paar Rubel geben, damit er den Mund hält und wir beobachten das Ganze von dort aus. Mein Gott, irgendetwas wird uns schon einfallen, wenn wird dort sind!“, gab Vitali trotzig und energisch zurück, wobei er wild mit den Armen gestikulierte und sich endlich in seinen Stuhl zurückfallen ließ und seiner Anspannung Luft machte.

    „Junge, du unterschätzt die Lage völlig! Die Mafiosi werden sämtliche Hintereingänge, Kellergewölbe und was weiß ich überwachen. Es sind ungefähr ein halbes Dutzend Menschen heute draufgegangen! Wenn wir da hineinschneien, wird man uns für Komplizen von diesem Gluschenko halten und einfach abknallen.“, argumentierte Sergej weiter.

    „Ach, mach doch, was du willst. Ich zwinge dich gewiss nicht dazu, dass du mitmachst. Du hast heute schon einiges durchgemacht. Geh nach Hause, ruh dich aus und leg dich schlafen, ich werde es dir nicht verübeln. Aber ich kann das nicht! Ich werde etwas unternehmen, um Eva zu retten und diesen Gluschenko zu stellen!“, bekräftige Vitali auch trotz fehlender weiterer Argumente sein Vorhaben. 

    Jetzt beugte sich Sergej über den Tisch und blickte seinen Kollegen wütend an. Langsam wurde auch er hitzig und verlor die Fassung.

    „Glaubst du etwa ernsthaft, dass ich in Ruhe schlafen könnte, während mein bester Freund und Kollege so eine Kamikazenummer startet? Ich soll Schäfchen zählen, während du von Mafiosi gefoltert oder von Gluschenko und seinen Leuten massakriert wirst? Du hast vielleicht Nerven!“, rief Sergej wütend.

    „Ich zwinge dich zu nichts. Du bist mir nichts schuldig.“, gab Vitali trotzig zurück und verschränkte seine Arme vor der Brust.

    „Doch, genau das tust du. Du lässt mir keine andere Wahl. Ich kann einfach nicht wider meines Gewissens handeln!“, gab Sergej sauer zurück.

    „Genau das kann ich auch nicht. Mein Gewissen sagt mir, dass ich etwas unternehmen muss!“, fauchte Vitali zurück und für eine Weile verstummten die beiden Streithähne und starrten mit leeren Blicken in die Luft.

    Sergej atmete schwer durch, während Vitali von verschiedensten Gefühlen verwirrt wurde. Ihm war völlig klar, dass Sergej die besseren Argumente hatte, dass sein Kollege durchaus den Verstand eingeschaltet hatte und seine berechtigten Zweifel an seinem wild konstruierten Plan hatte. Aber Vitali wusste dennoch, dass Sergej ihn selbst mit den besten Argumenten nicht überzeugen könnte. Er machte sich Vorwürfe, dass er die Entführung der Französin nicht hatte verhindern können. Und wegen Gluschenko war er selbst in eine tödliche Gefahr gekommen und hatte fast einen Menschen zu Tode geschlagen. Er konnte jetzt nicht einfach den Schalter umlegen und sich zurückziehen. Stöhnend ließ Vitali seinen schweren Kopf in die Hände seiner auf dem harten Tisch angewinkelten Arme fallen und schloss krampfhaft die Augen. Das Schweigen im Raum bedrückte ihn noch mehr. Er wollte keine Entscheidung treffen müssen und doch kam der Moment der Wahrheit unerbittlich näher.

    Plötzlich hörte Vitali ein Klirren und hob den Kopf. Sein Kollege Sergej hatte seine Autoschlüssel aus der Tasche geholt und sich langsam erhoben. Das war es wohl. Vitali blickte betreten zu Boden. Sein Kollege würde nach Hause fahren und ihn zurücklassen. Er war jetzt ganz auf sich allein gestellt. Einer gegen alle, wie sollte das bloß gut gehen?

    Doch als er dann doch noch einmal fragend seinen Blick auf Sergej richtete, wurde er überrascht. Sein Kollege nickte ihm ebenfalls betreten zu.

    „Komm mit, wir fahren los.“, sagte er mit schwacher Stimme und wich dem Blick seines Freundes aus.

    „Wohin fahren wir?“, fragte Vitali verwirrt.

    „Zu diesem gottverdammten Pub. Ich werde dir helfen. Aber vorher muss ich noch etwas erledigen an der Ecke beim Leninskiy Prospekt und der Ulitza Ziny Portnovoy.“, gab Sergej zurück und trat aus dem Zimmer.

    In einer Mischung aus Nervosität, hektischer Angst und eine erleichterten Freude stand Vitali auf und ging seinem Kollegen hinterher. Kurz blickte er sich noch einmal bedeutungsschwer um und starrte in die friedliche, leere Küche seiner neuen Wohnung. Mit einem mulmigen Gefühl fragte sich Vitali, ob er sie jemals wiedersehen würde.

     

    Lukianenko wartete so lange bis die Krankenschwester sich fragend über ihn gebeugt hatte. Dann wurde er blitzartig quicklebendig, sprang von seinem Bett hoch, packte die Krankenschwester grob, umklammerte mit einem Arm ihre Taille, während er ihr mit der zweiten Pranke gegen die Kehle drückte. Für diesen Überraschungsangriff hatte er nicht einmal fünf Sekunden gebraucht.

    Auf dem Flur sprang der diensthabende Wachmann auf und ließ vor lauter Schreck seinen Flachmann fallen. Zwei Krankenschwestern stoben kreischend auseinander, als sie einen Blick in das Krankenzimmer warfen. Lukianenko spürte, wie die Krankenschwester in seinem Griff zitterte und vor lauter Angst wimmerte, doch noch wollte er seinen Würgegriff nicht lockern. Langsam näherte sich sein Mund dem zarten, weichen Ohr der Krankenschwester.

    „Süße, je mehr du zappelst, desto schlimmer wird es für dich. Wenn du lieb bist, dann tue ich dir nicht weh und lasse dich laufen, sobald ich aus diesem verfluchten Krankenhaus heraus bin, okay?“, fragte Lukianenko und sein Opfer nickte hektisch röchelnd, was er als positives Zeichen einstufte.

    Lukianenko versuchte seine dröhnenden Kopfschmerzen zu ignorieren und einen kühlen Kopf zu bewahren, als der Wachmann mit seiner Waffe im Anschlag in das Krankenzimmer stürzte. Da hatte Lukianenko die Krankenschwester schon längst so positioniert, dass sie genau zwischen dem Polizisten und ihm stand. Lukianenko wusste genau, dass der Wachmann nie im Leben schießen würde und alles dafür tun würde, um eine unschuldige Zivilistin zu retten. So bestechlich die Polizei auch oft in Russland war, so hatte sie doch noch ein letztes Fünkchen Moral und Anstand bewahrt und dieser Funke verbot es den Polizisten das Leben unschuldiger, junger Damen zu riskieren.

    Der Polizist stockte und stotterte sich nervös etwas zusammen, als ihn Lukianenkos barsche Stimme sofort herrisch unterbrach.

    „Pass auf, Kumpel! Du legst jetzt mit beiden Händen die Waffe auf den Boden und schiebst sie langsam und weit genug mit dem Fuß zu mir herüber. Dann nimmst du deinen Wagenschlüssel und wirfst ihn auf das Kissen meines Bettes. Wenn du irgendwelche Faxen machst und hier den Helden markieren willst, dann erwürge ich das hübsche Püppchen, das hier in meinen Armen liegt. Wenn du aber genau das tust, was ich dir sage, dann kommt niemand zu Schaden und das Püppchen darf gehen, sobald ich in deiner Karre sitze. Haben wir uns verstanden?“, fragte Lukianenko grimmig und der Polizist nickte nervös, während er schon dem ersten Befehl Folge leistete und seine Waffe vorsichtig zu Boden sinken ließ und sie dann mit schlotternden Knien zu Lukianenko hinüberkickte, der ihn die ganze Zeit über wach und mit kaltem Blick musterte.

    Nach außen wies nichts auf seine dröhnenden Kopfschmerzen hin. Sein Schädel drohte beinahe zu explodieren und sein Herzschlag pochte in seiner verbundenen Wunde am Hinterkopf. Auch das Atmen fiel ihm schwer, da ihm einige Rippen schmerzten. Vermutlich hatte der rasende Mitbewohner von Gluschenko ihm mit seinen Tritten einige Rippen gebrochen.

    Vorsichtig bückte sich Lukianenko, während er die Krankenschwester mit der anderen Hand immer noch hart umklammert hielt und nahm in einer geübten Bewegung die Waffe auf. Sofort entsicherte er sie und hielt die Mündung gegen die Schläfe der nun krampfhaft weinenden Krankenschwester.

    Der nervöse Polizist nestelte hektisch in seiner Uniform und förderte die Wagenschlüssel zu Tage, die er mit unsicherem Blick auf das Bett warf und selbiges dabei verfehlte. Die Schlüssel fielen auf den Boden und der Polizist blickte Lukianenko ängstlich an. Er wirkte wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange.

    „Wo steht dein Wagen, Arschloch?“ wollte Lukianenko gereizt wissen.

    „In der Seitenstraße, rechts vom Ausgang aus gesehen. Ich glaube, es ist die Ulitza Zhukovskogo.“, stotterte der Polizist mit geweiteten Augen und verschwitzten Haaren, die ihm im Gesicht hingen.

    Zornig schubste Lukianenko die schluchzende Krankenschwester vorwärts, bückte sich rasch nach den Autoschlüsseln am Boden und richtete seine Waffe dann einhändig auf den Polizisten, der kreidebleich bis zur Zimmerwand zurückwich und stotternd den Kopf schüttelte. Am liebsten hätte Lukianenko dem Stümper eine Kugel verpasst, doch er dachte an seinen Auftrag und daran, dass er mit solchen Lappalien keine unnötige Zeit verschwenden oder die Mission dadurch gefährden durfte, dass die ganze Stadt nach einem Polizistenmörder fahndete.

    So spuckte Lukianenko nur verächtlich zu Boden und ging seitwärts auf die Tür in den Flur zu, die noch immer offen stand. Er hatte Glück, dass sich der Aufzug direkt gegenüber seines Zimmers befand. Der restliche Weg würde für ihn nur noch ein Kinderspiel sein.

    Rasch huschte Lukianenko rückwärts auf den Aufzug zu und drückte den Knopf, um selbigen zu rufen. Der Flur war inzwischen völlig leer, niemand wollte sich mit dem wild gewordenen Mafioso anlegen. Haltlos schluchzte die Krankenschwester in seinem Griff und hatte nun auch jegliches Zappeln und Sträuben aufgegeben.

    Mit einem Klingeln traf der Aufzug ein, in dem sich noch ein verduzter Assistenzarzt befand, der erbleichte, als er in die Mündung der Waffe blickte, die Lukianenko ihm vor die Nase hielt. Der böse Mafioso musste gar nichts weiter sagen, der Assistenzarzt huschte hastig und mit erhobenen Armen in den Flur. Lukianenko lächelte zufrieden und drückte den Knopf für das Erdgeschoss.

    „Adios amigos!“, rief er mit rauchiger Stimme dem zitternden Polizisten und dem dümmlich starrenden Assistenzarzt zu, bevor sich die Türen des Aufzugs schlossen und Lukianenko seinem Ziel immer näher kam.

     

    Sergej hatte seinen klapprigen Lada in einer Seitenstraße geparkt und bewegte sich auf einen kleinen Lebensmittelladen zu. Die ganze Fahrt über hatten die beiden Journalisten sich düster angeschwiegen. Vitali war seinem Kollegen für dessen Hilfe unbeschreiblich dankbar, doch er wusste nicht so recht, wie er seine Freude in Dankbarkeit fassen sollte. Zudem plagte ihn auch ein schlechtes Gewissen. Er dachte ängstlich daran, dass am Abend möglicherweise etwas schlimmes passieren könnte und dann trug er dafür die Schuld, dass er seinen Kollegen in unnötige Gefahr gebracht hatte. Vitali wusste mit all diesen widersprüchlichen Gefühlen kaum umzugehen und war froh, als die beiden Journalisten den kleinen Laden betraten und durch einen geschäftigen Russen von kleiner und rundlicher Statur abgelenkt wurden.

    „Na, wenn das mal nicht Sergej ist, der alte Klatschspaltenfüller! Du hast dich ja lange nicht mehr blicken lassen! Was kann ich dir anbieten? Ich habe einen exzellenten neuen Wodka aus dem fernen Wladiwostok, in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen. Ist das nicht etwas für dich?“, fragte der geschäftige dicke Mann.

    „Nein, Dmitry, das ist nichts für mich.“, gab Sergej ruhig zurück und wollte bereits weitersprechen, doch er wurde von dem übereifrigen Dmitry einfach unterbrochen.

    „Dann habe ich hier etwas ganz Besonderes für dich. Stell dir das mal vor, Ginseng-Schnaps, original importiert von einem Botschafter aus Pjöngjang. Originales nordkoreanisches Ginseng, stell dir mal vor, was ich da für Preise verlangen könnte! Für dich aber mache ich einen Rabatt von zwanzig Prozent, weil du mein Kumpel bist!“, erzählte Dmitry geschäftig und klopfte Sergej eifrig auf die Schulter.

    „Danach suche ich auch nicht.“, gab Sergej knurrend und schon ein wenig ungeduldig zurück und Vitali fragte sich mit einem Blick auf die Uhr, was die ganze Komödie überhaupt sollte. Seine französische Freundin schwebte in Lebensgefahr, die ganze Stadt war zu einem Pulverfass der Kriminalitäten geworden und er hörte sich das Gerede eines idiotischen Kaufmannes an, der ihnen irgendeinen Schund aus dem fernen Osten verkaufen wollte, wo das Zeug mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht einmal herkam.

    „Nicht? Ich verstehe, du suchst mehr nach etwas Deftigerem? Ich habe hier ein herausragendes zehnteiliges Gourmet-Set aus Hanoi, wirklich eine vorzügliche Sache!“, redete Dmitry gleich wieder los und jetzt verlor auch Sergej die Fassung und packte den dicken Geschäftsmann am Kragen.

    „Ich will diesen Krimskrams nicht, verstanden?“, rief Sergej und blickte sich nervös im Laden um, der außer den beiden Ankömmlingen und dem Händler aber völlig leer war. Dann näherte Sergej sein Gesicht dem des Händlers.

    „Ist ja in Ordnung, was bist du denn so gereizt? Du solltest es mal mit Baldrian probieren. Das habe ich übrigens auch vorrätig und zwar eine ganz besondere Rezeptur aus Jakarta, der indonesischen Hauptstadt.“, begann der Händler und wurde von Sergej bedrohlich und aus zusammengekniffenen Augen angesehen, sodass der Händler beschwichtigend die Arme hob.

    „Können wir jetzt loslegen?“, fragte Sergej grimmig.

    „Okay, was brauchst du?“, fragte der Händler überrascht und wirkte auf einmal ganz ruhig und besonnen.

    „Zwei kleinkalibrige Pistolen mit ausreichend Munition. Zwei deiner gut getarnten Elektroschocker kannst du auch gleich mit dabei packen!“, forderte Sergej den Händler auf, der nervös auf Vitali blickte, dessen überrascht offen stehender Mund gar nicht mehr zuklappen wollte. Sergej bemerkte den Blick.

    „Der gehört zu mir, mach dir da keine Gedanken.“, beschwichtigte er den Händler, der kurz schluckte, sich dann aber wortlos umwandte und durch einen alten Perlenvorhang in einem Hinterzimmer verschwand. Jetzt konnte Vitali nicht mehr an sich halten.

    „Bist du verrückt? Woher kennst du solche Leute?“, fragte Vitali völlig entsetzt.

    „Ich habe mal eine Artikelreihe über die besten Supermärkte und Lebensmittelhändler geschrieben und in meinem Fazit hat dieser Laden hier auf dem ersten Platz abgeschlossen. Dmitry hat wirklich einige tolle Waren hier in petto. Man mag es kaum glauben, aber die meisten seiner Sachen kommen tatsächlich aus so exotischen Ländern. Ich bin über einige Informanten dahinter gekommen, dass er diese Spezialitäten meist als eine Art Danke Schön bekommt, wenn er ein paar Waffen erfolgreich nach Thailand, China, Nordkorea oder weiß der Geier wohin geschafft hat.“, erklärte Sergej im Flüsterton und Vitali schüttelte entsetzt und fassungslos den Kopf. 

    „Mein Gott, du machst gemeinsame Sache mit so einem Terroristen?“, fragte er angewidert und entsetzt. 

    „Er ist kein Terrorist, er ist Geschäftsmann. Ihm ist völlig egal, ob seine Ware als Spielzeug im Weißen Haus bei Barack Obama oder im persönlichen Waffenarsenal von Kim Jong Il landet. Ihm geht es um den Profit.“, bemerkte Sergej, was Vitali wieder mit einem verständnislosen Kopfschütteln kommentierte, doch er hielt sich jetzt mit weiteren Kommentaren zurück.

    Erstaunlich rasch kehrte der schwer bepackte Dmitry hinter seine Theke zurück und winkte Sergej vorsichtig und mit wachen Argusaugen heran. Dann schob er diesem zwei kleinkalibrige Pistolen und Munition herüber, danach zwei altmodisch wirkende Handies, vermutlich die verkappten Elektroschocker. Rasch steckte Sergej die Waffen in seine inneren Jackentaschen und nickte dem nervösen Geschäftsmann zufrieden zu.

    „Das macht dann fünftausend Rubel.“, forderte Dmitry und Sergej lachte so schallend laut auf, dass Dmitry sich ärgerlich umblickte und Vitali nervös von den beiden Streithähnen wegtrat.

    „Willst du einen alten Freund so übers Kreuz legen? Ich geben dir bestenfalls die Hälfte!“, gab Sergej amüsiert zurück.

    „Die Nordkoreaner haben mir für fünf dieser kleinkalibrigen Pistolen achttausendfünfhundert nordkoreanische Won gezahlt!“, warf Dmitry entrüstet ein.

    „Ich bin nicht irgendein verdammter Koreaner, sondern ein armer Journalist und ein guter Kunde. Ich gebe dir dreitausend Rubel, das ist mehr als genug!“, feilschte Sergej weiter.

    „So lasse ich mich nicht herunterhandeln. Sergej, ich habe eine Frau und vier Kinder, wir müssen doch auch von irgendetwas in diesem Moloch hier leben. Mit weniger als viertausend Rubel kann ich mich nicht zufrieden geben.“, klagte Dmitry.

    „Du Schwachkopf hast gar keine Kinder! Ich kenne deine Frau, die arbeitet als Bibliothekarin in der Saltykow-Schtschedrin-Bibliothek, da war ich vor zwei Wochen erst zum letzten Mal und habe mit ihr geplaudert. Also erzähle mir keinen Schwachsinn, du Lügner! Dreitausendzweihundert Rubel und keine Kopeke mehr!“, argumentierte Sergej, der mittlerweile recht aufgebracht war.

    „Na gut, du hast gewonnen, alter Halsabschneider!“, brummte Dmitry, doch Sergej überraschte ihn erneut und holte die rostige Waffe hervor, die ihm der Obdachlose gekauft hatte, als ihn in der alten Fabrikhalle Gluschenko verfolgt hatte.

    „Was kriege ich dafür?“, wollte Sergej wissen, doch Dmitry nahm die Waffe kopfschüttelnd und mit angewidertem Blick an. Dann leuchteten seine Augen für den Bruchteil einiger Sekunden erstaunt auf. Sergej hatte es nicht bemerkt, da er einen Seitenblick mit Vitali ausgetauscht hatte, der sich nicht wohl in seiner Haut fühlte.

    „Verdammt, ist das Ding alt und rostig. Funktioniert es überhaupt noch?“, fragte Dmitry hektisch und nahm die Pistole kritisch in Augenschein.

    „Darauf kannst du Gift nehmen. Sie hat mir vor ein paar Stunden noch das Leben gerettet.“, gab Sergej knurrend zurück und Dmitry fiel kein gutes Gegenargument mehr ein.

    „Na schön, ich könnte sie dir für eintausend zusätzliche Rubel bis Ende der Woche aufpolieren und reparieren.“, schlug Dmitry vor, nachdem er seine kritische Begutachtung beendet hatte, in dem sicheren Wissen, dass Sergej das Angebot nie im Leben annehmen würde. Er hatte richtig getippt.

    „Das kannst du dir abschminken. Ich gebe sie dir und du kannst sie an deine kriminellen Freunde in Fernost verkaufen. Dafür gehst du mit dem Preis für die neue Ware noch ein bisschen herunter.“, forderte Sergej und Dmitry blickte ihn zerknirscht und enttäuscht an.

    „Na gut, dann belassen wir es insgesamt bei dreitausend Rubel.“, meinte Dmitry schließlich und streckte seine Hand aus, um mit Sergej den Pakt zu besiegeln, doch dieser zog die Hand zurück.

    „So ein Unfug! Du wolltest sie mir eben für eintausend Rubel reparieren. Jetzt soll sie nur noch zweihundert wert sein?“, fragte er kritisch und Dmitry seufzte ernüchtert.

    „Ich sollte nicht so viel erzählen. Na gut, machen wir zweitausendfünfhundert Rubel daraus und den Deckel auf die Geschichte.“, schlug Dmitry niedergeschlagen vor.

    „Das ist ein Wort!“, stimmte Sergej zu und schlug endlich ein.

    Der Journalist kramte in seiner Hosentasche nach seinem erstaunlich prall gefüllten Portemonnaie und drückte dem gierig blickenden Dmitry einige zerknüllte Scheine in die Hand. Dieser zählte das Geld hektisch ab und steckte die Einnahmen dann eifrig in seine Hosentasche, so als ob er Angst hätte, dass Sergej ihm das Geld wieder abnahm oder neu verhandeln würde. Sergej hingegen war nun, obwohl er zwischendurch an einem Bankautomaten gehalten hatte, völlig pleite.

    Sergej nickte dem Waffenhändler knapp zu und wandte sich zu Vitali um, der ihn skeptisch ansah. Dmitry freute sich scheinbar doch sehr über das Geschäft und verabschiedete sich überschwänglich.

    „Macht es gut und viel Spaß mit der Ware, was immer ihr damit auch machen werdet. Es hat mich gefreut Geschäfte mit dir zu machen, Sergej.“, sülzte Dmitry, doch da hatten seine beiden Kunden schon rasch den staubigen, kleinen Lebensmittelladen verlassen und Dmitry zog sich zufrieden grinsend in seine Hinterkammer zurück.

    Zuvor warf er noch einen liebevollen Blick auf die alte Waffe, die Sergej ihm am Ende noch zugesteckt hatte.

    „Wahnsinn, wo hat der Kerl dieses alte Sammelstück bloß her? Perfekt, mein nächstes Jahreseinkommen ist gesichert!“, sprach er zu sich selbst und brach in fröhliches Gelächter aus.

     

    Eva Maelle Lavoie hatte jegliches Gespür für Raum und Zeit verloren. Ihr war furchtbar kalt und sie zitterte am ganzen Körper, doch sie hatte sich so sehr daran gewöhnt, dass der leichte und monotone Schüttelfrost sie ermüdete. Oft fielen ihr die Augen zu und sie schreckte hoch, wenn sie das Fiepen der gierigen Nagetiere ganz nah hörte, der Holzstuhl bedrohlich knackte oder die unheilvolle Bombe wieder einen Pfeifton von sich gab. Noch aber war der Zeitmechanismus nicht aktiviert worden, doch die Ungewissheit, wann ihr Peiniger sie in diesem frostigen Loch sterben lassen wollte, nagte an ihrem ohnehin schon destabilisierten Nervenkostüm.

    Eva wusste nicht wie lange sie zwischendurch schlief, Zeit und Ort hatten irgendwann jegliche Bedeutung verloren und selbst ihre wirren Gedanken erlahmten allmählich.

    Nach endlos langen Stunden – oder war es gar bereits ein ganzer Tag gewesen - wachte Eva erneut aus einem ihrer Sekundenschläfe auf und hörte ein metallisches Scheppern und kurz darauf gedämpfte, langsame Schritte irgendwo in einem Gang jenseits ihrer Zellentür.

    Die Französin schreckte hoch und plötzlich war sie wieder bei vollem Bewusstsein. Panische Gedanken gingen ihr durch den Kopf. War ihr Peiniger zurückgekommen? War seine grausige letzte Mission geglückt? Wollte er sie nun auch umbringen? Oder würde er sie in der Euphorie des Triumphes einfach frei und laufen lassen?

    Plötzlich kam Eva noch ein weiterer, positiver Gedanke. War die Person vielleicht gar nicht Gluschenko? Hatte die Polizei nach ihr gesucht und stand nun kurz davor sie zu finden? Oder hatte sich ihr geliebter neuer Nachbar Vitali aufgemacht sie zu retten? Oder hatte sie irgendein Landstreicher gefunden, ein Obdachloser? Eva wusste ja nicht einmal ansatzweise, wo sie sich überhaupt befand.

    Da dachte sie näher nach. Sie erinnerte sich an den klinischen, fast chemischen Geruch, spürte den kalten, aber irgendwie weichen Boden unter sicht, dachte an das Geräusch der sich öffnenden Türen, versuchte sich an etwas zu erinnern, das sie hinter Gluschenko gesehen hatte, als dieser in ihre Zelle getreten war. Sie erinnerte sich an eine große, weite Halle, doch die Erinnerung daran war ungenau und schwammig. Vielleicht befand sie sich in einem abgelegen liegenden Industriegebiet. Möglicherweise ein Fabrikgelände oder ein Hangar. Vielleicht in einer alten Chemiefabrik, was den Geruch erklären würde. Aber all dies half der Französin nicht wirklich weiter. In Sankt Petersburg gab es mit Sicherheit Dutzende von Chemiefabriken und Hunderte von alten, ausrangierten Hallen.

    Verzweifelt legte die Französin ihren Kopf gegen den kühlen Boden, als sie wieder die Schritte vor der Tür hörte, die sich ungewöhnlich vorsichtig und stockend bewegten und sich doch sehr schwer anhörten. So schwer hatten die Schritte von Gluschenko nie geklungen! Außerdem würde sich ihr Entführer auf von ihm ausgesuchten Terrain nie so vorsichtig bewegen.

    Eva fasste den Entschluss um Hilfe zu rufen, in der Hoffnung, dass die unbekannte Person, die jetzt wohl unmittelbar in ihrer Nähe stehen musste, sie vernahm und sie befreien würde. Eva versuchte zu schreien, ihre Angst und Not aus sich herauszubrüllen, doch sie hatte den schweren Knebel in ihrem Mund vergessen, an den sie sich schon fast gewöhnt hatte. Kaum ein Laut drang durch den nassen Stoff. Aus ihrem Befreiungsschrei wurde ein undeutliches Stöhnen, ein unartikuliertes Knurren.

    Eva versuchte noch lauter zu schreien, warf sich auf dem Boden hin und her, doch in ihrer misslichen Lage konnte sie sich selbst und den umgekippten Holzstuhl unter ihr nur marginal bewegen. Ein leichtes Klackern ertönte und ihr unterdrücktes Stöhnen, aber trotz grausamster Anstrengungen, konnte sie sich nicht lauter verständlich machen. Verzweifelt rebellierte sie mit jeder Zelle ihres Körpers gegen ihre Fesseln und Knebel und versuchte ihre Bewegungsfreiheit auszuweiten, doch alle Anstrengung war völlig umsonst.

    Da hörte Eva wieder die schweren Schritte, die langsam ihre Tür passierten und irgendwo tiefer im Gang verklangen. Eva riss verzweifelt die Augen auf, obwohl sie ohnehin so gut wie nichts sah, schmiss sich wie eine Furie auf dem Boden hin und her, doch ihre möglicherweise einzige Chance war vertan. Die Schritte waren verklungen und die Schreie und Bewegungen hatten der Französin auch enorm viel Kraft gekostet. Sie fühlte sich jetzt ausgelaugt, enttäuscht und leer.

    Erschöpft sackte die gerade noch so hitzige und wilde Französin geschlagen in sich zusammen. Sie lauschte noch einige Minuten, doch Schritte vernahm sie keine mehr. Mit der drängenden, ungewissen Frage, wer die Person war, die durch diesen Gebäudekomplex schlich, übermannte die Französin erneut eine betäubende, allumfassende Müdigkeit, der sie nach den Anstrengungen der letzten Minuten ihren Tribut zollen musste.

     

    Gluschenko spürte die kalte Mündung der Waffe an seiner Schläfe, als der unbekannte Angreifer ihm endlich vor die Augen trat und böse anlächelte. Gleichzeitig kam ein zweiter Mann von der Rückseite des Aufgangs zum Dach des Wohnhauses jetzt auf Gluschenko zu. Auch er war bewaffnet und musterte seinen Gegner kalt und grausam.

    Gluschenko hatte die beiden Männer gleich erkannt. Rostov und Jaschin arbeiteten beide seit Jahren für die stählerne Maske und hatten gemeinsam mit Gluschenko, der oft der Dritte im Bunde gewesen war, so manche Drecksarbeit für ihren Boss erledigt. Oft hatten die Männer von einem besseren Leben geträumt, daran gedacht alles hinzuschmeißen, eine Revolte zu planen oder die stählerne Maske von ihrem Thron zu stoßen, doch den drei Männern hatte dazu die Unterstützung und der Mut gefehlt. Sie hatten immer wieder versucht durch kleine und unauffällige Manipulationen die Geschäfte ihres Bosses zu vermasseln, um mit diesem Druckmittel höhere Gehälter und mehr Einfluss zu gewinnen oder lästige Konkurrenten los zu werden. Diese hinterhältige Taktik war fast immer aufgegangen, doch irgendwann hatten sich Rostov und Jaschin auch gegen Gluschenko gestellt und dafür gesorgt, dass einer seiner größten Deals platzte. Danach war Gluschenko grausam bestraft worden, niemand hatte seiner Version Glauben geschenkt, da er ohnehin unbeliebt gewesen war und so hatte man ihn aus der Gruppierung schändlich verstoßen. Jahrelang hatte Gluschenko davon geträumt sich nicht nur bei der stählernen Maske, sondern auch bei Rostov und Jaschin zu rächen, die inzwischen in der Hierarchie weit aufgestiegen waren und über einen guten Schutz durch andere Mitarbeiter verfügten. Rostov war eine Art persönlicher Schüler der stählernen Maske geworden, was vielen anderen Mitgliedern überhaupt nicht in den Kram gepasst hatte, während Jaschin versucht hatte den Machtbereich der Organisation auszuweiten. Er war oft für Verhandlungen mit Plichanow unterwegs gewesen, manchmal aber sogar allein in seiner Heimatstadt Nowgorod. Jetzt standen sich die drei Kontrahenten erstmals seit fast zwei Jahren wieder unter völlig anderen Bedingungen gegenüber.

    Rostov, der Gluschenko zuerst bedroht hatte war ein verwegener, ungepflegt wirkender Kerl, der keinen Hehl daraus machte, dass er aus ärmlichen Verhältnissen stammte. Doch sein Aussehen täuschte nur über seine überdurchschnittliche Intelligenz und seine enorme Kreativität hinweg, die ihn zum Liebling seines Meisters gemacht hatten. Rostov hatte einen Vollbart und ein Glasauge, da er sein richtiges Auge vor vielen Jahren bei einer Messerstecherei verloren hatte, als er seine kriminelle Energie noch bei einer großen Jugendgang ausgelebt hatte und mit einer konkurrierenden Bande in Konflikt geraten war.

    Jaschin war das komplette Gegenteil von seinem Begleiter. Er war hochgeschossen, hatte dunkle Lackschuhe an, trug einen teuren, maßgeschneiderten Anzug, sowie zahlreiche Ringe und sogar zwei Armbanduhren. Er kam ursprünglich auch aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch er wollte nichts an seine Vergangenheit erinnern lassen und war im Laufe seiner kriminellen Laufbahn relativ vermögend geworden, was er gerne zur Schau stellte. Sein Haar war halblang und streng gescheitelt und er trug trotz der düsteren Abendstunde eine Sonnenbrille.

    Gluschenko blickte die beiden Männer an, die nun frontal zu ihm standen und ihn mit ihren Waffen bedrohten. Er versuchte sich seine Angst und Nervosität nicht anmerken zulassen, denn gerade vor seinen ehemaligen Weggefährten wollte er keinerlei Schwächen offenbaren. Allerdings überlegte er fieberhaft nach einem Ausweg aus der heiklen Lage. Während er angestrengt nachdachte, hielt er seine beiden Gegner hin, indem er ein Gespräch mit ihnen begann. Da Rostov und Jaschin sich als die eindeutigen Gewinner und für ihr Opfer auch keinerlei Fluchtmöglichkeiten sahen und Gluschenko mit perverser Freude verhöhnen und demütigen wollten, gingen die beiden Jungspunde auf die Konversation ein, was Gluschenko als ersten Erfolg für sich verbuchte, um das Blatt noch einmal zu wenden.

    „Es ist verdammt lang her, dass wir uns das letzte Mal gegenüber gestanden haben.“, bemerkte Gluschenko verbissen.

    „Sicherlich, wir haben im Gegensatz zu dir auch Karriere gemacht, viel gearbeitet und uns mühsam in der Hierarchie hochgearbeitet. Uns gehört die Zukunft.“, gab Jaschin arrogant und überheblich zurück und grinste Gluschenko unverschämt an.

    „Nur die besten kommen eben durch. Du hast damals versucht alles und jeden zu boykottieren, du wolltest uns für deinen Egoismus ausnutzen und uns gegen die stählerne Maske aufbringen. Fast wäre es dir gelungen und wir wären dir auf den Leim gegangen, aber zum Glück haben wir rechtzeitig klar gesehen und konnten die Verhältnisse umstellen. Du hast es nicht besser verdient, du mieser Heuchler. Du hättest noch alle verblendet und Unfrieden gestiftet, solche Egomanen wie du sind der letzte Abschaum der Gesellschaft.“, legte Rostov den Finger in die Wunde seines Gegenübers, der ihn mit puterrotem Gesicht böswillig anstarrte.

    „Lächerlich. Die stählerne Maske hat von der Sache Wind bekommen und euch zur Rede gestellt und euch für euren Verrat vermutlich Geld geboten, weil er mich für den intelligentesten und stärksten der Gruppierung hielt und deswegen loswerden wollte.“, mutmaßte Gluschenko grimmig, dem immer noch nicht alle Details um das damalige Debakel klar geworden waren.

    „Das ist Unsinn. Wir haben selbst unser Gehirn aktiviert, weil du irgendwann zu weit gegangen bist. Ein paar Deals zu vermasseln und selbst ein bisschen abzukassieren ist die eine Sache, aber kontinuierlich der Organisation zu schaden, der man selbst alles zu verdanken hat, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“, gab Jaschin entschlossen zurück.

    „Du warst der Schmarotzer, der sich überall beliebt machen wollte und unterwürfig gab, aber in Wirklichkeit warst du ein unloyaler Verräter und das haben wir lange verkannt, weil du ein guter Redner warst und deine Aktionen uns Geld eingebracht haben. Wir haben nach unserem Gewissen gehandelt.“, stimmte Rostov polternd zu und versuchte möglichst aufbrausend, bedrohlich und beleidigend zu klingen.

    „Als ob ihr irgendein Gewissen hättet!“, rief Gluschenko schallend lachend auf und spuckte geräuschvoll auf den Boden, um seine Gegner zu provozieren und von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken, denn innerlich schmiedete Gluschenko mit fiebriger Energie einen perfiden Plan.

    Langsam wich Gluschenko Schritt für Schritt zur eisernen Tür zurück, die in das oberste Stockwerk des Wohnblocks führte. Die Tür war inzwischen ins Schloss gefallen, doch Gluschenko baute darauf, dass er mit einer schnellen Reaktion die Tür aufreißen und sich in den rettenden Flur werfen konnte, um dann aus einer neuen Deckung seine Kontrahenten aus einer neuen Lage heraus zu überwinden. Sein Vorhaben war äußerst riskant, denn er hat nur einen einzigen Versuch, der sofort gelingen musste. Der Abend war für ihn bereits jetzt zu einem reinen Nervenspiel geworden.

    „Jedenfalls haben wir mehr Anstand, als du mieses Schwein. Du willst nach zwei Jahren im Jammertal den großen Rächer markieren und bringst nachts wahllos Leute aus dem Hinterhalt um, die überhaupt nichts für dein persönliches Schicksal können.“, gab Rostov inzwischen gereizt zurück und fuchtelte drohend mit seiner Waffe.

    „Damit ist jetzt Schluss für dich. Du bist schon einmal an uns gescheitert und jetzt wird es dir wieder schlecht ergehen.“, knurrte Jaschin zustimmend.

    „Nun, man sieht sich immer zwei Mal im Leben!“, gab Gluschenko zweideutig zurück und reagierte plötzlich ansatzlos und schnell wie der Blitz.

    In den Bruchteilen weniger Sekunden packte er den Griff der schweren Tür, riss diese in der selben Bewegung geduckt auf und warf sich mit einem seitlichen Hechtsprung wild zurück in den Wohnblock, wo er unsanft auf die harten Kanten der Treppenstufen stürzte, sich irgendwie abrollte und hinter der nächsten Biegung in Deckung ging. Seine verduzten Gegner hatten nicht einmal die Gelegenheit gehabt überhaupt auf ihn zu schießen.

    Angespannt entsicherte Gluschenko seine Waffe, während die schwere Eisentür wieder zurück ins Schloss fiel. Von seiner Stellung aus hatte er einen guten Überblick über den Aufgang zum Dach, sowie auch zum Treppenhaus und Aufzug, von wo aus man ihn theoretisch auch überraschen könnte, denn Gluschenko rechnete mit einem großen Aufgebot von Mafiosi, die ihm unbedingt in die Quere kommen wollten. Dabei war er insgeheim sogar froh, dass sich alle Aufmerksamkeit so auf ihn konzentrierte, sodass die eigentliche Gefahr völlig unvermittelt und unerwartet zuschlagen würde.

    Doch kaum labte sich Gluschenko an den Gedanken der nahen Zukunft, als er wieder überrascht wurde. Seitlich neben ihm ging knarrend eine Wohnungstür auf und Gluschenko hielt mit rasendem Herzschlag rasselnd seinen Atem an.

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