• Kapitel 22

    Kapitel 22: Donnerstag, 9 Uhr 19, Yacht

    Doktor Wohlfahrt machte einen ungesunden Eindruck. Sein Gesicht war relativ bleich und unter seinen Augen zeichneten sich schwarze Ringe ab. Seine Wangen wirkten noch eingefallener als sonst und nicht einmal sein gekünsteltes Lächeln wollte auf dem Gesicht erscheinen. Er schien erstaunlicherweise nicht einmal mehr die Kraft zu haben, um zu fragen, wo Mamadou und Thomas gewesen waren. Stumm wies er nach draußen und trat ohne ein einziges Wort der Begrüßung an den beiden erstaunten Ankömmlingen vorbei. Die beiden sahen sich tiefgründig an und Thomas zuckte mit den Schultern. Schließlich folgten sie dem energisch voranschreitenden Schlossherrn, der noch seinen Morgenmantel anhatte und sich lediglich ein Paar ausrangierter Gummistiefel angezogen hatte.


    Nach wenigen Minuten hatten sie die Yacht erreicht und dieses Mal sprang Mamadou über die Reling und fuhr den schmalen Steg aus. Der Schlossherr marschierte eiligen Schrittes darüber und steuerte stumm den nächsten Aufgang an. Behände nahm er die Treppenstufen und ging auf die offen stehende Tür zu, hinter der sich die kleine Kabine mit dem Steuerrad und dem Funkgerät befand. Entschlossen stürmte der österreichische Direktor in die enge Kabine und riss das Funkgerät aus seiner Verankerung. Er wollte bereits zum Funkspruch ansetzen, als er stockte und das Gerät eingehender betrachtete.


    Thomas und Mamadou standen ebenfalls in der Tür und sahen wie der Direktor das Funkgerät fluchend zur Seite schleuderte. Die hinteren Kabel waren fast allesamt durchgetrennt worden, das Gerät nutzlos. Betreten tauschten Mamadou und Thomas ihre Blicke aus, während der Direktor sich auf dem einzigen Stuhl des kleinen Raumes niederließ. Er verschränkte seine hageren Arme auf dem Armaturenbrett und vergrub sein Gesicht zwischen ihnen. Die Emotionen der letzten Stunden fanden nun ihren Weg und brachen aus ihm hervor. Aus dem arroganten, distanziert wirkenden Menschen war mit einem Mal eine unsichere, verzweifelte Person geworden.


    Thomas wusste nicht, wie er auf den Gefühlsausbruch des Direktors überhaupt reagieren sollte. Nervös und unentschlossen blieb er ihm Türrahmen stehen, während sich Mamadou vorwagte und die Schulter des Direktors ergriff. Dieser schlug barsch um sich, fluchte wieder und sank schluchzend in sich zusammen. Mamadou wandte sich resigniert ab und kaute nervös an seinen Fingernägeln, während Thomas ins Leere starrte.


    Nach einigen Augenblicken hatte der Direktor seine Krise überwunden, drehte sich zu den beiden um und fühlte sich peinlich berührt. Es war eine Schande für ihn, dass er seine Emotionen so offen gezeigt hatte. Mit bebenden Lippen stand er auf, wies mit dem Zeigefinger zuerst auf Thomas, dann auf Mamadou und schüttelte fluchend den Kopf. Grob drängte er sich an den beiden vorbei und trat nach draußen in den Sturm.


    „Was wollen Sie jetzt machen?“, rief Mamadou ihm fragend hinterher.


    Zunächst schien der mürrische Direktor nicht antworten zu wollen, doch kurz vor der Treppe hielt er in seinem energischen Schritt inne und wandte sich grimmig um.


    „Niemand wird es wagen dieses Spiel mit mir fortzuführen. Wer immer mich in die Irre führen will, mich legt er nicht mehr herein. Wir werden heute Nachmittag mit der Yacht diese Insel verlassen. Mir ist egal, wie stark dabei der Sturm sein wird.“, antwortete er und wandte sich wieder um.


    Thomas und Mamadou sahen sich besorgt an und Thomas untersuchte die kleine Kabine nach irgendwelchen Spuren. Sie betrachteten den Boden, sahen im Mülleimer nach, doch es gab nichts Nennenswertes zu entdecken. Enttäuscht verließen sie die Kabine, schlugen die quietschende Tür hinter sich zu und kämpften sich durch den erbarmungslosen Sturm zurück in die Eingangshalle des Schlosses.

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