Eklablog
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by Sebastian Kluth

Kapitel 65

 Kapitel 65: Freitag, 15 Uhr 21, Fischkutter

 

Auch die anderen Anwesenden, die sich um Lykström und Thomas versammelt hatten, blickten voller Erstaunen auf das Foto und dann auf den schottischen Polizisten, als ob dieser eine geisterhafte Erscheinung sei. Das Bild zeigte Thomas, wie er mit einem Glas Bier in der Kneipe saß, an die er so viele schlechte Erinnerungen geknüpft hatte. Er hatte sein Gesicht jemand anderem zugewandt, der ihm gegenüber zu sitzen schien. Die Augen des schottischen Polizisten füllten sich mit Tränen, als er realisierte, dass es sich dabei um seinen grausam verstorbenen Freund handeln musste, der an jenem verregneten Herbstabend nach einem Handgemenge mit einer Gruppe von Mafiosi sein Leben lassen musste. Noch heute fühlte sich Thomas für den damaligen Zwischenfall verantwortlich, da er dem Pokerspiel zugestimmt und sich mit den Mafiosi eingelassen hatte, um an ein wenig Kokain zu kommen. Seit jener Zeit hatte Thomas nie wieder irgendeine Droge angerührt und konnte heute noch nicht begreifen, dass das Leben seines treuesten Weggefährten wegen ein paar Pokerchips und einigen Gramm Koks ausgelöscht wurde.

 Bevor die restlichen Anwesenden irgendwelche Fragen äußern konnten, hatte Lykström bereits weitergeblättert und ließ das Fotoalbum vor Schreck beinahe fallen, da er nun sich selbst in einer äußerst unangenehmen Situation erblickte. Das Foto zeigte ein dunkles Hotelzimmer, in dem der schwedische Englischlehrer nackt und lediglich von einigen Bettlaken verhüllt über dem Körper der schönen Magdalena Osario thronte und seinen Mund zu einem Schrei tiefster Emotionen geöffnet zu haben schien.

 Eilig blätterte Lykström weiter und man erblickte einen deutlich verjüngten Gwang-jo Park, der sich auf einer Toilette der alten Privatschule befand und einen Revolver auf einen zusammengekauerten, nackten Jugendlichen richtete, der abwehrend die Arme erhoben hatte. Thomas fiel siedend heiß ein, dass zu seiner Schulzeit ein junger, schüchternen Schotte von einem Tag auf den Anderen das Institut verlassen hatte. Der damalige Direktor hatte vorgegeben, dass der ehemalige Schüler an Schizophrenie gelitten hatte und stark selbstmordgefährdet gewesen sei. Nun, fast zehn Jahre nach den Ereignissen, traf die Wahrheit alle Anwesenden wie ein Schlag.

 Empört wandten sich die Anwesenden zu dem Koreaner um, der mit einem Mal ganz bleich geworden war und in Schweiß ausbrach. Selbst Fatmir, der in letzter Zeit eigentlich auf der Seite des cholerischen Koreaners gestanden hatte, wich grimmig von diesem zurück.

 „Was bist du nur für ein abartiger Mensch.“, meinte Fatmir mit einem kalten Kopfschütteln.

 „Wer weiß in welche perversen Dinge du verwickelt bist. Dein Foto haben wir hier noch nicht gesehen.“, stammelte der Koreaner und versucht sein Gegenüber höhnisch anzugrinsen.

 „Es mag sein, dass jeder von uns seine Schattenseiten hat, aber niemand unter uns ist so ein misanthropisches, perverses Arschloch wie du.“, entgegnete ihm Abdullah mit leisem, aber sehr bedrohlichem Unterton.

 Auch Björn Ansgar Lykström konnte sich kaum mehr beherrschen und hatte das Fotoalbum zur Seite gelegt. Drohend trat er auf den Koreaner zu und hatte die Fäuste dabei so geballt, dass seine Knochen weißlich hervortraten.

 Thomas jedoch hatte seine Nerven bewahrt und griff nun endlich ein. Er stellte sich schnell zwischen dem wutschnaubenden Schweden und dem weiterhin trotzigen Koreaner, drückte Lykström grob zurück und sah sich gehetzt und wütend um.

 „Spielt jetzt nicht verrückt! Das ist doch genau das, was der Killer von uns will. Er möchte uns alle gegeneinander ausspielen. Das darf nicht passieren. Wir müssen zusammenhalten  und cool bleiben. Passt auf, was ich euch sage. Möglicherweise findet sich von jedem unter uns ein solches oder ähnliches Bild in dieser Mappe. Ein Bild wird allerdings fehlen!“, bemerkte Thomas und hatte nach anfänglicher Empörung plötzlich die gesamte Aufmerksamkeit auf seiner Seite. 

 „Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann meinst du, dass von uns allen Bilder in diesem ominösen Fotoalbum zu finden sind, mit Ausnahme des Täters?“, fragte Mamadou nach einigen Sekunden nachdenklichen Schweigens nach.

 „Du hast meine Idee erraten. Gib zu, es ist doch ein Versuch wert, nicht wahr?“, erkundigte sich Thomas und erhielt von dem ein oder anderen Anwesenden ein mulmiges Nicken, da sie alle wussten, dass diese Bilder sie in irgendeiner Form bloßstellen würden.

 Doch in diesen Momenten schien dies den Anwesenden fast schon egal geworden zu sein. Die Angst vor dem eigenen Tod, vor der Bedrohung durch einen wahnsinnigen Mörder, war weitaus größer noch, als die Scham vor der eigenen Entblößung.

 Björn Ansgar Lykström nahm das zustimmende Schweigen als Aufforderung an und ergriff wieder das Fotoalbum, allerdings nicht ohne vorher Gwang-jo mit einem bitterbösen Blick bestraft zu haben.

 „Glaube mir, das wird Konsequenzen für dich haben.“, erwähnte der Schwede frostig, bevor er die nächste Seite des Albums aufschlug.

 Auf dieser Seite sah man nun Fatmir, der in einem düsteren Lokal besinnungslos auf einer Couch lag. Neben ihm stand ein Tischchen, auf dem prallvolle Aschenbecher, mehrere Spritzen und einige dreckige Geldscheine lagen. Auf dem Boden lagen wahllos verschiedene Flaschen Alkohol und am Rande des Bildes standen zwei splitternackte Stripperinnen, die einige Geldscheine in ihren Händen hielten und spöttisch auf den Albaner blickten.

 „Das war in meinem Abschlussjahr an der Privatschule. Meine Drogensucht hätte mir beinahe Kopf und Kragen gekostet. Wenn das herausgekommen wäre, hätten meine Eltern mich verstoßen und ich hätte mit dieser Reputation nie den Beruf studieren können, den ich heute anstrebe.“, gab Fatmir mit kratziger Stimme zu, während Björn Ansgar Lykström bereits energisch weiterblätterte.

 „Verdammt, müssen wir uns das jetzt wirklich hier von jedem ansehen?“, beklagte sich Abdullah Gadua unruhig.

 „Wieso so ängstlich? Hast du ein ganz besonders schweres Vergehen begangen?“, erkundigte sich Gwang-jo scheinheilig un böse kichernd.

 Der Katarer blickte ihn mit bebenden Lippen an. Allerdings brachte er kein einziges Wort mehr hervor.

 Auf dem nächsten Foto sah die Anwesenden nun tatsächlich Abdullah, der unwillkürlich zusammenzuckte und sich doch von dem Anblick seiner persönlichen, auf Fotopapier festgehaltenen, Sünde nicht lösen konnte.

 Auf dem Bild befand der junge und muskolöse Katarer sich in einer der behaglich eingerichteten Sportduschen der Privatschule. Das Foto war ein wenig unscharf, doch es war deutlich zu erkennen, dass er nicht allein in der Dusche war. Man sah deutlich die Französin Jeanette Rodin-Gagnon, die ihre Hände und ihren Kopf in eindeutiger Pose dem jungen Abdullah zugewandt hatte.

 „Warst du damals nicht schon mit Marilou liiert?“, wollte Mamadou wissen.

 Abdullah Gadua nickte stumm und der Schweiß brach auf seiner Stirn aus. Thomas warf ihm einen Blick zu, der irgendwo zwischen Erstaunen und Eifersucht lag. Jeanette schien wirklich mit so ziemlich jedem damaligen Schüler eine sexuelle Beziehung gehabt zu haben und dieses Hintergehen tat Thomas in der Seele weh, auch wenn er mit Abstrichen schon immer von diesen Dingen gewusst hatte. Das dies jedoch so große Kreise gezogen hatte, war selbst für ihn jetzt wie ein Schlag ins offene Gesicht. Er war in eine Frau vernarrt gewesen, die ihn eiskalt um den Finger gewickelt und vielleicht nie wirklich ernsthaft etwas für ihn empfunden hatte. Er fühlte sich beim Anblick dieses Bildes leer und resigniert und schüttelte trüb den Kopf.

 Björn Ansgar Lykström hatte jedoch schon wieder weitergeblättert und auch das nächste Bild hatte es ganz schön in sich. Man sah darauf den Direktor, der ein vermutlich minderjähriges Mädchen in einem Himmelbett gefesselt und ihr die Augen verbunden hatte. Die Schülerin war nur noch spärlich bekleidet und man konnte erst beim genauen Hinsehen erkennen, um wen es sich zu handeln schien.

 „Um Gottes Willen, das darf nicht wahr sein! Das ist meine Marilou!“, keuchte Abdullah und wandte sich würgend von der Fotografie ab.

 Selbst Thomas hatte mit diesem Anblick nicht gerechnet und war völlig sprachlos. Schließlich war es sein Kollege Mamadou, der seine Sprache als Erster wieder zurückfand.

 „Ich wusste ja bereits, dass Wohlfahrt ein sadistisches Schwein ist, aber dass sich Marilou mit ihm einlässt, der fast dreimal so alt ist, das will nicht in meinen Kopf!“, kommentierte der Ghanaer das Bild.

 „Wenn ich nur daran denken muss, dass er mit Magdalena ähnliche Dinge angestellt haben könnte...“, begann Björn Ansgar Lykström und ließ den Rest des Satzes unausgesprochen. Sein Gesicht aber war vor Wut, Ekel und Schmerz gezeichnet, sein Kopf war rot geworden und er beherrschte sich nur mühsam. Der Schwede bebte am ganzen Leib und atmete tief und geräuschvoll ein.

„Wer weiß, vielleicht ist Marilou deshalb heute so kalt und abweisend, ja geradezu verstört. Die Ereignisse von damals werden für sie eine regelrechte traumatische Bedeutung haben. Dazu noch die ganzen anderen Schicksalsschläge, die sie getroffen haben...“, sinnierte Thomas nach einer Weile und merkte aus den Augenwinkeln heraus, dass Abdullah sich ein wenig abseits der Gruppe bewegte und schwer atmend in die Knie gegangen war.

 „Vielleicht ist sie zu solchen Sexspielen gezwungen worden und musste den Mund halten, aber möglichereise hatte sie damals auch solch eine Veranlagung und war nie die schüchterne, brave junge Dame, für die wir sie gehalten haben, sondern eine perverse Lolita.“, wog Mamadou ab.

 „Niemals! Niemals hätte sie so etwas freiwillig getan!“, schrie der Mann der Beschuldigten mit weinerlicher Stimme und schien sich in blinder Wut und Trauer sogar auf Mamadou stürzen zu wollen, doch er hielt sich selbst mühsam zurück, wobei seine gesamten Gesichtsmuskeln zu arbeiten schienen.

 Björn Ansgar Lykström hatte an den Mutmaßungen nicht teilgenommen, sondern mit entschlossener Unbarmherzigkeit bereits die nächste Seite aufgeschlagen, auf der nun Mamadou zu sehen war. Dieser saß in einer völlig verqualmten Kneipe an einem Pokertisch und hatte jede Menge Chips vor sich liegen. Ihm gegenüber erkannte Thomas mit großem Erschrecken den Anführer der Mafiabande, der damals die Schuld an dem Tod seines Freundes getragen hatte.

 Noch bevor irgendjemand eine Frage stellen konnte, hatte Mamadou selbst bereits mit erstaunlicher Ehrlichkeit Stellung bezogen.

 „Es ist eines der dunkelsten Kapitel meines Lebens. Wenn das hier nach Außen dringt, dann wäre ich meinen Beruf als Polizist wohl los. Ich war bereits in jungen Jahren spielsüchtig und ich gewann auch eine Zeit lang sehr regelmäßig und sehr viel. Schließlich wurde ich von diesem Mafioso, den ihr dort seht, in einer Spielhalle entdeckt. Er bot mir an für ihn zu spielen, bei ihm einzusteigen und ich trug einige Turniere für ihn aus, bei denen es um enorm viel Geld ging. Die Gewinne wurden unter uns halbiert. Aber irgendwann verlor ich ein ganz entscheidendes Spiel, es war an diesem Abend. Der Typ drohte mir und gab mir die alleinige Schuld. Ich wollte untertauchen und die Sache der Polizei melden und ihn somit verraten. Kurz bevor es dazu kam, geschah dann damals dieser Mordfall und der Kerl musste untertauchen. Jahre später habe ich die Sache zu Ende gebracht. Vor etwas mehr als einem Jahr ließ ich ihn wegen illegalem Glücksspiel einsperren und er schwor mir mich und meine Familienmitglieder bestialisch zu ermorden, sobald er aus dem Gefängnis herauskäme. Er beschuldigte mich und sagte, dass ich selbst tief in der Spielerszene gesteckt habe, aber seine Anschuldigungen ließen sich nie beweisen. Um genauer zu sein: ich habe ein wenig Beweismaterial auch verschwinden lassen, so auch sämtliche Fotos, dieses hier ist mir aber völlig unbekannt, obwohl es in der nächstbesten Kneipe in der Nähe unserer alten Privatschule verdeckt geschossen wurde. Jedenfalls ließ ich mich damals schnellstmöglich versetzen und zog um, um mich zu schützen. Ich handelte wie ein egoistischer Feigling. Die Haftstrafe dieses Verbrechers läuft in sechs Monaten bereits aus und ich muss gestehen, dass ich furchtbare Angst habe.“, erläuterte Mamadou und war bei seinem Vortrag ganz leise geworden, so als ob seine Stimme kaum noch Kraft hätte und wie ein fades Rinnsal im Wüstensand versickern würde. 

 „Ich hätte nie gedacht, dass du ebenfalls so eine dunkle Seite hast. Du wirkst immer so ehrlich, optimistisch und unbeschwert.“, bemerkte Björn Ansgar Lykström nach einer Weile nicht ohne bewunderndes Erstaunen.

 „Das sagen mir viele. Ich bereue zutiefst, dass es damals so kommen musste und ich gebe zu, dass ich feige war. Ich versuche diese Dinge zu vergessen, sie nicht an mich heranzulassen, sie komplett auszublenden und zu überspielen. Mit der Reise und diesem Klassentreffen wollte ich mich eigentlich nur vor der drohenden Gefahr ablenken.“, gestand der afrikanische Polizist kleinlaut.

 „Es ist unfassbar, dass du mit so einem Mörder und Verbrecher je gemeinsame Sache gemacht hast. Ich rechne es dir zwar hoch an, dass du ihn später eingesperrt und dich selbst überwunden hast. Das alles macht meinen Kumpel von damals aber auch nicht wieder lebendig.“, kommentierte Thomas mit Bitterkeit in seiner Stimme und wandte sich grimmig von seinem erstarrten Kollegen ab.

 „Ich war jung und naiv. Das sollte als Entschuldigung nicht zählen, aber was soll ich denn machen?  Meine Erkenntnis kam viel zu spät, Thomas, viel zu spät.“, gab Mamadou zu und Thomas sah Tränen in den Augen des sonst so frohen Mannes, der mit einem Mal ängstlich und gebrochen wirkte.

 „Ich weiß, du kannst nichts dafür.“, erwiderte Thomas mit belegter Stimme, näherte sich seinem Kollegen und klopfte ihm herzlich auf die Schulter. Mamadou nahm diese Geste lächelnd entgegen und drückte Thomas kurz und innig an sich, bevor er sich löste und seine alte Distanz mit hängendem Kopf und gezwungenem Lächeln wieder aufnahm.

 Björn Ansgar Lykström hatte bereits resigniert ächzend weitergeblättert und sah auf der nächsten Seite eine Art Zeitungsbericht, anstelle eines einfachen Bildes. Die Reportage zeigte das Bild einer Demonstration, die sich offensichtlich gegen islamische Einwanderer in Schottland richtete. Auf manchen Plakaten waren ebenfalls nationalsozialistische Symbole zu sehen. Dem Artikel nach zu urteilen, musste der Protestmarsch vor etwa drei Jahren im Norden Schottlands stattgefunden haben. In der Reportage stand weiter, dass es im Anschluss an die Demonstrationen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und einigen Festnahmen gekommen war.

 Thomas musterte die Reportage aufmerksam, doch er konnte noch keinen Zusammenhang zwischen dem Artikel und einem der ehemaligen Schüler der elitären Privatschule erkennen. Sein Kollege Mamadou, der sich von seinem kurzen Moment der Schwäche wieder erholt hatte, war jedoch bereits fündig geworden und war froh, dass er nun wieder eher positiv auf sich aufmerksam machen und sich selbst ein wenig ablenken konnte.

 „Guckt mal auf die Person ganz links in der zweiten Reihe!“, rief er eifrig und trat selbst ganz dicht an den Zeitungsartikel heran, den auch Lykström nun näher musterte.

 „Meinst du diese junge Dame dort? Moment, das darf doch nicht wahr sein! Jetzt erkenne ich sie auch! Das ist Paola Francesca Gallina!“, stellte der Schwede fest und blickte völlig verdattert in die Runde.

 „Dort wo Gott Zuhause zu sein scheint, versteckt sich oft das größte Übel.“, stellte Gwang-jo lakonisch fest.

 „Solch eine religiöse Person? Die immer so friedlich wirkte und anderen Menschen über Nächstenliebe lehren soll?“, fragte auch Fatmir völlig verzweifelt.

 „Religiös muss nicht gleich fromm bedeuten, fanatisch trifft es hier wohl besser.“, stellte Gwang-jo Park grimmig fest.

 „Das wird ja immer unfassbarer, immer verrückter.“, murmelte Thomas, der in einer Mischung aus Angst und Faszination auf Lykström blickte, der bereits wieder unbarmherzig die nächste Seite energisch aufschlug.

 Auch die nächste Seite zierte ein kurzer Zeitungsbericht. Dort war von Fankrawallen nach einem Spiel zwischen Celtic Glasgow und den Glasgow Rangers die Rede, bei denen mehrere Polizisten brutal zusammengeschlagen wurden, nachdem ein Celtic Fan bei einer Auseinandersetzung niedergestochen wurde und an seinen Verletzungen noch im Krankenhaus gestorben war. Im Vordergrund des Bildes, auf dem man Polizisten sah, die einige Hooligans in Handschellen abführten, sahen die Anwesenden den kalten und rebellischen Blick des wohl größten Fußballfans, der damals zur Privatschule gegangen war und kurz vor seinem Tod sogar noch ein Fußballtrikot geschenkt bekommen hatte.

 „Malcolm McCollaugh.“, sprach Thomas aus, was alle Anderen sahen.

 Björn Ansgar Lykström wollte mit diesemrecht offensichtlichen Fall keine Zeit mehr verlieren und hatte bereits weiter vorgeblättert zu einem Bild, auf dem man wieder einen Zeitungsartikel sah. Man sah auf dem einzigen Bild eine Yacht und drei Männer, die in Handschellen abgeführt wurden. Der Artikel sprach von einem aufgedeckten Menschenhändlerring, der auf diversen Schiffen und Yachten Menschen aus der dritten Welt unter sklavischen Bedingungen verkauft und in andere Länder gebracht hatten. Einer der verhafteten Männer, die allesamt wegen Mangel an Beweisen später freigelassen wurden, war eindeutig der verstorbene Fatmir Gülcan. Die Festnahme hatte vor drei Jahren auf einer kanarischen Insel stattgefunden.

 „Meint ihr, dass der Täter vielleicht mehr über den Fall weiß? Glaubt ihr, dass der Killer Informationen darüber hat, dass Gülcan doch schuldig war und zu Unrecht freigesprochen wurde?“, warf Abdullah fragend in den Raum.

 „Wer weiß das schon. Der Killer scheint eine Art Rächer zu spielen und möchte uns vielleicht für unsere Fehler und Verbrechen büßen lassen. Jedenfalls verfolgt und analysiert der oder die Unbekannte mit einer solchen Kälte unsere Jugendsünden, dass es eine völlig fanatische Vergeltung sein muss.“, stellte Mamadou mit einem trockenen und kratzigen Gefühl in der Kehle fest.

 „Das ist alles sehr seltsam. Paola Francesca Gallina wird auf fast schon satanistische Weise umgebracht und nun sollen hinter solchen Taten edle Vergeltungsmotive im Namen einer selbsternannten Gerechtigkeit eines Verblendeten stecken?“, fragte sich Thomas laut.

 „Vermutlich wird die Lösung irgendwo dazwischen stecken.“, mutmaßte Abdullah knapp.

 „Ein letztes Bild bleibt noch übrig.“, warf Lykström ungeduldig und bitter ein und schlug die letzte Seite des makabren Fotoalbums um.

 Auch die letzte Seite war mit einem Artikel oder besser gesagt mit einem Interview beklebt. Darin sprach ein anonymer Mann darüber, dass er in einem zwielichtigen Rotlichtmilieu von zwei sadomasochistischen Dominas fast zu Tode gequält worden war. Dieses Etablissement war auch auf einem Foto abgebildet, unter dem die große Frage stand, ob eine berühmte Horrorautorin tatsächlich mit an der Tat Schuld war, sowie an fünf weiteren Misshandlungen.

 „Hierbei kann es sich offensichtlich nur um Elaine Maria da Silva handeln.“, stellte Abdullah mit einer gewissen Abscheu in seiner Stimme fest und auch Thomas erschauderte, als er in dem Interview nähere Details der unterwürfigen Misshandlung erfuhr. Dennoch konnte er sich nicht dagegen wären, dass die kalte Brasilianerin auf ihn eine seltsame Faszination ausübte, auch wenn diese noch nicht sehr weitreichend war.

 So hart und entschlossen Thomas auch ansonsten war, bezüglich des weiblichen Geschlechts hatte er sich oft hilflos gefühlt, als ob er all seinen Willen bei dem Anblick einer schönen Dame sofort verlieren würde. Bei Jeanette war es so gewesen und bei der Brasilianerin drohte es nun ähnlich zu werden. Thomas schaffte es nicht gegen sich gegens eine erregten und semiperversen Fantasien zu sträuben und fühlte sich doch klammheimlich enorm schuldig.

 Mamadou versuchte inzwischen auch ein Fazit aus den schockierenden Entdeckungen zu ziehen und wandte sich an die restlichen Anwesenden in dem stinkenden Schiffsrumpf.

 „Nun haben wir jede Menge Bilder und Artikel gelesen. Unsere Hypothese war ja, dass lediglich der Täter nicht hierunter zu finden sei.“, bemerkte der Ghanaer ruhig und analytisch und hatte zu alter Souveränität zurückgefunden.

 Es war schließlich Gwang-jo, der ihm kalt und entschlossen ins Wort fiel.

 „Genau darauf habe ich auch die ganze Zeit geachtet. Meine Theorie hat sich bestätigt! Ich weiß nun, wer der Mörder ist!“

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