Eklablog
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by Sebastian Kluth

Kapitel 80

 Kapitel 80: Freitag, 22 Uhr 24 Gewölbe

 

Thomas fröstelte, als er realisierte, dass es jetzt keinen Weg zurück gab und fragte sich mit wachsendem Unbehagen, wo der neue Geheimgang die Gruppe hinführen könnte. Die Treppe führte langsam, aber stetig nach oben und war überall mit Spinnweben übersät, obwohl Thomas zunächst keinerlei Ungeziefer sah. Die Decke war kaum zu sehen, da der Weg zwar recht schmal, dafür aber auch enorm hoch war.

Plötzlich hörte Thomas einen verschreckten, schrillen Ton und das Flattern eines Flügelpaares, als plötzlich ein riesiges und schwarzes Monstrum auf ihn zugeflogen kam. Thomas konnte sich im letzten Moment ducken und ließ sich und den Leichnam des Butlers dabei zu Boden gleiten. Hart schlug er auf der Stufenkante auf und verspürte einen brennenden Schmerz in seinem Knie, doch das schwarze Ungetüm hatte ihn verfehlt und schoss zurück in die undurchdringliche Höhe des Ganges.

Thomas atmete tief durch und wischte sich ächzend den Schweiß von der Stirn, als sich mit einem Mal Schritte näherten und ein dunkler Schatten vor ihm stand. Ein greller Lichtstrahl blendete sein Antlitz und Thomas musste mit schmerzenden Augen zu Boden blicken.

„Das war wohl eine Fledermaus. Du bist völlig verschreckt und erschöpft. Ich werde den toten Butler tragen, du kannst die Taschenlampe nehmen und mir den Weg leuchten.“, schlug Björn Ansgar Lykström unerwarteterweise vor, der dem jungen Schotten bereits seine kleine, aber starke Lampe reichte. Scheinbar hatte der Schwede sich von seinem ersten entsetzen wieder ein wenig erholt.

Thomas nahm die Taschenlampe dankend entgegen und war einigermaßen froh, dass er nun die vermeintlich leichtere Aufgabe hatte. Sein Rücken war bereits völlig durchgeschwitzt, sein Herz pochte hämmernd gegen seine Rippen und er spürte, dass er langsam eine Auszeit von dem ganzen Stress benötigte, der ihm mental und körperlich arg zusetzte.

Björn Ansgar Lykström duckte sich bereits und hievte den Leichnam des Butlers auf seine Schultern. Langsam taumelte er vor Thomas vorwärts in den düsteren Gang hinein. Die Brasilianerin war schon nicht mehr zu sehen und zu hören.

Thomas ließ den Strahl der Taschenlampe über die Wände gleiten und befürchtete jeden Augenblick wieder von einer riesigen Fledermaus oder einem anderen Tier angegriffen zu werden.

Zögerlich folgte er seinem schwedischen Begleiter durch den staubigen Gang, auf dem keinerlei Spuren zu sehen waren und der offensichtlich viele Jahre nicht mehr genutzt worden war. Die Treppe wandte sich leicht nach links und Elaine Maria da Silva hatte plötzlich vor ihnen angehalten und stand vor einer hohlen Fläche, die ihr den Weg versperrte und gleichzeitig das Ende des niedriger werdenden Ganges bedeutete.

Die Brasilianerin klopfte an den Belag, der sich wie hohles Holz anhörte und wandte sich nachdenklich zu den beiden Männern um.

„Hier ist irgendeine Holzvertäfelung.“, bemerkte sie im Flüsterton.

          „Es gibt bestimmt irgendeinen Mechanismus, um diesen Weg frei zu geben.“, mutmaßte Thomas und ließ das Licht der Taschenlampe über die kahlen Wände gleiten.

Der Schotte sah nicht viel, außer einer Menge Staub und einer seltsame runde Delle oberhalb der Holzvertäfelung. Die Delle war von Weben umhüllt und gab nicht preis, was sich in ihr verbarg. Mit einem mulmigen Gefühl stellte sich Thomas auf die Zehenspitzen und tippte mit dem Griff der Taschenlampe leicht gegen den undefinierbaren Gegenstand.

Dieser machte plötzliche in knarrendes Geräusch, zog sich in die Holzvertäfelung zurück, die mit einem Mal scharnierartig vor ihnen aufsprang.  Dieser Bewegungsablauf kam so schnell und überraschend, dass die drei Ankömmlinge von dem schummrigen Licht regelrecht geblendet waren. Thomas hielt sich schützend den Arm vor die Augen du nahm ihn erst nach einigen Augenblicken herunter.

Was er vor sich sah, war jedoch alles Andere als aufmunternd, denn er blickte zum wiederholten Mal schon in den kalten Mündungslauf der gleichen Pistole. Dieses Mal war er jedoch nur kurz geschockt und erkannte seinen Kollegen Mamadou, der die Waffe senkte und sichtbar durchatmete.

Thomas stellte erst jetzt ungläubig fest, dass sie sich unmittelbar hinter der Holzvertäfelung der Eingangshalle befunden haben mussten und nun im linken Teilabschnitt herauskamen. Benommen sprang der junge Schotte auf den kalten Boden, der etwa zwei Meter unter ihm lag. Nach ihm folgte Elanie Maria da Silva, die allerdings zuvor die helfende Hand des Schotten ergriff und sich weitaus eleganter aus dem staubigen Schacht herabließ. Zuletzt verließ auch Björn Ansgar Lykström den dunklen Gang, der sich wenige Sekunden später wieder wie von Geisterhand verschloss. Bei der Landung ging der Schwede leicht federnd in die Knie und merkte, dass alle Augen entsetzt auf ihn gerichtet waren.

Der schwedische Lehrer trug in seinen Armen immer noch den Leichnam des Butlers, den Mamadou mit glasigen Augen betrachtete. Nach einigen Sekunden des ehrfurchtvollen Schweigens richtete Mamadou tonlos einige Worte an seinen Kollegen Thomas, der beim Anblick des Toten im helleren Tageslicht, welches durch die halbkreisartigen Fensterscheiben überhalb des Eingangsportals auf Grund des Unwetters mehr oder weniger trüb in die Halle strahlte, auch wieder betreten versteift war.

„Wie konnte dies passieren?“

„Wir haben eine geheime Kammer in den Katakomben dieses Schlosses entdeckt. Dort hatte er sich mit Hilfe eines Strickes an einem alten Holzbalken an der Decke aufgehängt.“, erwiderte Thomas gepresst und blickte erneut auf den bleichen Leichnam des Butlers, der im Tageslicht noch viel schrecklicher und verwundeter aussah, als es in der trüben Dunkelheit der Fall gewesen war. Der durchtrennte Strick hing noch wie ein Synonym des Todes um den zerschüften Hals des Toten.

Selbst in dieser betretenen Atmosphäre wagte Gwang-jo, der neugierig hinter Mamadou lauerte und böse lächelte, es, einen hämischen Kommentar zu dem Vorfall abzugeben und zog erneut den Hass sämtlicher Anwesender auf sich.

„Jetzt ist dieser Verrückte also endlich tot. Wir sollten froh sein, denn damit hat dieser Schrecken endlich ein Ende.“, bemerkte er im Brustton der Überzeugung und zog eine falsche Einschätzung scheinbar gar nicht mehr in Erwägung.

Thomas ballte die Hände zu Fäusten und spürte eine erneute Welle des Hasses in sich aufsteigen, die er kaum mehr unterdrücken konnte. Er wusste selbst nicht mehr, wie er es noch schaffte seine Gefühle zu unterdrücken und nicht prügelnd auf den Koreaner einzustürzen.

Stattdessen schüttelte er frustriert den Kopf und bewegte sich auf die breite Treppe zu. Erstaunt sahen ihm einige der Anwesenden nach, die sich nach dem Auftauchen der drei Gefährten und des Toten rasch in der Halle versammelt hatten. Das hämische Lachen des Koreaners begleitete ihn dabei und trieb ihn fast zur Weißglut. Thomas bebte am ganzen Leib, doch er unterdrückte seine Wut ein weiteres Mal. Dennoch wusste er, dass die Situation bald eskalieren würde und wollte sich daher kurz einen gewissen Abstand von der schlimmen Situation verschaffen.

„Ich brauche jetzt erst ein wenig Ruhe. Ich muss mich kurz hinlegen. Ich werde in einigen Minuten wiederkommen. Mamadou, halte den Rest der Gruppe irgendwie zusammen.“, erwiderte Thomas auf die unausgesprochene Frage und trottete dann weiter, ohne auch nur eine Antwort abzuwarten.

Hinter sich hörte er lediglich Elaine Maria da Silva, die ebenfalls die Treppe hinaufstieg. Mamadou wollte sie am Arm packen und zurückhalten, doch Björn Ansgar Lykström ergriff nun seinerseits den Arm des Ghanaers und presste diesen sanft wieder in die Tiefe. Der Ghanaer sah ihn verdutzt an und der Schwede näherte seine Lippen dem Ohr des Polizisten, wartete jedoch noch behutsam ab, bevor er eine geflüsterte Erklärung abgab.

„Ich möchte mich nur kurz ein wenig waschen, meine ganze Kleidung ist voller Staub und Spinnweben.“, bemerkte die Brasilianerin mit einem überheblichen und doch verführerischen Lächeln, das alle Proteste des afrikanischen Polizisten entgültig im Keim erstickten.

             Auch sie ging weiter, ohne eine Antwort abzuwarten und holte rasch zu dem schottischen Polizisten auf, der direkt seine Zimmertür anvisierte und sich auf keine Konversation einlassen wollte. Er brauchte dringend Ruhe und musste über einige Dinge in Ruhe nachdenken. Mit einem süffisanten Lächeln passierte die Brasilianerin ihn und begab sich in die andere Richtung des Ganges, wo ihr Zimmer lag. Das Zimmer der Horrorautorin lag ganz am Ende des rechten Traktes, der den Frauen gehörte, während sich das Zimmer von Thomas genau gegenübergesetzt links am Ende des Männertraktes befand.

Thomas hatte keinen Blick mehr für die gefährliche Schönheit, trat in sein Zimmer und erinnerte sich mit einem Frösteln daran, dass dort vor etwas mehr als einer Stunde noch der lebendige Butler gelegen hatte. Mit einem dicken Kloß im Hals schloss er die Zimmertür, trat ins Badezimmer und wusch sich das Gesicht mit klarem und kaltem Wasser.

Stöhnend blickte er sein Antlitz im Spiegel an. Thomas war unrasiert, er hatte dunkle Ringe unter den Augen und wirkte völlig ausgelaugt, seine Unterlippe war aufgeplatzt, seine Haut spröde und trocken. Die fatale Lage hatte sich nicht nur auf seinen mentalen Zustand, sondern sogar auf sein äußeres Erscheinungsbild ausgewirkt.

Mit einem resignierten Seufzen verließ er das Badezimmer und legte sich mit dem Rücken auf sein Bett, in dem er seit seiner Ankunft kaum geschlafen hatte. Er wollte sich die letzten Ereignisse noch einmal durch den Kopf gehen lassen, versuchte seine Gedanken zu ordnen, doch bald schweifte er ab und verlor den roten Faden zum wiederholten Male. Schließlich musste auch er einer erschöpften Müdigkeit Tribut zollen und sackte in das düstere Reich der wirren Träume ab.

 

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