• 30. Wertvoll? (30/07/09)

    Wertvoll?

     

    Von Sebastian Kluth, 29.07.09, 18:27h

     

    Haben junge Leute noch die gleichen Wertvorstellungen wie ihre Eltern und Großeltern? Haben sie überhaupt welche? Junge-Zeiten-Autor Sebastian Kluth über den Wert einer fürsorglichen Erziehung. 

     

     

     

     

    Es ist ein schöner Nachmittag, ich sitze im Bus und lese Zeitung. Mit einem Mal trifft mich ein Gegenstand am Hinterkopf. Ich drehe mich um und sehe vier oder fünf Schüler, die eben erst in den Bus gestiegen sind. Sie tragen weite Hosen und zum Teil verkehrt aufgesetzte Mützen, und einer der Jugendlichen beschallt mit einem nagelneuen Handy den restlichen Bereich des Busses mit Hip Hop, kombiniert mit aggressiven Texten. Ich versuche die Gruppe zu ignorieren, doch sie finden in mir ein typisches Feindbild, denn sie lästern über „Scheiß Gymnasiumschüler“ und meine etwas längeren Haare. Ich muss aufstehen, um auszusteigen und werfe noch einen flüchtigen Blick zu ihnen. „Ey Alter, was guckst du so blöd“, sagt einer und grinst mich breit an. Er droht, mich zusammenzuschlagen, wenn ich am nächsten Tag denselben Bus nehmen sollte.

    Seitdem frage ich mich, was wohl die Gründe für solch ein Verhalten sind. Diese Leute treten immer in Gruppen auf, nur dann fühlen sie sich sicher und stark. Sie benutzen eine von asozialen Floskeln geprägte Sprache, ihre Opfer werden meist willkürlich gewählt. Meist sind es jedoch Einzelpersonen, egal ob Jungen oder Mädchen, Jugendliche oder Rentner. Viele solcher Täter wachsen in instabilen familiären Strukturen auf, fühlen sich vernachlässigt und wollen um jeden Preis die Aufmerksamkeit erregen, die sie nie bekommen haben. In ihrer Verlorenheit fühlen sie sich in diesen Gruppen geborgen, sehen in ihrem Handeln eine Selbstbestätigung, eine neue Macht.

    Hilfsangebote

    Die Wut gegenüber sich selbst und die eigene Familie projiziert sich auf andere Personen, denen es besser geht. Anstatt über solche Dinge die Nase zu rümpfen, sollte man versuchen, den Leuten zu helfen. Jugend- und Sportclubs oder Angebote der Kirchengemeinden könnten diesen Menschen notwendige Anlaufstationen bieten. In der Schule sollten Problemkinder gezielter gefördert werden, daher sollte man mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen dorthin schicken. Zunächst einmal muss man aber auch beginnen, die Eltern zu erziehen, so dass sie sich in ihrer Freizeit um ihren Nachwuchs kümmern, anstatt ihn abzuschieben und zu ignorieren.

    Es bleibt leider festzustellen, dass mit der fortschreitenden Emanzipation die Jugendkriminalität und -verwahrlosung zugenommen hat. Vielen Kindern fehlt dadurch eine Vertrauensperson, ein Ansprechpartner. Natürlich ist es wichtig, dass auch junge Mütter wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden, allerdings sollte man Eltern, die wegen ihrer Kinder zu Hause bleiben und sich um sie kümmern, finanziell unterstützen, anstatt die Kinder möglichst früh in Tagesstätten abzuschieben, wo sie trotz aller aufrichtigen Bemühungen der Erzieherinnen und Erzieher niemals dieselbe Aufmerksamkeit genießen und alle ihre Probleme mitteilen können.

    Bei Eltern, die ihre Kinder aber auch dann noch vernachlässigen, sollte genau das Gegenteil passieren, denn bevor die Kinder verwahrlosen, sollte das Sozialamt eingreifen und die Kinder gezielt betreuen.

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