• Risiken, aber auch viele Chancen

    Von SEBASTIAN KLUTH, 12.03.08, 17:04h

    Von der Globalisierung können nicht nur Entwicklungsländer profitieren. Ein aktuelles Beispiel für die Globalisierung ist aber auch die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum und dessen Umzug nach Rumänien.



    BILD: KSTA


    Die Thematik der Globalisierung wird in jüngster Zeit immer leidenschaftlicher diskutiert. Aus diesem Grund kam mir die Frage meines Schuldirektors, ob ich Interesse an einem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit mehreren Rotary-Clubs der Umge bung mit dem Titel „Frieden und Sicherheit in einer globalisierten Welt“ hätte, sehr entgegen. Und so fand ich mich am vergangenen Wochenende im schönen Schloss Eichholz zwischen Köln und Bonn ein, um mehr über die Globalisierung und ihre Folgen zu erfahren. Das Programm war gespickt mit Referenten verschiedenster Richtungen, die an drei Tagen ihre Ansichten und Analysen zum Thema präsentierten. Neben diversen Professoren und Politikern berichteten beispielsweise auch Rupert Neudeck, Gründer des „Komitee Cap Anamur / Deutsche Notärzte e.V.“ und Vorsitzender des Friedenscorps „Grünhelme“, oder General a.D. Dieter Stöckmann den rund fünf Dutzend Zuhörern zwischen etwa 17 und 27 Jahren von ihren persönlichen Erfahrungen. Dabei wurde eigentlich von den meisten Referenten vermittelt, dass man die Globalisierung als große Chance und nicht als Bedrohung wahr nehmen soll. Die Stimmung unter den jungen Zuhörern war zum Teil noch sehr skeptisch, da viele nicht so recht wussten, ob sie nun für oder gegen die Globalisierung sein sollen. Diese Unsicherheit konnte auch bis zum Ende der Tagung nicht beseitigt werden. Zumindest wurde jedoch erreicht, dass wir uns der Ausmaße der Globalisierung für die Zukunft bewusst wurden, verbunden mit der Gewissheit, dass man solche Herausforderungen in jedem Fall annehmen muss.
     
     
     

    Alle Referenten vermittelten die dringende Notwendigkeit, dass das Solidaritätsgefühl verbessert werden muss und die Länder der Dritten Welt langsam an europäische Standards herangeführt werden müssen, um für mehr Chancengleichheit und Frieden zu sorgen und dass dies nur durch Entwicklungs- und Bildungshilfe passieren kann. Dabei wurde immer betont, dass die Globalisierung, trotz ihrer wirtschaftlichen Aspekte, nur mit einem gewissen Maß an Moral und Ethik funktionieren kann und dass alle an einem Strang ziehen müssen, da die Welt in einem großen Transformationsprozess steckt, in dem der Einzelstaat antiquiert wirkt.

    Pauschal betrachtet ist die Globalisierung ein Prozess rapide zunehmender internationaler Verflechtungen in fast allen wesentlichen Bereichen wie Wirtschaft, Klima und Umweltschutz, Gesellschaft und Kultur, Politik und Kommunikation. Diese Globalisierung fand durchaus auch in der Vergangenheit schon statt, beispielsweise durch die Gründung des Völkerbundes (1919) oder der Vereinten Nationen (1945), und schreitet nun immer weiter fort. Einige Politiker wiesen darauf hin, dass in so genannten Schwellenländern wie Russland, Indien oder China dank der Globalisierung viele Menschen aus sozial niedrigeren Schichten an eine solide Mittelschicht herangeführt wurden. Ein aktuelles Beispiel für die Globalisierung ist aber auch die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum und dessen Umzug nach Rumänien. Obwohl dieser Umzug Ar beitsplätze in Deutschland gefährdet, hielten viele der anwesenden Politiker diese Entwicklung für normal und richtig, da somit auch die so genannten Schwellenländer an unsere Standards angepasst werden und wir letztendlich durch die Öffnung der Weltmärkte und Fremdkapitale wieder davon profitieren. Durch ein konsequentes Mitziehen in der Globalisierungspolitik würde Deutschland auch wieder „attraktiver“ werden, so dass ausländische Studenten und Firmen sich langfristig wieder ansiedeln würden und somit der Wirtschaft einen neuen Schub geben könnten. Trotz aller aktueller Probleme wurde den Zuhörern vor allem eines vermittelt: Moralische Werte, Solidarität und Optimismus sind in einer modernen Welt gefragter denn je.

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  • Plädoyer für den Religionsunterricht


    In letzter Zeit entbrannte unter Politikern, aber auch in der Gesellschaft, wieder einmal die Diskussion, ob Religionsunterricht in den Schulen noch zeitgemäß sei und ob man nicht auch einen islamischen Religionsunterricht anbieten solle. Meiner Meinung nach sollte der Religionsunterricht, wie er jetzt existiert, auch weiter angeboten werden.

    Es steht jedem Schüler frei, ob er als Ersatzfach praktische Philosophie wählt oder nicht. In vielen modernen Religionskursen ist es längst nicht mehr Gang und Gäbe, dass einfach irgendwelche Bibelstellen platt vorgetragen werden, viel mehr leistet der Religionsunterricht in meinen Augen eine wichtige Arbeit, in dem er jungen Menschen soziale Werte vermittelt und zeigt, wie Menschen miteinander umgehen sollten.

    Dieser sozial-kulturelle Aspekt wird oftmals auf spielerische Weise mit historischem Hintergrundwissen angereichert und auch andere Religionen und deren Dogmen werden vorgestellt, sodass die Jugendlichen im Umgangen mit Menschen anderer Konfessionen entscheidend sensibilisiert werden. Gerade in der heutigen Gesellschaft und im Zeitalter der Immigration und Globalisierung sind ethische Werte mehr gefragt denn je.

    Daher halte ich den Religionsunterricht, vorausgesetzt er wird so zeitgemäß umgesetzt wie oben beschrieben, für essentiell. Die Thematik einer möglichen Einführung eines islamischen Religionsunterrichts, wie er von den Grünen verlangt wird, halte ich für weniger angemessen. Wenn man einer islamischen Minderheit dieses Privileg anbietet, müsste man über kurz oder lang auch den Menschen, die beispielsweise dem hinduistischen oder buddhistischen Glauben anhängen, ihren „eigenen Religionsunterricht“ anbieten, denn ansonsten würde eine bestimmte Religion wieder bevorzugt werden, was zu Unverständnis und Konflikten führen könnte. Zudem wäre ein solcher islamischer Religionsunterricht bezüglich der Integration der Menschen mit Migrationshintergrund auch kontraproduktiv, da sie wieder bewusst ausgeschlossen und von andersgläubigen Schülern getrennt werden würden.

    Die sozialen Werte, die im Religions- oder auch im Philosophieunterricht vermittelt werden, bringen die verschiedenen Kulturen hingegen einander näher und sollten daher ein Pflichtprogramm für alle Schüler sein, damit ihnen Toleranz eingeimpft und mit Vorurteilen aufgeräumt wird. Zudem ist ein gewisses Maß an Anpassung und Identifizierung bezüglich der Sitten und der Sprache des Gastlandes von wichtiger Bedeutung, da sonst die Zukunftschancen immigrierter Jugendlicher enorm gefährdet wären.

    Besonders gläubigen, islamischen Schülern steht es darüber hinaus natürlich frei, sich in ihrer Freizeit mit ihren religiösen Bräuchen zu beschäftigen und auch dort gibt es heute, gerade auch in Köln und Leverkusen, schon vielfältige Freizeitangebote, was sich zukünftig noch intensivieren könnte. Dort sollte der Staat die Hebel ansetzen und solche Angebote eingehend unterstützen und – nötigenfalls - auch kontrollieren.

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  • Die allerletzte Chance

     

    Von SEBASTIAN KLUTH, 07.05.08, 17:18h, aktualisiert 30.05.08, 21:39h

     

    Schüler des evangelischen Religionsgrundkurses des Werner-Heisenberg-Gymnasiums besuchten die Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg. Die Häftlinge klagten über fehlende Unterstützung von Behörden.

     
    BILD: KSTA
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    Junge-Zeiten-Mitarbeiter Sebastian Kluth besuchte die JVA in Siegburg.

     

    Leverkusen - - Diakonin Angelika Knaak-Sarayeko ist ständiger Gast in Siegburg. Sie trifft sich in der dortigen JVA mit den Gefangenen, gestaltet die Gottesdienste und hatte die Idee für einen Schülerbesuch. Die fand auch bei Bruno Schmidt-Späing, Lehrer am Werner-Heisenberg-Gymnasium, großen Anklang. Und dann war es soweit. In der JVA angekommen, mussten Personalausweise abgegeben und Mobiltelefone sowie Fotoapparate in ein Schließfach gelegt werden. Dann ging es in den Innenhof. Die ersten Eindrücke: Die glatte, fast zehn Meter hohe Mauer. An anderen Stellen waren doppelte Rollen Stacheldraht zu sehen.

    Kahles Gebäude, vergitterte Fenster

    Wir gingen auf auf einem asphaltierten Weg in Richtung des neuen Gefängnistraktes weiter. Auf einem großen Sportplatz mit Fußballtoren spielten einige Häftlinge. Das Gebäude war kahl, die Fenster der Zellen waren kleinmaschig vergittert. Inzwischen hatten sich sieben Häftlinge zu uns gesellt. Gemeinsam erreichten wir das oberste Stockwerk und gelangten in ein sehr großes, warm eingerichtetes Zimmer, das evangelische Gemeindehaus. Alle nahmen Platz. Für uns Schüler eine ungewohnte Situation. Wir waren im Stuhlkreis von den Gefangenen deutlich getrennt. Die Häftlinge trugen allesamt Jogginghosen, unterschieden sich aber von uns keineswegs durch eine „Anstaltskleidung“. Um die Stimmung aufzulockern, sangen wir ein religiöses Lied. Die Diakonin spielte Gitarre, ein Gefangener trommelte rhythmisch dazu. Er berichtete später, dass er „draußen“ Schlagzeuger in einer Heavy Metal Band sei.

    Überhaupt waren die Gefangenen musikalisch. Zwei waren Rapper, einer davon spielte zudem regelmäßig Klavier bei den Gottesdiensten. Wir erzählten, dass unser Besuch vor allem auf Neugier basiere, aber wir auch das Bedürfnis verspürten, mehr über den Alltag im Gefängnis zu erfahren. Alle Schüler hatten sich zuvor mit der Diakonin getroffen. Auch der Vorfall, als ein jugendlicher Inhaftierter im November 2006 in dieser JVA zu Tode gekommen war, wurde dabei im Unterricht thematisiert. Jetzt wurde uns geschildert, wie ein normaler Tag im Leben eines Häftlings aussieht. Wecken gegen 5.45 Uhr! Meist folgt das Frühstück, dreimal in der Woche auch zunächst der Gang zur Dusche. Einer unserer Gesprächspartner arbeitet an seinem Realschulabschluss, um später eine kaufmännische Ausbildung machen zu können. Der Unterricht im Gefängnis wird von Lehrern einer Abendschule in Siegburg erteilt. Andere sind tagsüber in einer gefängnisinternen Holz- oder Metallfabrik beschäftigt, manche erledigen Aufräumarbeiten und den Küchendienst. Pro Tag haben die Häftlinge in der Regel eine Stunde Freigang. Hin und wieder sei es in dieser Zeit zu Auseinandersetzungen mit Mitgefangenen kommen, berichteten die Häftlinge.

    Einzelgänger und Außenseiter

    Ein Gefangener erwähnte, dass gerade die russischen Insassen unter sich bleiben und sich mit Vorliebe auf Einzelgänger oder Insassen anderer Nationen stürzen würden. Sie würden sich selbst weiterhin zu Außenseitern machen und nach solchen Vorfällen gesonderte Freigangszeiten bekommen. Es gebe aber auch Ausnahmen. Einer unserer Gesprächspartner, selbst Russe, bestätigte jedoch das geschilderte Verhalten bei dem Großteil seiner Landsleute. Der Tag der Gefangenen endet offiziell um 21 Uhr mit dem Einschließen in die Zelle. Die Einzelzellen durften wir uns nicht ansehen. Sie sollen zwei mal vier Meter umfassen, die Toilette befindet sich unabgetrennt mitten im Raum. Die Gefangenen berichteten, dass die Beziehungen in der JVA eher Zweckgemeinschaften gleichen. Viele ehemalige Häftlinge, die versprochen hätten, ihren Schicksalsgefährten regelmäßig zu schreiben, würden sich nicht mehr melden. Auch vermeintliche Freunde von „draußen“ würden sich mit den Gefangenen nicht mehr abgeben wollen. „Wir leben am Rande der Gesellschaft“, stellte ein Gefangener fest. „Viele denken, im Gefängnis zu sein wäre cool, weil man da als besonders hart anerkannt wäre, aber das ist Bullshit.“ Im Gefängnis merke man schnell, wer die wirklichen Freunde seien und wer zu einem stehe. „Oft ist es so, dass du niemanden hast“, merkte ein anderer Häftling an. Andere sagten, man müsse im Gefängnis seine allerletzte Chance nutzen und sich als besonders willensstark erweisen. Ein Gefangener kritisierte die mangelnde Unterstützung einiger Behörden. „Ich werde das Gefängnis in zwei Monaten verlassen und habe nur über die Diakonin Informationen über mögliche Jobangebote erhalten.“ Das Problem sei aber, dass es „draußen“ Anmeldefristen gibt, die er nicht kenne und deshalb nicht einhalten könne. „Zudem muss ich erst einmal einen manchmal langwierigen Antrag stellen, damit ich ein Bewerbungsschreiben erstellen darf. Damit stehe ich wieder vor neuen Problemen, obwohl ich an meiner Lage etwas ändern will,“ führte einer der Häftlinge aus. Er sprach von Wohnheimen für ehemalige Gefangene, die er für kontraproduktiv hält. „Man ist dort doch wieder von der Gesellschaft ausgegrenzt und es dauert nicht lange, bis man mit einem der Mitbewohner aneinander gerät und da viele Leute nur auf Bewährung dort sind, müssen sie nach solchen Vorfällen wieder ins Gefängnis.“

    Religionslehrer Bruno Schmidt-Späing hatte einige Lebensmittel mitgebracht. Die Gefangenen bedankten sich und erzählten, dass die „Fabrikarbeiter“ pro Tag nur 10,95 Euro verdienen. Etwa die Hälfte davon wird dem Gefangenen als Übergangsgeld bei der Haftentlassung ausgezahlt, die restliche Summe erhält er zum Einkaufen.

    Antrag fürs Kochen

    Einmal im Monat ist für die Gefangenen eine Art Kiosk geöffnet. Die Artikel seien aber teuer. Wer etwas kochen möchte, muss einen Antrag stellen, um in die Küche gehen zu dürfen. Mehr als drei Häftlinge dürfen sich dort nicht aufhalten. Der Besuch des Gottesdienstes ist für viele Häftlinge wichtig. „Es tut einfach gut, mal neue Gesichter zu sehen. Sonst verblödet man in seiner Zelle,“ meinte einer. Zum Abschluss unseres Besuches sollte jeder Schüler jeweils für einen Häftling und umgekehrt ein „Wunschwort“ auf ein Holzstück schreiben: Ein afrikanischstämmiger Häftling schrieb „Kein Krimi“ und meinte „no crime“ (kein Verbrechen). Wenn selbst Häftlinge so denken!

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  • Scheinbar unwichtiger Unterricht

     

    Von Sebastian Kluth, 04.06.08, 16:54h

     

    Das Fach ist vom Aussterben bedroht, aber für die Schüler wichtig und lehrreich. Im Literaturkurs proben Gymnasiasten ein Theaterstück, das den Zwölftklässlern viel abverlangt.

     

     

     
    Theatertruppe des Werner-Heise
     
    Die Theatertruppe des Werner-Heisenberg-Gymnasiums führt das Stück „Romulus der Große“ auf. (Bild: privat)

     

    Leverkusen - Ein düster gekleideter Patrizier und ein Kaiser im Schlafrock stoßen mit blutrotem Wein auf die Gerechtigkeit an, als plötzlich ein Schmerzensschrei erklingt. Verschreckt kriecht der Innenminister unter dem Holztisch hervor. Der Kaiser hat ihm auf die Hand getreten und diese ist nun blutverschmiert. Nach und nach geben düstere Gestalten ihre Verstecke preis und kreisen den Kaiser ein. Sie haben Dolche gezückt, die Situation scheint ausweglos. Plötzlich ertönt es in höchster Angst: „Die Germanen kommen!“ Panisch ergreifen die Verschwörer die Flucht. Kaiser Romulus bleibt fassungslos sitzen.

    „Halt! Den letzten Teil machen wir noch einmal! Romulus, nicht den Rücken zum Publikum drehen! Innenminister, Du darfst nicht lachen, nicht einmal grinsen! Ein jeder muss auf Romulus' Rede reagieren, egal ob er Text hat oder nicht! Der Patrizier lauter und deutlicher, bitte!“

    Entnervt kehren die Akteure an ihren Platz zurück. Unruhe macht sich breit. Der Innenminister hat vom minutenlangem Verharren unter dem Tisch Rückenschmerzen. Der Kaiser von Ostrom schwitzt sich unter seinen Gewändern zu Tode und hat im heillosen Durcheinander seinen Haarreif verloren. Es ist Dienstag, gegen 17.40 Uhr. 20 Minuten vor Unterrichtsschluss und noch etwa drei Wochen bis zur Aufführung. Die Szene sitzt immer noch nicht richtig. Wir befinden uns im Literaturkurs von Claudia Hierholzer, wir sind Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 des Werner-Heisenberg-Gymnasiums und arbeiten am letzten Schliff für die Premiere des Dramas „Romulus der Große“, einer „ungeschichtlichen historischen Komödie“ von Friedrich Dürrenmatt. Es scheinen noch so viele Dinge schief zu laufen. Dem Innenminister und dem Kaiser fehlen passende Kostüme, die Stimmen aus dem Off sind noch nicht aufgezeichnet, die Lichttechnik wurde noch nicht arrangiert, große Teile der Bühnenrequisiten fehlen und die Zeit läuft erbarmungslos gegen uns.

    Hochmotiviert

    Trotz des späten Unterrichts und der zermürbenden Feinarbeit sind alle bis unter die Haarwurzeln motiviert. Als wir Anfang des Schuljahres den Theaterkurs (offizielle Bezeichnung: Literaturkurs) als Unterrichtsfach aus dem musischen Bereich wählten, wussten viele nicht, was sie genau erwarten würde. Seitdem gab es Proben am Wochenende, Kurstreffen in Köln und es wurden die letzten verstaubten Kisten voller Spinnweben aus den dunklen Archiven des Schulkellers befreit. Die Anzahl bestellter Pizzen, absonderlicher Versprecher oder verpasster Auftritte wurde irgendwann nicht mehr mitgezählt.

    Dieser Kurs lässt sich nicht mit den anderen Pflichtfächern der Oberstufe vergleichen. Hier arbeitet nicht jeder für sich, denn es funktioniert nur im Kollektiv. Wir mussten lernen, uns selbst zu kritisieren, aber auch die Mitschüler zu beurteilen und zu motivieren. Wir mussten lernen, unsere eigenen Vorlieben und Selbstinszenierungen zurückzuschrauben, damit das Stück für uns alle funktioniert. Wir bekamen nicht beigebracht, was wir zu tun hatten, sondern mussten Kostüme, Bühnenbilder und Requisiten selbst gestalten, Verhaltensweisen entwickeln, überprüfen und gegebenenfalls wieder verwerfen. Im Gegensatz zu Fächern wie Deutsch oder Philosophie mussten wir einen gänzlich anderen Umgang mit Literatur erlernen. Wir brauchten die Figuren des Stücks nicht zu charakterisieren, sondern versuchten, den Charakteren über Nachdenken, Diskussionen und Spiel so nah wie möglich zu kommen, sie und ihr Handeln verstehen zu wollen, um irgendwann eins mit ihnen zu werden. Etwas von ihnen steckt auch in uns. Wir mussten Zeitpläne aufstellen, Ideen entwickeln, finanzielle Ausgaben berücksichtigen und Werbung für unsere Aufführungen machen.

    Aber dieses vielseitige Fach ist mehr bedroht denn je. Die G8-Reform (Gymnasiale Schullaufbahn mit dem Abitur nach acht Jahren) sieht nach der Verkürzung der Schulzeit auf insgesamt zwölf Jahre vermutlich auch Kürzungen in solchen Fächer vor, die scheinbar weniger wichtig sind als Naturwissenschaften oder Fremdsprachen - in Fächern wie Musik und Kunst oder eben Theater. Mit diesen irrtümlichen Ansichten muss aufgeräumt werden.

    Solche Fächer sind keinesfalls entspannender Unterricht, in dem man schnell eine gute Note bekommt, kaum Hausaufgaben machen muss und nichts „Wesentliches“ lernt. Im Gegenteil, denn der Literaturkurs fördert und fordert nicht nur die gegenseitige Unterstützung in einer Gruppe und eröffnet nicht nur eine neue Sichtweise auf die Literatur, sondern trägt viel mehr zur Entwicklung und Erziehung junger Menschen bei: Andere Verhaltensweisen müssen kritisch betrachtet, aber auch akzeptiert werden, man muss lernen, sich in eine Gruppe zu integrieren und nicht nur für sich selbst zu kämpfen, sondern für alle.

    Auch an Dingen wie der Selbsteinschätzung, dem Umgang mit Druck und Kritik, der Beziehung zu Zeit, Kunst und Geld wird enorm gearbeitet. Deshalb kann ich nur dafür plädieren, dass man diesem Fach in Zukunft eher mehr Beachtung und Wertschätzung einräumt, anstatt es möglicherweise ganz fallen zu lassen.

    Übrigens: Wer neugierig geworden ist, ist herzlich eingeladen, sich heute oder morgen, 5./6. Juni, jeweils um 18.30 Uhr in der Aula des Werner-Heisenberg-Gymnasium unsere Aufführung "Romulus der Große" anzuschauen.

     

     

     

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  • Kein Privileg für Erwachsene

    Politik sollte auch von Jugendlichen aktiv betrieben werden

     

    Von Sebastian Kluth, 23.07.08, 19:25h

     

    Annika Söllinger schaffte mit 14 Jahren den Sprung in den NRW-Jugendlandtag und setzt sich seitdem für die Interessen von Kindern und Jugendlichen ein.

     
    Jupa
     
    Annika Söllinger lebt in Leichlingen und besucht die Marienschule in Opladen. Die 14-jährige Gymnasiastin mischt nicht nur im Leichlinger Jugendparlament mit, sondern nahm kurz vor den Ferien auch am nordrhein-westfälischen Jugend-Landtag teil. (Bild: Privat)
     

    Leichlingen - Annika Söllinger ist ein ganz normales, 14-jähriges Mädchen aus Leichlingen, das an der Marienschule in Opladen zum Unterricht geht. Doch sie hat ein für ihr Alter eher untypisches Hobby, mit dem sie sich von den meisten anderen Jugendlichen unterscheidet: Sie setzt sich bereits seit etwa vier Jahren politisch für die Rechte und Ideen der Jugendlichen ein und ist Mitglied des Leichlinger Jugendparlaments. Kurz vor den Sommerferien gelang ihr zudem ein ganz besonderer Erfolg: Sie nahm auf Grund einer Empfehlung der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Leichlingen vom 22. bis 24. Juni am Jugend-Landtag teil und das, obwohl sich die Jugendlichen eigentlich im Alter von 16 bis 20 Jahren bewegen sollten. Annika erhoffte sich von der Teilnahme vor allem einen genaueren Einblick in die Arbeit der Landtagsabgeordneten, zudem möchte sie den Politikern auch beweisen, dass sie - stellvertretend für die Jugend allgemein - Interesse an politischer Arbeit hat und dass junge, engagierte Schüler gemeinsam viel bewegen können und es eine kreative politische Zukunft in Deutschland gibt.

    Die in Düsseldorf erarbeiteten Gesetzesentwürfe und Kompromisse sollen möglicherweise auch entsprechend in den Landtag einfließen. Hinter der bemerkenswerten Entwicklung der jungen Schülerin steckt jedoch eine längere Geschichte. Bereits vor fünf Jahren, als Annika noch in die vierte Klasse ging, erfuhr sie zum ersten Mal von dem Konzept des Jugendparlaments und war sogleich interessiert, obwohl sie heute zugibt, dass sie damals noch nicht genau wusste, was es damit genau auf sich haben könnte. Ihre Neugierde war schließlich stärker und so ließ sie sich zur Wahl stellen.

    Mit einem Erfolg hat sie damals selbst nicht gerechnet, doch sie wurde tatsächlich gewählt und ist dem Parlament seitdem treu geblieben. Die Entstehung des heutigen Jugendparlaments war überhaupt erst auf Grund der Initiative der Jusos, der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD, in Gang gesetzt worden, die nach den ersten Jugendratsitzungen in den Jahren 1998 und 1999 die „AG Kinder-und Jugendparlament“ gegründet hatten. Ein Jahr später wurde die Einrichtung beider Parlamente beantragt, die kurz darauf vom Leichlinger Stadtrat beschlossen wurde. Im Anschluss daran wurde die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit den Antragstellern ein Konzept zu entwickeln, das im Juni 2000 in den Jugendhilfeausschuss eingebracht wurde.

    Beachtliche Erfolge

    Nachdem das Konzept wieder im Jugendhilfeausschuss, im Haupt-und Finanzausschuss und im Rat beschlossen wurde, startete für das Schuljahr 2000 / 2001 die erste Wahlperiode. Seitdem konnten die Jugendlichen im Parlament bereits einige beachtliche Erfolge erzielen. So wurde beispielsweise ein Fußweg für Schüler der Körperbehindertenschule beschlossen, Trendspiele wurden an den Grundschulen Leichlingens verboten, aber es wurden auch Renovierungsanträge gestellt, um für saubere und funktionstüchtige Toiletten in Schulgebäuden zu sorgen. Generell laufen solche Beschlüsse folgendermaßen ab: Die Anliegen der Kinder und Jugendlichen werden gesammelt und auf ihre Durchführbarkeit hin untersucht. Danach werden sie an die zuständigen Arbeitskreise weitergegeben und dort überarbeitet, bevor über den Antrag in einer Sitzung des Jugendparlaments endgültig entschieden wird. Dieser wird dann an die städtischen Fachämter weitergeleitet und von dort an die entsprechenden Ausschüsse der Stadt.

    Annika Söllinger beschreibt die Arbeit im Parlament als sehr vielseitig, da viele Ideen der Jugendlichen auch konkret selbst umgesetzt werden können. So werden über das Parlament auch schon einmal Konzerte oder Turniere aller Art organisiert. Der Aufwand im Leichlinger Jugendparlament hält sich laut Annika auch einigermaßen im Rahmen. Einmal im Monat gibt es so genannte Arbeitskreissitzungen, dreimal pro Jahr wird über Anträge beraten. Die jeweiligen Sprecher der Parlamente tagen zudem noch etwa drei bis vier Mal jährlich im Jugendhilfeausschuss, in dem sich die verschiedenen Mitglieder über aktuelle Themen und Entwicklungen austauschen und sich gegenseitig unterstützen.

    Einmal im Jahr gibt es zudem in Herne einen umfangreichen Workshop für alle Jugendparlamente aus Nordrhein-Westfalen. Das Ganze hört sich sehr interessant, vielseitig und professionell an, aber wie kann man selbst Teil dieses Jugendparlaments werden? Auch hierfür kennt Annika einige nützliche Tipps. Jeder, der bereit ist, sich für andere Kinder und Jugendliche einzusetzen und dafür gerne einen Teil seiner Freizeit opfert, ist für ein Engagement prädestiniert. Man muss keiner Partei angehören, denn es wird in den entsprechenden Schulen in Leichlingen gewählt, wobei es aber auch zwei Externensitze gibt, von denen Annika einen bekleidet, da sie ja zur Marienschule geht.

    In den Kinderschuhen

    Sie hofft zudem noch auf mehr Unterstützung seitens gleichaltriger Jugendlicher, damit die Vorschläge und Ambitionen auch auf Landesebene von den Erwachsenen endgültig ernst genommen werden. Auch von Nichtmitgliedern des Parlaments wird für Veranstaltungen gerne Hilfe in Anspruch genommen, denn zusammen kann man viel bewegen. Es bleibt daher zu hoffen, dass es bald noch mehr Jugendparlamente geben wird, damit dieses aussichtsreiche Projekt, das größtenteils noch eher in den Kinderschuhen steckt, an Einfluss gewinnen kann. An dieser Stelle sei deshalb ein ausdrücklicher Appell vor allem an die Leverkusener Politiker und Schulen gerichtet, für diese Projekte noch mehr Werbung zu machen.

    Für Annika Söllinger steht indes schon heute fest, dass sie längerfristige politische Arbeit verrichten möchte, da ihr die bisherige Arbeit wichtige Erfahrungen gebracht hat. Doch dieser Entschluss muss gut überlegt sein, wie sie selbst sagt: „Ich werde mir erst die einzelnen Parteien und ihre Programme angucken, um mich dann zu entscheiden, in welcher ich mir eine Mitarbeit vorstellen kann“.

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