Eklablog
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by Sebastian Kluth

Kapitel 77

 Kapitel 77: Freitag, 21Uhr 35 Geheimgang

 

Björn Ansgar Lykström hatte bereits das obere Ende der alten Leiter erreicht und leuchtete argwöhnisch in die Tiefe. Dann wandte er sich zu seinen Begleitern um und stockte, als er die Brasilianerin eng an den schottischen Polizisten geschmiegt sah, der einen hochroten Kopf bekam und die mysteriöse Dame energisch abdrängte. Doch Elaine Maria da Silva ließ sich davon kaum beeindrucken, lächelte ihm süffisant zu und wandte sich stolz zu dem Schweden um, der seinen Blick stumm zu Boden gerichtet hatte und so tat, als habe er nichts bemerkt.

„Hier geht es nicht besonders tief herunter. Dort unten ist ein weiterer Gang, der genau in die andere Richtung führt, also praktisch unter dem Hauptgang her zurück in Richtung der Eingangshalle.“, informierte der Schwede die zu ihm huschende Brasilianerin, nickte betreten und schwang sich dann über die Öffnung hinweg.

Im darunter gelegenen Gang wurde es schlagartig dunkel, der milchige Schein der Taschenlampe war kaum noch zu erahnen. Thomas sah nur den schattenhaften Umriss der mysteriösen Brasilianerin. Er spürte eine zornige Wut in sich aufsteigen, als er realisierte, wie diese mit ihm spielte und wie willenlos er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Er wusste genau, dass diese Person schlecht für ihn war, doch er konnte ihr gleichzeitig ebenso wenig widerstehen, wie der ermordeten Französin, die ihn immer wieder betrogen hatte. Seit seiner Jugendzeit war er Frauen gegenüber völlig willenlos und hatte nie wirklich viel Glück in der Liebe gehabt.

Dieses Gefühl der Unterlegenheit wollte er sofort abstellen und zwang sich energisch zu einer Gegenreaktion, um sein gebeuteltes Selbstwertgefühl wieder ein wenig zu reparieren. Rasch kroch er deswegen der verführerischen Brasilianerin nach, legte nun seinerseits seine Hand auf ihre samtweiche Schulter und näherte seinen Mund ihrem Ohr.

„Warum machst du das mit mir? Warum lässt du das nicht einfach sein? Es ist mir absolut unangenehm, ich bin nicht an dir interessiert.“, hauchte er ihr trotz seiner gegenteiligen Aussage sehr erregt ins Ohr, nachdem er sicher gestellt hatte, dass ihr schwedischer Begleiter bereits in den nächsten Gang gekrochen war und vom dem Gespräch nicht viel mitbekommen konnte.

Die Brasilianerin wandte sich grazil um, verdrehte ihren Körper mit der Leichtigkeit eines Schlangenmenschen und presste ihre kalten Lippen nun ihrerseits an das Ohr des nervösen Schotten, der ein seltsames Zittern in sich spürte.

„Glaube mir, mein lieber Thomas, ich habe genug Männer in meinem Leben kennen gelernt, um beurteilen zu können, was sie wollen und was nicht. Deine Körpersprache ist eindeutig, du solltest dich nicht dagegen sträuben.“, flüsterte sie ihm zu und bewegte ihre Hand langsam in seinen Schritt.

Thomas atmete tief durch und wollte zurückweichen, als die Brasilianerin ihm sanft in sein Ohrläppchen biss und spöttisch lachte. Entsetzt schüttelte der Schotte den Kopf.

„Wie kannst du an solche Dinge denken, während hier im Schloss eine Person nach der anderen abgeschlachtet wird?“, frage er und seine Stimme troff vor Verachtung und Unverständnis, als er die Hand der Brasilianerin energisch wegdrückte.

„Ich brauche die Nähe eines starken Mannes. Du scheinst mir noch der vernünftigste und mutigste hier zu sein. Frauen gegenüber magst du hilflos sein, aber gerade das gefällt mir an dir.“, bemerkte sie spöttisch und griff nun mit beiden Hände an die Hüften des Schotten, der in dem engen Gang kaum ausweichen konnte. 

„Warum suchst du die Nähe eines mutigen Mannes, wenn du doch selbst so erfahren und selbstsicher bist?“, wollte Thomas mit bebender und gepresster Stimme wissen.

„Wenn wir uns allesamt isolieren, dann kommt hier niemand lebendig heraus. Ich denke, dass wir ein gutes Team bilden würden und gute Chancen darauf hätten, aus dieser Hölle zu entkommen. Du magst es nicht glauben, aber auch ich habe Angst, obwohl mich diese extrovertierte Art des Mordens auch irgendwie fasziniert.“, gab die Brasilianerin mit rauchiger Stimme zu und ging mit ihren spitzen Fingern weiter auf Wanderschaft.

„Du willst mich einfach ausnutzen und darauf werde ich bestimmt nicht eingehen!“, widersprach der Polizist und schüttelte brüsk den Kopf, was Elaine lediglich zu einem überheblichen Lächeln animierte.

„Wer sagt denn, dass du nur ausgenutzt wirst und nicht selbst profitieren könntest? Ich bin vielleicht nicht so, wie du es dir vorstellst. Aber beurteile ein Buch niemals nur nach seinem Einband, Thomas: „Do not judge a book by its cover. Das solltest gerade du als Polizist doch wissen.“, flüsterte Elaine Maria da Silva dem Schotten zu, dessen Mund verwundert aufklappte und der diese Aussagen kaum zu deuten vermochte. Denn seine Gedanken stemmten sich gegen den Sinn des Gesagten, während sein Körper ihm bereits die Antwort auf die ungestellten Fragen gab.

Thomas spürte eine gewisse Erregung in sich aufsteigen, gepaart mit einer großen Sorge, die ihn klammheimlich bedrückte.

„Wer sagt mir denn, dass du nicht hinter all dem steckst?“, wollte Thomas nervös wissen, doch seine Stimme hat an Energie und Willen verloren, stattdessen rann gleichzeitig ein kaltes und heißes Schaudern über seinen Rücken.

Die spitzbübischen Augen der Brasilianerin blitzten spöttisch auf und Thomas las in ihnen ein eindeutiges Versprechen, welches die mysteriöse Dame noch einmal wörtlich bestätigte.

„Niemand kann dir das sagen. Du spielst mit dem Feuer. Aber du kannst diesem Feuer nicht widerstehen und es wird dich verbrennen. Stehe einfach allem offen gegenüber. Man lebt schließlich nur einmal. Irgendwie werden wir diesen Horror überstehen, das spüre ich einfach und ich will es auch einfach. Und ich bekomme immer was ich will!“, hauchte die Brasilianerin den Schotten an und näherte ihre Lippen dabei sehr seinem Gesicht.

In diesem Moment meldete sich Björn Ansgar Lykström aus dem unteren Schacht räuspernd zu Wort. Thomas war dem Schweden richtig dankbar für die Unterbrechung, die ihm eine kurze Verschnaufspause bietete.

„Hier unten sind ist eine Kreuzung, es gibt zwei Wege. Einer nach links und einer nach rechts. Ich schlage vor, dass wir erst den linken nehmen.“, rief er zu seinen Begleitern.

           Elaine Maria da Silva blickte Thomas noch kurz und tiefgründig an, als würde die Seele dieses Mannes wie ein Buch vor ihr aufgeschlagen liegen. Thomas fühlte sich erbärmlich hilflos und war schweißüberströmt. Er atmete tief durch, als die Brasilianerin sich abwandte und nun ihrerseits die rostige Leiter in Angriff nahm.

Thomas hatte dann zum ersten Mal einen Blick auf den schmalen Gang, der ihn überhaupt umgab. Er war völlig verstaubt, in den Ecken hingen zahlreiche alte Spinnenetze und die Luft war stickig und verbraucht. Die Wände bestanden größtenteils aus alten, roten Ziegelsteinen, die mittlerweile relativ blass wirkten.

Auch Thomas begab sich nun an den Abstieg und kletterte die rostige Leiter hinab, die ein unheimlich quietschendes Geräusch verursachte, als ob sie gegen die erneute Last protestieren wollte. Thomas  schwirrten wieder zahllose Fragen durch den Kopf und gleichzeitig dachte er noch an die erregenden Worte und Gesten der Brasilianerin, die ihn wie eine Marionette steuern konnte. Er versuchte sich zu beruhigen, wischte sich den Schweiß von der Stirn und ordnete seine verworrenen Gedanken, um sich auf die aktuelle Problemsituation zu konzentrieren. Hatte der unheimliche Butler von dem Geheimgang gewusst und sich irgendwo in einem unbekannten Gewölbe versteckt?

Diese zentrale Frage lief ihm nach, als er in dem unteren Schacht angelangte, der noch flacher war, sodass er sich flach auf den Boden legen musste und auf harten Ziegelsteinen herkroch. Vor ihm rappelte sich Elaine Maria da Silva gerade auf und lief geduckt in die linke Richtung. Eine fast handgroße und schwarze Spinne huschte ihr hinterher. Thomas fröstelte und beschleunigte sein Tempo, in der Hoffnung weiterem Ungeziefer aus dem Weg zu gehen.

         Nach wenigen Metern rappelte auch er sich auf und sah einen quer laufenden Gang, der vor ihm nach links oder nach rechst führte. Die linke Seite schien etwas älter, schmaler und verdreckter zu sein, während man im rechten Teil fast aufrecht gehen konnte. Zudem ging der rechte Teil noch ein Stück in die Tiefe und verschwand in einer dunklen Biegung.

Thomas blieb keine andere Wahl als dem eingeschlagenen Weg des Schweden zu folgen und krabbelte nun seinerseits durch einen leicht ansteigenden Schacht. Weit vor sich sah er die Umrisse des schwarzen Rockes der Brasilianerin und die helle und sanfte Haut ihrer makellosen Beine.

Mit einem Mal hörte Thomas ein verschrecktes Quieken und bemerkte mit großen Unbehagen eine dicke Ratte, die aus einem dunklen Loch über den Gang kroch und sich ihm näherte. Ihr grauer Schwanz peitschte angriffslustig hin und her und das fiese Tier bleckte seine kleinen, aber spitzen Zähne.

Thomas zitterte und schlug mit der geballten rechten Faust nach vorne, um den Nager irgendwie zu vertreiben. Die fette Ratte quiekte empört auf und schnappte nach der Faust des Schotten, der diese noch im letzten Moment zurückziehen konnte. Fluchend versuchte er mit der anderen Hand nachzusetzen und sah mit großer Erleichterung, dass der hässliche Nager den Kampf aufgab und in irgendein dunkles Loch huschte. Lediglich der haarige, lange Schwanz hing noch aus dem Loch und zuckte konvulsivisch.

Mit einem flauen Gefühl im Magen kroch Thomas weiter und sah weit vor sich den flackernden Schein der Taschenlampe. Der enge und ansonsten völlig dunkle Gang machten ihn nervös und als das Licht der Taschenlampe plötzlich ausging, wurde er nur noch nervöser. Um sich herum hörte er ein undefinierbares Rascheln, weiter vorne ein hohles Scharren.

Thomas kroch in einer panischen Kraftanstrengung vorwärts und erreichte plötzlich das Ende einer weiteren rostigen Leiter. Hektisch rappelte er sich auf und erklomm Sprosse um Sprosse. Nach wenigen Augenblicken hatte er das Ende erreicht und sah zu seiner großen Erleichterung rauch wieder den milchigen Schein der Taschenlampe und zudem einige seltsame Löcher in der Wand, vor denen der Schwede und die Brasilianerin prüfend stehen geblieben waren.

Auch Thomas stieß nun zu den beiden und blickte angestrengt durch die Löcher, die genau parallel auf seiner Augenhöhe lagen. Angestrengt kniff er seine Augen zusammen und staunte nicht schlecht, als er auf den Gang blickte, in dem sein Zimmer lag. Wenn er sich ein wenig schräg stellte, konnte er sogar seine eigene Zimmertür erkennen. Aus den Augenwinkeln heraus sah er auch Abdullah, der ratlos durch den Gang lief und irgendjemandem etwas zurief.

„Diese Löcher sind die Augen der Porträts, die auf dem Gang hängen. Wenn der Killer davon wusste, dann konnte er uns praktisch die ganze Zeit beobachten und konnte sich nach einer Tat in diesen Schleichweg zurückziehen.“, bemerkte Björn Ansgar Lykström mit gepresster Stimme, da er auf alle Fälle vermeiden wollte, dass ihn jemand in dem Gang hören konnte.

„Ich möchte nur zu gerne wissen, wo dieser Gang endet.“, bemerkte Elaine Maria da Silva und war bereits weiter gegangen.

Zögernd folgte Björn Ansgar Lykström ihr, Thomas bildete das letzte Glied der kleinen Gruppe. Der Gang machte einen leichten Knacks nach rechts und endete plötzlich vor einer Wand, die ein wenig seltsam aussah.

Prüfend klopfte die Brasilianerin dagegen und mit einem Mal gab das Wandstück nach und fiel mit einem dumpfen Krachen in einem kleinen Raum zu Boden. Die getarnte Wand war nichts Anderes als ein loses Holzbrett gewesen.

Entschlossen trat Elaine Maria da Silva in den kleinen, dunklen Raum, der völlig verstaubt und stickig war. Auch der schwedische Lehrer folgte ihr und nickte nachdenklich.

„Ich glaube, dass ich weiß, wo wir uns befinden.“, murmelte er nach einiger Zeit.

Thomas war inzwischen auch in den Raum getreten, der kaum ausreichend Platz für die drei Anwesenden bot. An den Wänden standen alte Regale, auf denen verrostete Eimer, staubige Lappen oder auch einige Büchsen und Kannen standen. In der Ecke des Raumes stand ein antikes Radiogerät, daneben eine kleine Couch, die völlig heruntergekommen und durchlöchert war. Sogar einige alte Medizinkoffer und Wasserkästen standen hier herum.

„Heraus mit der Sprache.“, forderte die Brasilianerin den Schweden ungeduldig auf.

„Das ist der alte Vorratsraum des Schlosses. Der Raum wird seit Jahren nicht mehr genutzt, so weit ich weiß. Die Tür auf dem Gang ist völlig unscheinbar und von außen verschlossen und wohl niemandem mehr zugänglich.“, bemerkte der Schwede.

Doch die Überraschungen rissen nicht ab. Thomas blickte auf eines der Regale und hob zufällig prüfend eine noch nicht verstaubte Wasserflasche hoch, sowie zwei milchige Plastikbehälter in denen eine undefinierbare Flüssigkeit schwamm. Daneben lagen zusätzlich noch zwei Plastikspritzen. Für Thomas ließen diese Entdeckungen nur einen einzigen Schluss zu.

„Nicht ganz. Hier muss vor kurzem jemand gewesen sein. Nach diesen Instrumenten zu urteilen, haben wir eines der Schlupflöcher des Mörders gefunden.“, entgegnete der engagierte Schotte mit pochendem Herzen und sah seine beiden schreckensbleichen Begleiter grimmig dabei an.

 

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