• 20. Kein Privileg für Erwachsene (24/07/08)

    Kein Privileg für Erwachsene

    Politik sollte auch von Jugendlichen aktiv betrieben werden

     

    Von Sebastian Kluth, 23.07.08, 19:25h

     

    Annika Söllinger schaffte mit 14 Jahren den Sprung in den NRW-Jugendlandtag und setzt sich seitdem für die Interessen von Kindern und Jugendlichen ein.

     
    Jupa
     
    Annika Söllinger lebt in Leichlingen und besucht die Marienschule in Opladen. Die 14-jährige Gymnasiastin mischt nicht nur im Leichlinger Jugendparlament mit, sondern nahm kurz vor den Ferien auch am nordrhein-westfälischen Jugend-Landtag teil. (Bild: Privat)
     

    Leichlingen - Annika Söllinger ist ein ganz normales, 14-jähriges Mädchen aus Leichlingen, das an der Marienschule in Opladen zum Unterricht geht. Doch sie hat ein für ihr Alter eher untypisches Hobby, mit dem sie sich von den meisten anderen Jugendlichen unterscheidet: Sie setzt sich bereits seit etwa vier Jahren politisch für die Rechte und Ideen der Jugendlichen ein und ist Mitglied des Leichlinger Jugendparlaments. Kurz vor den Sommerferien gelang ihr zudem ein ganz besonderer Erfolg: Sie nahm auf Grund einer Empfehlung der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Leichlingen vom 22. bis 24. Juni am Jugend-Landtag teil und das, obwohl sich die Jugendlichen eigentlich im Alter von 16 bis 20 Jahren bewegen sollten. Annika erhoffte sich von der Teilnahme vor allem einen genaueren Einblick in die Arbeit der Landtagsabgeordneten, zudem möchte sie den Politikern auch beweisen, dass sie - stellvertretend für die Jugend allgemein - Interesse an politischer Arbeit hat und dass junge, engagierte Schüler gemeinsam viel bewegen können und es eine kreative politische Zukunft in Deutschland gibt.

    Die in Düsseldorf erarbeiteten Gesetzesentwürfe und Kompromisse sollen möglicherweise auch entsprechend in den Landtag einfließen. Hinter der bemerkenswerten Entwicklung der jungen Schülerin steckt jedoch eine längere Geschichte. Bereits vor fünf Jahren, als Annika noch in die vierte Klasse ging, erfuhr sie zum ersten Mal von dem Konzept des Jugendparlaments und war sogleich interessiert, obwohl sie heute zugibt, dass sie damals noch nicht genau wusste, was es damit genau auf sich haben könnte. Ihre Neugierde war schließlich stärker und so ließ sie sich zur Wahl stellen.

    Mit einem Erfolg hat sie damals selbst nicht gerechnet, doch sie wurde tatsächlich gewählt und ist dem Parlament seitdem treu geblieben. Die Entstehung des heutigen Jugendparlaments war überhaupt erst auf Grund der Initiative der Jusos, der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD, in Gang gesetzt worden, die nach den ersten Jugendratsitzungen in den Jahren 1998 und 1999 die „AG Kinder-und Jugendparlament“ gegründet hatten. Ein Jahr später wurde die Einrichtung beider Parlamente beantragt, die kurz darauf vom Leichlinger Stadtrat beschlossen wurde. Im Anschluss daran wurde die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit den Antragstellern ein Konzept zu entwickeln, das im Juni 2000 in den Jugendhilfeausschuss eingebracht wurde.

    Beachtliche Erfolge

    Nachdem das Konzept wieder im Jugendhilfeausschuss, im Haupt-und Finanzausschuss und im Rat beschlossen wurde, startete für das Schuljahr 2000 / 2001 die erste Wahlperiode. Seitdem konnten die Jugendlichen im Parlament bereits einige beachtliche Erfolge erzielen. So wurde beispielsweise ein Fußweg für Schüler der Körperbehindertenschule beschlossen, Trendspiele wurden an den Grundschulen Leichlingens verboten, aber es wurden auch Renovierungsanträge gestellt, um für saubere und funktionstüchtige Toiletten in Schulgebäuden zu sorgen. Generell laufen solche Beschlüsse folgendermaßen ab: Die Anliegen der Kinder und Jugendlichen werden gesammelt und auf ihre Durchführbarkeit hin untersucht. Danach werden sie an die zuständigen Arbeitskreise weitergegeben und dort überarbeitet, bevor über den Antrag in einer Sitzung des Jugendparlaments endgültig entschieden wird. Dieser wird dann an die städtischen Fachämter weitergeleitet und von dort an die entsprechenden Ausschüsse der Stadt.

    Annika Söllinger beschreibt die Arbeit im Parlament als sehr vielseitig, da viele Ideen der Jugendlichen auch konkret selbst umgesetzt werden können. So werden über das Parlament auch schon einmal Konzerte oder Turniere aller Art organisiert. Der Aufwand im Leichlinger Jugendparlament hält sich laut Annika auch einigermaßen im Rahmen. Einmal im Monat gibt es so genannte Arbeitskreissitzungen, dreimal pro Jahr wird über Anträge beraten. Die jeweiligen Sprecher der Parlamente tagen zudem noch etwa drei bis vier Mal jährlich im Jugendhilfeausschuss, in dem sich die verschiedenen Mitglieder über aktuelle Themen und Entwicklungen austauschen und sich gegenseitig unterstützen.

    Einmal im Jahr gibt es zudem in Herne einen umfangreichen Workshop für alle Jugendparlamente aus Nordrhein-Westfalen. Das Ganze hört sich sehr interessant, vielseitig und professionell an, aber wie kann man selbst Teil dieses Jugendparlaments werden? Auch hierfür kennt Annika einige nützliche Tipps. Jeder, der bereit ist, sich für andere Kinder und Jugendliche einzusetzen und dafür gerne einen Teil seiner Freizeit opfert, ist für ein Engagement prädestiniert. Man muss keiner Partei angehören, denn es wird in den entsprechenden Schulen in Leichlingen gewählt, wobei es aber auch zwei Externensitze gibt, von denen Annika einen bekleidet, da sie ja zur Marienschule geht.

    In den Kinderschuhen

    Sie hofft zudem noch auf mehr Unterstützung seitens gleichaltriger Jugendlicher, damit die Vorschläge und Ambitionen auch auf Landesebene von den Erwachsenen endgültig ernst genommen werden. Auch von Nichtmitgliedern des Parlaments wird für Veranstaltungen gerne Hilfe in Anspruch genommen, denn zusammen kann man viel bewegen. Es bleibt daher zu hoffen, dass es bald noch mehr Jugendparlamente geben wird, damit dieses aussichtsreiche Projekt, das größtenteils noch eher in den Kinderschuhen steckt, an Einfluss gewinnen kann. An dieser Stelle sei deshalb ein ausdrücklicher Appell vor allem an die Leverkusener Politiker und Schulen gerichtet, für diese Projekte noch mehr Werbung zu machen.

    Für Annika Söllinger steht indes schon heute fest, dass sie längerfristige politische Arbeit verrichten möchte, da ihr die bisherige Arbeit wichtige Erfahrungen gebracht hat. Doch dieser Entschluss muss gut überlegt sein, wie sie selbst sagt: „Ich werde mir erst die einzelnen Parteien und ihre Programme angucken, um mich dann zu entscheiden, in welcher ich mir eine Mitarbeit vorstellen kann“.

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