by Sebastian Kluth
Ich war letzten Mittwoch auf meinem ersten Konzert seit 27 Monaten: Apocalyptica und Lacuna Coil im MTelus in Montreal.
Eigentlich hätte das Konzert im Frühjahr 2020 stattfinden und Apocalypticas damals brandneues Album Cell-0 zelebrieren sollen. Der Konzerttermin war damals an einem Samstag und damals gab es noch Mitternachtsbusse nach Ottawa, sodass ich problemlos dort hin und zurück gekommen wäre. Der Termin ist dann um ein Jahr verschoben und letztes Jahr noch einmal um ein weiteres Jahr verschoben worden. Am 4. Mai 2022 war es dann jetzt so weit. Problematisch war dann halt, dass das Konzert mitten unter der Woche in einer über zwei Stunden entfernten Stadt stattfand und die Busfirma von damals längst Pleite gemacht hat, sodass ich nachts nicht mehr aus Montreal wegkommen würde. Somit habe ich mich entschieden ganz edel per Zug zu reisen.
Ich habe am Mittwoch ganz regulär bis 15:08 Uhr gearbeitet und dann von Gatineau aus ein Taxi zum Bahnhof in Ottawa genommen. Ich war so um 15:50 Uhr am Bahnhof und um 16:10 Uhr sollte der Zug fahren. Der fuhr schlussendlich sogar schon um 16:09 Uhr los. Dort habe ich mir dann erst einmal ein Getränk und einen kleinen Snack gegönnt. Um 18:20 Uhr war der Zug dann pünktlich in Montreal. Dort habe ich dann die Metro genommen und bin erst einmal in den CD-Laden meines Vertrauens gegangen, wo ich seit zweieinhalb Jahren nicht mehr gewesen war. Dort habe ich Musik von Dream Theater, Saint Vitus und The Strokes ergattert. Danach ging es dann zu Fuss zur Konzerthalle, was etwa eine Viertelstunde gedauert hat.
Der Einlass hat nicht länger als zwei Minuten gedauert und lief freundlich und schnell ab - Respekt an die Security! Danach habe ich erst einmal nach Merchandise geguckt. Die Preise sind in den letzten zweieinhalb Jahren jedenfalls nicht gestiegen, in diesem Fall sogar eher leicht gesunken - löblich! Für mich war trotzdem nichts Interessantes dabei. Ab ging es in die Konzerthalle, die wie ein Theater aufgebaut ist. Auf der Empore gibt es Sitzplätze und wer zu erst kommt, der ergattert dann halt welche. Getrennt gibt es noch zwei VIP-Lounges direkt schräg oberhalb der Bühne, die etwas mehr kosten. Alle anderen Gäste finden unten Platz. Im hinteren Bereich gibt es abgestufte Abtrennungen mit ein paar Tischen, wo man sich hinstellen, abstützen und sein Getränk abstellen kann. Ganz vorne ist eine grosse Fläche direkt vor der Bühne ohne irgendwelchen Schnickschnack. Genau dort habe ich mich hinbegeben. Vorher habe ich mir noch ein Bier geholt, für zehn Dollar gab es ein hervorragendes Bier aus einer Kleinbrauerei. Das ist für kanadische Verhältnisse preiswert, bei Sportveranstaltungen kostet das Ganze noch einmal deutlich mehr.
Das Konzert sollte um 20 Uhr anfangen, letztlich ging es sogar schon um 19:57 Uhr los. Lacuna Coil sind auf ihren Alben meist sehr durchwachsen. Live ist die Band aber absolut grossartig. Der Sound war sehr schön ausgeglichen, die Band hatte sichtlich Spass auf der Bühne und hat immer wieder freundlich mit dem Publikum kommuniziert. Die Band hat so etwa fünfzig Minuten gespielt und insgesamt neun Lieder gezockt. Das hat für mich genau richtig gepasst.
Ein paar Worte zu der Stimmung und den anderen Konzertbesuchern. Es wurde freudig mitgesungen und geklatscht. Angenehmerweise gab es aber kein Crowdsurfing, Moshpits oder Walls of Deaths - sehr gut! Überhaupt fand ich die Konzertbesucher respektvoll. Niemand hat gedrängt oder gedrückt und es mussten auch nicht alle zwei Minuten Leute auf Toilette oder zur Bar - klasse! Die meisten Menschen haben tatsächlich über drei Stunden an fast derselben Stelle gestanden. Einige Damen vom Cateringservice sind hin und wieder vorsichtig durch das Publikum gegangen und haben Getränke verkauft. Das haben die so gut gemacht, dass es niemanden irgendwie gestört hat, was ich durchaus auch anders kenne. Was Masken angeht, so trugen manche Leute eine und andere wiederum nicht. Ich habe meine Maske komplett durchgetragen, ausser als ich ganz anfangs mein Bier getrunken haben. Angenehmerweise gab es im Publikum keine Kommentare oder Anfeindungen zwischen Maskenträgern und NIchtmaskenträgern - leben und leben lassen war hier das Motto.
Nach etwa einer halben Stunde Umbauarbeiten kamen dann Apocalyptica auf die Bühne - drei Cellisten und ein Schlagzeuger. Die Band hat fast zwei Stunden gespielt und bot eine sehr ausgewogene Mischung an. Es gab einige eigene Instrumentalstücke zu hören wie das Konzerthighlight ''En Route to Mayhem'', ''Grace'' und ''Path''. Dann gab es einige Lieder mit Cristina Scabbia und Franky Perez am Gesang wie ''S.O.S. (Anything but Love)'', ''Shadowmaker'' und das brandneue ''I'll Get Through It'', das man vor zwei Jahren noch gar nicht hätte spielen können. Zuletzt gab es dann auch einige Coversongs, mit denen Apocalyptica ja in ihrer Anfangszeit berühmt wurden, beispielsweise ''Inquisition Symphony'' von Sepultura, ''Nothing Else Matters'' von Metallica und Edvard Griegs ''Hall of the Mountain King''. Zwischen oder in den siebzehn Liedern gab es auch immer mal wieder kleinere Improvisationen, so wurde beispielsweise die kanadische Nationalhymne gespielt. Um etwa 23:15 Uhr war das Konzert nach einer Zugabe dann vorbei.
Danach bin ich erst einmal etwas essen gegangen, da ich vor dem Konzert nicht die Zeit dazu gehabt hätte. Gegen Mitternacht war ich dann fertig und hatte danach zwei Möglichkeiten: entweder mir für weniger als fünf Stunden ein Hotelzimmer zu nehmen oder aber einfach ein wenig spazieren zu gehen um auf den ersten Zug zu warten. Ich habe mich für letzteres entschieden und die Nacht durchgemacht. Am Bahnhof gab es dann so um 5:30 Uhr tatsächlich ein ordentliches Frühstück. Den Zug konnte man dann ab 5:50 Uhr betreten, die Abfahrt fand um 6:11 Uhr statt. Um 8:20 Uhr war ich dann wieder in Ottawa, dort ging es mit Strassenbahn und Bus zurück nach Hause, wo ich dann so gegen 9:15 Uhr war. Da habe ich dann in aller Ruhe geduscht, meine Einkäufe weggeräumt und mich für die Arbeit fertig gemacht. Dort war ich dann auch pünktlich und habe den Tag souverän heruntergespult. Ein wenig Schlaf habe ich dann halt am Wochenende nachgeholt.
Insgesamt war der erste Konzertbesuch nach so langer Zeit eine wunderbare Erfahrung. Ich freue mich bereits jetzt auf weitere Konzert in absehbarer Zeit. Die nächsten Termine sind im Juli in Deutschland und im August wieder in Kanada. Mal schauen ob sich dazwischen hier und da auch noch etwas findet.