• 12. Militärischer Drill ist keine Lösung (24/01/08)

    Militärischer Drill ist keine Lösung

     

    Erstellt 24.01.08, 10:41h, aktualisiert 30.01.08, 17:33h

     

    Die jüngsten Vorschläge aus der Politik das Jugendstrafrecht zu verschärfen werden stark kritisiert. Nach amerikanischem Vorbild könnten junge Straftäter in Erziehungscamps geschickt werden.

     
    Bild: Reuters
     
    "Strafarbeit": Die jüngsten Vorschläge aus der Politik, das Jugendstrafrecht zu verschärfen sorgen für heftige Diskussionen.

     

    Nach den jüngsten Ereignissen und Kommentaren einiger Unionspolitikern, allen voran Hessens Ministerpräsident Roland Koch, steht die Frage nach dem richtigen Umgang mit jugendlichen Straftätern wieder im medialen Interesse.

    Koch sprach sich für Erziehungscamps nach amerikanischem Vorbild aus. Ähnlich wie ein gewisser Nicolas Sarkozy aus Frankreich würde er kriminelle Jugendliche wohl am liebsten mit einem Hochdruckreiniger "wegkärchern".

    Ein Blick auf die Unruhen in den Vororten von Paris zeigt, dass solche Vorgehensweisen die Situation eher noch weiter eskalieren lassen. SPD-Politiker lehnen Sarkozys Ideen ab und bezeichnen insbesondere Kochs ebenfalls dargelegtes Drängen auf eine konsequentere Abschiebung ausländischer Jugendstraftäter zudem als plumpen Versuch, im Wahlkampf die Stimmen der rechten Bevölkerungsschicht zu gewinnen.

    Resozialisieren

    Doch was gibt es an Alternativen? Wie sollte man mit Jugendstraftätern umgehen? Zunächst sollte im Vordergrund stehen, die Jugendlichen zu resozialisieren, anstatt sie zu bestrafen. Von daher halte ich Projekte für sinnvoll, in denen jugendliche Straftäter die Chance bekommen in Gastfamilien untergebracht zu werden, wo sie am Leben im Haushalt teilnehmen und gezwungen werden ihren Beruf regelmäßig auszuführen, beziehungsweise zur Schule zu gehen. Auch soziale und kreativ-sportliche Aktivitäten mit anderen straffälligen Jugendlichen sollten in speziellen Institutionen verstärkt werden, damit das Gemeinschaftsgefühl verbessert wird. Dies ist sicher effektiver bezüglich einer Rückfallquote, als ein Gefängnisaufenthalt oder pseudomilitärisch angesiedelte Erziehungscamps, in denen Jugendliche sich möglicherweise noch erniedrigter fühlen, da sie herumkommandiert und auch teilweise hart bestraft werden. Man kann Feuer nicht mit Feuer bekämpfen. Doch bereits vorher sollte eine Prävention stattfinden. Die Ursachen für jugendliche Straftäter lie- gen oft in deren Gefühl der Ausgegrenztheit, an ihrer Beschäftigungslosigkeit und Langeweile oder an simplen Machtbeweisen gegenüber anderen Mitmenschen. Deshalb sollte man nicht etwa, wie Koch, im allgemeinen Sparwahnsinn, Einrichtungen der Jugend- und Gefangenenhilfe die Zuschüsse streichen, sondern gerade diese fördern. Auch an Schulen sollten mehr Sozial- und Sportaktivitäten stattfinden. Die Einführung von Schulpsychologen wäre vorteilhaft. Bezüglich der jugendlichen, ausländischen Straftätern sollte man diesen anbieten, an Workshops teilzunehmen, in denen ihnen die deutsche Lebensweise und Kultur näher gebracht wird - nicht etwa, um diese Menschen zu konvertieren, sondern um ihnen Toleranz einzuimpfen und ihnen auch zu zeigen, dass man sich für sie interessiert und sie integrieren will.

    Fehlende Möglichkeit

    Zudem sollten entgegen der Politik von Ursula von der Leyen Eltern finanziell unterstützt werden, die sich intensiver um ihren Nachwuchs kümmern möchten und denen ihr Familienleben noch wichtiger als ihr Job ist. Erzieher in Kindertagesstätten haben nämlich trotz löblicher Bemühungen gar nicht die Möglichkeit, sich umfassend um die Belange und Probleme jedes Einzelnen zu kümmern. Wenn all dies realisiert wird, sinkt auch die Anzahl an Jugendstraftätern. Wiederholungstäter, die trotz entsprechender Betreuung unbelehrbar sind, sollten allerdings zukünftig strenger verurteilt werden, da viel zu oft nur Bewäh- rungsstrafen ausgesprochen werden und Jugendliche oft monatelang auf Wartelisten stehen, bevor sie den Arrest antreten müssen. Zudem sollte auch das Personal und die Kapazität der Jugendvollzugsanstalten aufgestockt werden, damit Ereignisse wie in Siegburg zukünftig vermieden werden können.

    SEBASTIAN KLUTH

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