Eklablog
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by Sebastian Kluth

Kapitel 40

 

Kapitel 40: Donnerstag, 17 Uhr 43, Thomas Zimmer


Thomas trat gerade stöhnend aus der Dusche, als er ein zaghaftes Klopfen an seiner Tür hörte. Rasch zog er sich etwas an und öffnete ungekämmt die Zimmertür. Er war angenehm erstaunt, als er den Butler sah, der hektisch um Einlass bat, dann eintrat und die Tür nervös hinter sich zudrückte.

Der Butler wirkte gehetzt, drängte sich an Thomas vorbei, der ihm einen Platz anbot. Dann ließ er sich auf dem kleinen Holzstuhl nieder und wischte sich mit einem Seidentaschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Thomas nahm währenddessen auf der Bettkante Platz und musterte den unerwarteten Besuch mit Spannung.

„Ich habe nicht viel Zeit, denn ich muss unten noch die Tische decken und dem Koch helfen, aber ich muss einfach noch einmal mit Ihnen sprechen.“, stammelte der Butler und atmete tief und stockend ein.

„Worum geht es denn?“, fragte Thomas.

„Sie müssen mich vor den anderen Gästen schützen. Ich bin eben tausend Tode gestorben. So etwas darf nicht noch einmal passieren. Garantieren Sie für meine Sicherheit?“, fragte der Butler den erstaunten Polizisten.

„Nun, ich werde alles dafür tun und versuchen, die Situation unter Kontrolle zu halten. Aber wir befinden uns in einer extremen Lage, in der die Nerven blank liegen. Natürlich ist die Aktion von Gwang-jo nicht damit zu entschuldigen. Sie sind aber nicht der Erste, der mit ihm aneinander geraten ist. Ich hatte beispielsweise auch schon mehrere Ausseinandersetzungen mit ihm.“, erklärte der Schotte gelassen.

„Der Kerl ist ein Risiko für alle Anwesenden! Passen Sie gut auf.“, mahnte der Butler ihn fast flehend und blickte ihn dabei ängstlich an. Thomas nickte gutmütig.

„Wir werden Sie schützen.“, antwortete er und sah, dass sein Gegenüber erleichtert zurücksank und die Spannung langsam von ihm wich.

„Ich habe noch eine Bitte.“, erwähnte der Butler nach einigen Sekunden des Schweigens und fuhr wieder aus seiner entspannteren Lage hoch.

„Sprechen Sie.“, bat ihn Thomas mit gerunzelter Stirn.

„Der Schlossherr soll nichts von diesem Gespräch erfahren. Am besten bleibt alles unter uns. Er soll mich nicht für einen Feigling halten.“, murmelte der Butler verlegen.

„Ich verspreche es Ihnen.“, erwiderte Thomas, der das Gefühl hatte, als ob sein Gegenüber ihm auch noch etwas Anderes mitteilen wollen würde. Er hatte sich nicht getäuscht.

„Dann gibt es da noch eine andere Sache...“, begann der Butler zögernd und blickte in einer Mischung aus Verlegenheit und Nervosität zu Boden.

„Ich höre Ihnen zu.“, gab Thomas ihm zu verstehen.

„Das sollte aber auch unter uns bleiben.“, bat der Butler ihn erneut und sah Thomas nachdenkliches Nicken. Der Angestellte räusperte sich und blickte betreten zu Boden, bevor er mit der Sprache herausrückte.

„Ich muss Ihnen gestehen, dass ich nicht so ganz freiwillig hier bin. Ich war nicht ganz ehrlich zu Ihnen, als ich von meinem schauspielerischen Scheitern in Aberdeen sprach. Ich geriet damals dort an die falschen Leute und erlangte bald schon in einer anderen Domäne einen unrühmlichen Ruf.“, gestand der Butler mit leiser Stimme.

„Sie verkauften und nahmen Drogen.“, stellte Thomas geradeheraus fest und sah den Butler erschrocken zusammenzucken, dann aber betreten nicken.

„Das ist richtig. Erst war ich nur ein Kurier für einige Einwanderer. Es gab damals schon zwei konkurrierende Gangs in der Stadt. Ich verliebte mich unglücklich in die Tochter des anderen großen Drogenbosses und wechselte die Seiten.“, berichtete der Butler weiter.

„Das kam dann einem unverzeihlichen Verrat gleich.“, stellte Thomas fest, der sich dank seiner Arbeit als Polizist auch mit den Geflogenheiten des Drogenmilieus ein wenig auskannte.

„Ja das ist wohl war. Ich wurde gejagt, musste bei Bekannten untertauchen, aber irgendwann konnte ich nicht mehr fliehen. Der Vater meiner Freundin wurde kaltblütig im Theater erschossen und ich leitete zusammen mit seinem Sohn die Geschäfte.“, erklärte der Butler mit unbehaglicher Stimme.

„Ein ziemlich rasanter Aufstieg für einen Schauspieler.“, stellte Thomas mit ironischem Unterton fest.

„Zu rasant. Meine Freundin und ich wurden mehrere Male überfallen und attackiert. Schließlich wurden wir eines Nachts in der Hafengegend reingelegt. Der geplante Deal war eine Falle und es kam zu einer Schießerei. Meine Freundin wurde tödlich getroffen, ich konnte als Einziger fliehen. Wir haben bei der Sache drei Menschenleben und jede Menge Kokain verloren.“, erzählte er weiter und hielt kurz inne.

„Das wird fatale Folgen gehabt haben.“, mutmaßte Thomas, der aufmerksam zuhörte und gebannt an den Lippen des Butlers hing.

„Der Sohn des Bosses, also quasi mein Schwager, der an diesem Abend nicht dabei gewesen war, gab mir die Schuld an allem. Er verjagte mich aus dem Geschäft und schwärzte mich über Hintermänner sogar bei der Polizei an. Ich geriet mehr und mehr in einen Bandenkrieg und war plötzlich ein Schwerverbrecher. Ich hatte kein Geld und griff in meiner Verzweiflung zum letztmöglichen Mittel.“, berichtete Francis McGregor.

„Sie haben das Kokain, das sie hier im Keller lagern, gestohlen und sich abgesetzt.“, stellte Thomas fest und ihm fiel die Lösung mit einem Mal wie Schuppen vor die Augen.

„Woher wissen Sie das denn schon, verdammt noch mal?“, rutshte es dem schweißnassen Butler ungestüm heraus.

„Nun, ich habe auch so meine Beobachtungen gemacht.“, orakelte der Schotte und wollte noch nicht von seinem Fund sprechen oder ins Detail gehen, sondern erst die gesamte Geschichte des Butlers erfahren.

„Genauso war es jedenfalls. Ich nahm den Job bei Doktor Wohlfahrt dankbar an, um untertauchen zu können. Ein Kumpel von mir beschaffte mir falsche Papiere und ich schrieb einen falschen Lebenslauf. Es gelang mir tatsächlich den Direktor zu täuschen.“, beendete der Butler die Erzählung seiner kriminellen Lebensgeschichte.

„Was passierte mit dem Kokain?“, wollte Thomas noch wissen.

„Ich habe es heimlich mit auf das Anwesen gebracht und es eines Tages tatsächlich im Weinkeller versteckt. Ich hatte vor mich eines Tages wieder von hier abzusetzen, nach zwei oder drei ruhigen Jahren. Ich wollte das Zeug verkaufen und ein neues Leben beginnen, irgendwo im Ausland. Vielleicht auf den Kanaren. Ein Schwager von mir besitzt dort einige Ferienhäuser und Fischerhütten.“, gestand der Butler und wurde langsam selbstbewusster und auch ausführlicher.

„Dazu ist es aber bis heute nicht gekommen.“, stellte Thomas fest.

Sein Gegenüber schwieg und blickte betreten zu Boden. Die Schultern ließ er hängen und atmete tief durch. Nervös knetete er mit seinen Händen die Stuhllehne und wippte mit seinem rechten Fuß hin und her. Seine steife Eleganz hatte er gänzlich verloren, denn er zeigte nun seine wahre Seite und hatte seine Maskerade komplett fallen gelassen.

„Zweifelte denn niemand an Ihrer Tarnung?“, fragte Thomas nachdenklich.

Der Butler hob müde den Kopf und überwand sich dazu dem Polizisten zu antworten. Er merkte, dass ihm Ehrlichkeit und Ausführlichkeit am ehesten helfen konnten. Er wollte von den anderen Gästen nicht verurteilt und drangsaliert werden und erst recht nicht das nächste Opfer dieses Wahnsinnigen werden. Wer, wenn nicht die beiden Polizisten, konnten ihn noch vor dem Unheimlichen schützen?

„Leider doch. Magdalena Osario kam dahinter, sie ertappte mich im Weinkeller, horchte mich aus und nahm mir auch die richtigen Dokumente ab, die sie jetzt irgendwo versteckt hält. Ihr Mann weiß davon nichts, die beiden haben ein schlechtes Verhältnis. Ich denke, dass ihr Freund, dieser Lykström, auch davon auch weiß.“, gestand Francis McGregor kleinlaut.

„Was wollte Magdalena Osario für eine Gegenleistung dafür haben?“, fragte Thomas, der sofort einen Schritt weiter dachte.

„Wie meinen Sie das?“, fragte der Butler, der mit einem mal wieder verklemmt und unsicher wirkte und sich den Schweiß mit seinem Hemdärmel von der Stirn wischte.

„Sie wird Sie ja nicht aus Nächstenliebe geschützt haben und einfach so die Dokumente beschlagnahmt haben, nicht wahr?“, hakte Thomas mit süffisantem Lächeln nach.

Tatsächlich senkte Francis McGregor den Kopf, atmete tief durch und blickte dann seinem Gegenüber wieder ins Gesicht. Francis McGregor wirkte müde, nervös und fahrig in seinen Bewegungen und hatte große Mühe sich zu einer Antwort durchzuringen.

„Sie haben recht. Sie möchte, dass ich ihr bei der Flucht von der Insel helfe, gemeinsam mit ihrem Geliebten. Wir hatten es schon einmal versucht, als der Schlossherr einige Tage verreist war. Das von uns organisierte Boot war aber während seiner Abwesenheit bei dem Fluchtversuch gekentert. Wir sind so gerade mit dem Leben davon gekommen.“, berichtete der Butler schließlich.

„Jetzt wollen Sie es zu dritt versuchen?“, hakte Thomas interessiert nach.

„Sicher. Frau Osario würde alles dafür tun.“, gab Francis McGregor mit einem grimmigen Nicken zurück.

„Sie würde auch über Leichen gehen?“, wollte Thomas wissen, doch sein Gegenüber senkte den Blick und gab keine Antwort.

Thomas beobachtete ihn genau und nach einigen Augenblicken des bedrückten Schweigens hob der Butler den Kopf und stand hektisch auf. Er warf einen Blick auf seine edle Armbanduhr und eilte an dem sitzenden Thomas vorbei bereits zur Tür.

„Wie soll es mit Ihnen eigentlich weitergehen?“, fragte Thomas und beschäftigte sich mit der bedrückenden Frage, ob er den Butler im Anschluss an all diese Ereignisse auf der Insel verraten sollte, sodass er für seine Taten büßen musste. Eigentlich war er dagegen, denn er hatte ihm selbst weitergeholfen und im Vertrauen zu dem Schotten gesprochen, allerdings widersprach diese gnädige Haltung seinem eigentlichen Beruf als Polizisten. Thomas steckte in einer Art moralischen Zwickmühle und obwohl dieses Problem eigentlich mehr als sekundär war, beschäftigte es den pflichtbewussten Schotten, der mit Verbrechern eigentlich knallhart umging, ein wenig.

Francis McGregor hatte die Hand bereits auf der Klinke liegen, wandte sich noch einmal zitternd um und schüttelte entschlossen den Kopf.

„Daran denke ich noch nicht. Ich werde froh sein, wenn ich überhaupt die nächsten Tage überlebe.“, sprach er voller Bitterkeit, riss die Tür auf und stieß dort fast mit Mamadou zusammen, der überrascht zurückfuhr.

Francis McGregor warf Thomas einen nervösen Blick zu, musterte dann den Ghanaer und eilte dann schnellen Schrittes davon. Mamadou blickte ihm kopfschüttelnd hinterher und trat in Thomas Zimmer.

„Mach die Tür hinter dir zu. Es gibt viel zu besprechen.“, forderte Thomas seinen provisorischen Kollegen auf und berichtete ihm vertrauensvoll über die neuesten Erkenntnisse.

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