Eklablog
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by Sebastian Kluth

Kapitel 59

 Kapitel 59: Freitag, 13 Uhr 08, Turmzimmer

 

Mamadou wirbelte als Erster herum und sah in das triumphierende Gesicht des Koreaners Gwang-jo, der sich unbemerkt in den Türrahmen des Raumes geschlichen und wohl den Verlauf des Gespräches am Ende mitverfolgt hatte.

 Thomas schalt sich einen Narren, dass er so in das Gespräch und seine eigene Verwunderung versunken gewesen war, dass er die Schritte auf der Wendeltreppe nicht mehr vernommen hatte. Mit dem Auftauchen des Koreaners spitzte sich die Situation ein weiteres Mal zu.

 „Die Polizisten wollen doch hier nicht etwa wichtiges Beweismaterial beschlagnahmen und die Gäste im Unklaren über diese Entwicklungen lassen, nicht wahr?“, fragte er höhnisch und auch unterschwellig drohend.

 „Das hatten wir nicht vor.“, gab Thomas zurück und war dabei sehr blass geworden, wobei selbst seine Stimme ein wenig zitterte.

 „Das sei mal dahingestellt. Die Tatsachen liegen aber nun wirklich klar auf der Hand. Jetzt könnt selbst ihr ihn nicht mehr schützen. Dieser Butler steckt hinter allem. Erst diese verschwundenen Drogen, das seltsame Verhalten während des Verhörs, die Lügen, die er uns aufgetischt hat und nun auch noch ein Diebstahl oder gar mehrere eiskalt ausgeführte Morde, danach sieht es doch jetzt aus!“, listete der Koreaner energisch auf und blickte die beiden Männer herausfordernd an, wobei er die Arme grimmig vor der stolzen Brust verschränkte.

 „Das waren alles nur Annahmen. Der Diebstahl muss gar nichts mit den Morden zu tun haben.“, entgegnete Mamadou frostig, denn er hatte die Auseinandersetzungen im Dickicht längst nicht vergessen.

 „Ihr schwingt leere Parolen. Suchen wir doch weiter! Vielleicht lassen sich die Kleidungsstücke der Toten hier auch irgendwo finden!“, provozierte der Koreaner weiter und machte sich sogleich an die Realisierung seines Vorschlags.

 Zielstrebig näherte sich der Koreaner einem Kleiderschrank, den er heftig aufriss und dabei fast das Scharnier zerstörte. Achtlos griff er sich ein paar Anziehsachen, die an einigen Kleiderbügeln hingen, betrachtete sie kurz und warf sie achtlos hinter sich. Nach wenigen Sekunden bückte er sich und machte sich an einige Schubladen einer Kommode zu schaffen.

          Thomas platzte entgültig der Kragen. Er wollte sich nicht mehr länger vorführen und kritisieren lassen und schritt auf den geduckten Koreaner zu, die Hände zu Fäusten geballt. In diesem Moment merkte er, wie sich Gwang-jo plötzlich versteifte und in seiner hektischen Suche innehielt. Auch Thomas hatte dies gemerkt und die Neugierde siegte zunächst über seine Empörung und ließ ihn vorerst abwarten.

 Nach einigen Sekunden drehte sich der Koreaner um, in seinem verschwitzten Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Entsetzen und Triumph wieder, die feinen Härchen an seinen Unterarmen hatten sich aufgerichtet und eine Gänsehaut hatte sich auch gebildet.

 Thomas drängte sich an dem Koreaner vorbei und sah, dass dieser eine Art kleinen Wäschekorb aufgerissen hatte, der in einer der hintersten Ecken des Kleidungsschrankes gestanden hatte. Der Koreaner hatte ihn aus dem Versteck gezogen und wahllos darin herumgewühlt. Thomas traute seinen Augen kaum, als er sah, was sich darin befand.

 In dem Wäschekorb befand sich ein Frauenkleid, welches einige Blumen als Motive hatte und ein wenig altmodisch wirkte. Dies allein war aber nicht der Umstand, der ihn so erschrecken ließ. Was ihn viel mehr schockte waren die dunkelroten Flecken, mit denen das Kleidungsstück übersät war und die Erkenntnis, dass die tote Italienerin dieses Kleidungsstück noch am gestrigen Abend getragen hatte.

 Der Koreaner war aus seiner Starre erwacht, packte das Kleid mit den Fingerspitzen an und nahm es dann mit einem Schaudern aus dem Wäschekorb. Unter dem Kleid befanden sich ein Büstenhalter, sowie ein weißer Slip, beide waren ebenfalls mit einigen Blutflecken bedeckt.

 Thomas wurde beinahe schlecht, als er die Gegenstände sah und der süßliche Geruch in seine Nase stieg. Eine Welt brach in ihm zusammen und plötzlich begann er den Anschuldigungen des Koreaners fast Glauben zu schenken. Die grausigen Funde erschütterten ihn und gingen ihm durch Mark und Bein.

 Der Koreaner hatte inzwischen seinen kurzen Schock überwunden und wurde mit einem Mal fast eindringlich und freundlich, als er sich ernst an Thomas wandte, der kopfschüttelnd ins Leere blickte und an seinem Verstand zweifelte.

 „Bitte seien Sie vernünftig. Die Beweise liegen doch jetzt auf der Hand. Nun dürften selbst Ihnen beiden die Argumente ausgehen. Was wir hier entdeckt haben, bestätigt meine Theorie. Dieses Monstrum ist eine Gefahr für alle Gäste. Ich kann verstehen, dass Sie ihn nicht töten wollen, aber lassen Sie uns diesen Irren einsperren, bevor es zu spät ist!“, sprach Gwang-jo, der sich plötzlich sogar bemühte seine Gesprächspartner wieder zu siezen und ungewöhnlich eindringlich und vernünftig wirkte.

 Zum ersten Mal widersprachen ihm weder der fassungslose Thomas, noch der nachdenkliche Mamadou. Beide dachten intensiv über die neuesten Ergebnisse nach und alles schien mit einem Mal einen Sinn zu machen. Langsam fügten sich die Einzelheiten zu einem unheilvollen Mosaik zusammen.

 Beide Polizisten reagierten nicht, als Gwang-jo sie eindringlich anblickte, dann an den Schultern des schottischen Polizisten rüttelte und schließlich wutschnaubend auf und ab lief. Er sprach davon, dass es keine Zeit zu verlieren gab, doch Thomas beachtete ihn überhaupt nicht und hatte sich in eine Art Oase der Stille zurückgezogen. Diese fast meditative Ruhe hatte er sich angeeignet, als er im Kloster gelebt hatte und in diesen Momenten kam es ihm zu Gute, denn er gewann allmählich seine Fassung zurück und konnte wieder klar und analytisch denken. Diese Regeneration wirkte auf ihn befreiend. Zudem fiel ihm noch ein weiterer wichtiger Aspekt ein, den er ruhig nannte und den aufgebrachten Redeschwall des Koreaners somit unterbrach.

 „Wenn wir diese Dinge hier gefunden haben, dann könnten wir auch die Päckchen mit dem Kokain irgendwo hier im Zimmer finden.“, stellte Thomas emotionslos fest.

 „Das stimmt tatsächlich. Wo könnte dieser verfluchte Bastard den Stoff nur versteckt haben?“, fragte Gwang-jo laut.

 „Ich hätte da eine Idee.“, meldete sich der stillere Mamadou und schritt langsam auf die Schlafstätte des Butlers zu.

 Zielstrebig nahm er eines der beiden Kissen, zog den Bezug ab und klopfte dagegen. Danach wiederholte er die Prozedur mit dem zweiten Kissen, doch beide waren relativ flach und in ihnen war nichts versteckt worden. So leicht gab sich der Ghanaer allerdings auch nicht geschlagen und machte sich nun an der Matratze zu schaffen, die in ein altes Holzgestell eingebettet war. Er ließ seine Muskeln spielen und hob die Matratze mühelos an und schleuderte sie neben dem Bett zu Boden. Mit einem grimmigen Nicken wandte er sich an die beiden anderen Männer, die inzwischen selbst näher gekommen waren.

 Alle erkannten, dass sie mit ihren Vermutungen recht behalten hatten. Ein wenig platt gedrückt, aber ansonsten sorgsam nebeneinandergelegt, sahen sie die Päckchen voller Kokain, die sie am Morgen noch vergeblich im Wald gesucht hatten. Nun wussten sie endgültig den Grund dafür.

                Thomas zählte nach und kam zu dem Ergebnis, dass alle Päckchen vorhanden waren, kein einziges fehlte oder war beschädigt worden. Wie aber hatte der Butler gemerkt, wohin genau Mamadou und er die Päckchen gebracht hatte? Hatte er die Drogen möglicherweise gar mit Hilfe des Wolfes aufgespürt? Hatte er das Tier irgendwann unerkannt auf die Insel gebracht und großgezogen und nach der Ankunft der Gäste dann freigelassen?

 Thomas wusste selbst nicht mehr, was er noch glauben sollte. Er fühlte sich wie gelähmt und wollte nicht wahrhaben, was er vor sich liegen sah. Doch die drei Funde sprachen für sich. Niemand konnte mehr ernsthaft für den Butler Partei ergreifen.

 Während Thomas und Mamadou ungläubig erstarrt waren, wurde der Koreaner plötzlich wieder enorm aktiv. Die beiden polizisten waren zu träge und zu betrübt, als dass sie hätten verhindern können, dass Gwang-jo nun in freudiger Ekstase aus dem kerkerähnlich erscheinenden Turmzimmer hetzte.

 Doch kaum war der Koreaner über die Schwelle zur treppe getreten, da erwachten die Polizsiten aus ihrer Starre, blickten sich vielsagend an und dachten bereits scahudernd daran, dass der Koreaner so schnell wiemöglich seine scheinbar frohe Botschaft kundgeben wollte.

 „Wir müssen ihm hinterher, bevor es ein Desaster gibt!“, rief Thomas, dem der Schweiß ausgebrochen war.

 Das hätte er seinem Kollegen gar nicht mehr sagen brauchen, denn dieser hatte noch schneller reagiert und wollte auf alle Fälle eine unnötige Panik oder blutige Eskalation verhindern, sodass er sich nun das Äußerste abverlangte, um den Koreaner aus Sicherheitsgründen zu stellen und vorerst zur Besinnung zu bringen.

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