• Ein paar Berichte und Gedanken zum sogenannten Friedenskonvoi in Kanada

    Verehrte Lerser:innen,

    In der kanadischen Hauptstadt sind seit letzten Freitagabend Demonstranten aus ganz Kanada aufgeschlagen. Organisiert wurde dieser Protest von einigen Truckern, die dagegen sind, dass sie entweder geimpft sein müssen, um die kanadisch-amerikanische Grenze zu überqueren oder sich andernfalls in Quarantäne begeben müssen. Aus diesem Protest ist dann aber eine viel allgemeinere Demonstration gegen Coronamassnahmen geworden. Am Wochenende waren tausende Leute vor Ort, am heutigen Nachmittag sind es immer noch mehrere hundert Menschen.

    Da manche Leute ja oft sagen, dass man nicht alle Demonstranten gleich beurteilen sollte, habe ich mir von der Situation vor Ort am Samstag mal ein genaueres Bild gemacht. Ich habe viele schreiende Menschen mit Plakaten wie ''Fuck Trudeau'' gesehen, die einige Erwachsene auch gerne ihren vielleicht fünfjährigen Kindern in die Hände gedrückt haben. Ich habe viele Lastkraftwagen gesehen, die Brücken und Strassen blockieren, die Luft mit Diesel verpesten und unentwegt von morgens um acht Uhr bis um Mitternacht laut hupen. Ich habe Menschen mit Flaggen der Konföderierten und gar der Naziflagge gesehen. Es wurde auf einem Kriegsdenkmal geparkt und verschiedenen Statuen historisch wichtiger Persönlichkeiten vor Ort Flaggen umgehängt und Plakate in die Hände gedrückt. Viele Demonstranten haben bei den eisigen Temperaturen um minus zwanzig Grad Schutz im nahe gelegenen Einkaufszentrum gesucht. Dort wurde weder Abstand gehalten noch Maske getragen. Passanten mit Masken wurden streckenweise mit hämischen Kommentaren bedacht, das ist mir sogar persönlich passiert. Später konnte man in den Medien noch Augenzeugenberichte hören, dass einige Demonstranten Essen und Getränke aus einem Obdachlosenheim geklaut haben und Vandalismus begangen haben, wenn sie Gebäude sahen, die mit der Regenbogenflagge behangen waren.

    Diese Demonstrationen haben viele negative Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die Anwohner vor Ort müssen sechzehn Stunden am Tag ununterbrochenes Hupen ertragen. Der Verkehr kommt in vielen Teilen von Ottawa und Gatineau zum Erliegen. Auf der Arbeit kommen viele Leute deshalb zu spät an und stehen streckenweise Stunden im Stau. Der Busverkehr zwischen Gatineau und Ottawa war vier Tage lang komplett eingestellt. Ich selbst musste eine halbe Stunde durch die Kälte laufen, um mich durch eine aggressive Menschenmassen zu arbeiten und zur nächsten Bushaltestelle zu kommen. Über der Innenstadt schwebt eine stinkende und ungesunde Dieselwolke. Es gab viel Vandalismus wie zerbrochene Scheiben, angezündete Mülltonnen und Demonstranten, die auf Strassen und Gehwegen ihr Geschäft erledigt haben. Der harte Kern der Demonstranten ist immer noch vor Ort und erklärt erst gehen zu wollen, wenn die Coronamassnahmen aufgegeben werden und Premierminister Justin Trudeau zurücktritt. Einige Teilnehmer haben selbst den Medien erklärt auch noch in den kommenden Wochen vor Ort übernachten und demonstrieren zu wollen und möchten weitere Konvois in andere Städte wie Québec-Stadt schicken.

    Mein Fazit ist daher ganz eindeutig: diese Demonstrationen haben keinerlei Unterstützung, Sympathie oder Rechtfertigung verdient und die Leute vor Ort sind durch die Bank subversiv, radikal und gefährlich. Der Grossteil dieser Demonstranten stammt klar sichtbar aus dem rechtsextremen Spektrum. Flaggen oder Symbole aus dem linken oder liberalen Spektrum gab es gar nicht zu sehen. Ich finde diese Demonstrationen verachtenswert und hoffe, dass sie sehr bald friedlich enden wird. Ein ausdrückliches Lob geht raus an die Einsatzkräfte vor Ort wie Polizisten, die wirklich als Minderheit mit Samthandschuhen dafür sorgen müssen, dass eine pöbelnde Mehrheit nicht zu noch radikaleren Methoden greift. Weiterhin komme ich zu der Erkenntnis, dass die Impfgegner und Pandemieleugner mit solchen Demonstrationen jegliche Glaubenswürdigkeit und Toleranz verloren haben. Es ist löblich, dass Anwohner, Einsatzkräfte und Politiker vor Ort hier nicht einknicken und sich ganz klar aber friedlich gegen diese Demonstranten positionieren. Man kann nur jede Bürgerin und jeden Bürger unterstützen es ihnen gleich zu tun, damit die pöbelnde Minderheit nicht auf den Gedanken kommt, in der Mehrheit oder gar im Recht zu sein.

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