• 23. Auf Goethes Spuren (13/11/08)

    Auf Goethes Spuren

     

    Von Sebastian Kluth, 12.11.08, 16:44h

     

    Neben den bekannten Klassikern beherbergt die Stadt in Thüringen auch ein paar Überraschungen. Die Deutsch-Leistungskursler des Werner-Heisenberg-Gymnasiums unternahmen eine Studienfahrt auf den Spuren großer Dichter.

     
    Goethe und Schiller
     
    Denkmal für Dichter: In Weimar wirkte nicht nur Johann Wolfgang von Goethe (l.), sondern auch Friedrich Schiller. Beide wurden in der thüringischen Stadt in Bronze verewigt. (Bild: Archiv)
     

    Weimar/Leverkusen - „Wo finden Sie auf einem so engen Fleck noch so viel Gutes?“ Was schon Goethe erstaunte, erkundeten die Deutsch-Leistungskurse des Werner-Heisenberg-Gymnasiums sowie einige weitere Schüler der Stufe 13 bei einer fünftägigen Studienfahrt nach Weimar. Die „Kulturhauptstadt Europas“ von 1999 hat über Jahrzehnte hinweg die europäische Literatur, Musik oder auch Politik maßgeblich beeinflusst. Die Stimmung war zu Beginn der Fahrt dennoch eher wechselhaft, da manch ein Schüler sich eher eine Reise ins Ausland gewünscht hatte oder mitunter auch nicht ganz freiwillig mitfuhr.

    Auf der Hinreise quer durch Deutschland gab es den ersten Zwischenstopp bereits nahe der hessisch-thüringischen Grenze an der Wartburg. Die ist beispielsweise durch den legendären Sängerwettstreit bekannt, aber auch durch den Reformator Martin Luther, der sich hier versteckte und in nur elf Wochen das Neue Testament der Bibel ins Deutsche übersetzte und dadurch später eine enorme Kulturrevolution in Gang brachte.

    Nach ausgiebiger Besichtigung wurde die Reise fortgesetzt und am Abend kamen wir dann in Weimar an. Die Stadt ist wesentlich vielfältiger und größer, als ich sie mir vorgestellt hatte. Neben dem historischen Zentrum, allerlei anschaulichen Museen, Parks, Kirchen oder Rathäusern gibt es auch moderne Wohnviertel oder Einkaufszentren in der Stadt.

    Auf dem Programm standen natürlich die üblichen Klassiker: Die durchaus beeindruckende und sehr schön gestaltete Anna-Amalia-Bibliothek sowie die Wohnhäuser von Goethe und Schiller. Dabei gab es durchaus interessante Details zu erfahren: Goethe verkroch sich bei einem Angriff der Franzosen beispielsweise feige in den hinteren Räumen und ließ seine Frau ihn und das Haus allein verteidigen, während Schiller gleich zwei Frauen auf einmal heiraten wollte und auch alkoholisch gesehen recht extrovertiert war. Ansonsten wurde uns noch ein Theaterstück vorgesetzt, welches einen klassischen Dichter in modernem Spiel und Gewand präsentieren sollte und dementsprechend, trotz guter spielerischer Leistung, in die Hosen ging und den epochalen Spagat nicht schaffte. Neben diesen Rahmenprogrammen gab es auf der Reise glücklicherweise viel Zeit zur freien Gestaltung, die auch sinnvoll genutzt wurde. So erkundete ich mit einigen Freunden beispielsweise den Park an der Ilm, mit Goethes unspektakulärem Gartenhaus, einer weitaus interessanteren Parkhöhle und einem stilistisch faszinierenden Römischen Haus.

    Auch manche extrem baufälligen Kirchen wurden von uns bestiegen, die einen ganz schön ins Schwitzen brachten und dringend renoviert werden sollten. Als Liebhaber russischer Kultur kam ich auch auf meine Kosten, da es in Weimar neben russisch-orthodoxen Kirchen und diversen sowjetischen Friedhöfen auch einen reizvollen Laden namens „Moskwa“ gibt, in dem man sich neben dem Brotgetränk Kwas auch mit abenteuerlichen Schokoladensorten und russischem Bier versorgen kann. Ein weiteres absolutes Muss sind die schmackhaften Rostbratwürste und das Ehringsdorfer Bier, so dass das kulturelle Programm nahezu perfekt war. Der vorletzte Tag ließ jedoch alle „angenehmen Kulturerrungenschaften“ schlagartig vergessen, denn die Besichtigung des Konzentrationslagers Buchenwald war wie ein Schlag in den Magen. Ich kann nur appellieren, dass nicht nur jeder Deutsche, sondern generell jeder Mensch dieser Welt eines der leider zahlreichen Lager ein Mal im Leben besichtigt. Erst durch seine eigenen Augen kann man überhaupt nur einen Bruchteil dessen begreifen, was sich in unserem Land vor nicht allzu langer Zeit abgespielt hat und in manchen Ländern dieser Erde vielleicht immer noch ähnlich abspielt. Was im Geschichtsunterricht meist steril herüberkommt, wird einem hier mit brutaler Kälte vor die Augen geführt. Weniger der Weltkrieg an sich war das wirklich Erschreckende, sondern die Ideologie und der Genozid, die damit verbunden waren. Ich habe Berichte gelesen, in denen Menschen bei der Besichtigung solcher Konzentrationslager weinend zusammenbrachen oder ihren deutschen Pass einfach wegwarfen. Obwohl ich eher hart im Nehmen bin, kann ich das jetzt gut nachvollziehen. Nach dieser Besichtigung war die Stimmung logischerweise bedrückt, denn man kann von Themen wie Massenmord, Nekrophilie, Demütigung oder menschlichem Schützenfest nicht so einfach umschalten.

    Dennoch wurde der Abschlussabend im Jugendgästehaus noch sehr unterhaltsam und endete für mich persönlich mit einem ganz besonderen Stück Kultur. Auf meinen völlig abwegigen Vorschlag, nachts noch das Schloss Belvedere nahe Weimar zu besichtigen, gingen tatsächlich zwei ebenso abenteuerlustige Mitschülerinnen ein, so dass wir bei sternenklarer Nacht und Mondschein das Schloss, den atemberaubenden Park und einen Friedhof völlig allein besichtigten. Diese Entdeckungsreise war absolut magisch und inspirierend; ein unvergesslicher Moment.

    Nachdem ich dann entsprechend spät zu Bett gegangen war, ging es am folgenden Morgen mit einem völlig orientierungslosen Busfahrer in Richtung Heimat. Einen leider sehr schwer erreichbaren Halt gab es dann noch am Schillermuseum, welches in nur fünf Minuten abgearbeitet wurde und sich in dem idyllischen Dorf Bauerbach befindet, welches an Unaufgeregtheit kaum noch zu übertreffen sein dürfte.

    « 28. Alles potenzielle Mörder? (28/05/09)24. Den Optimismus nie verloren (05/02/09) »
    Partager via Gmail Delicious Technorati Yahoo! Google Bookmarks Blogmarks