• Konzertberichte des Jahres 2023: Dritter Teil

    Harakiri for the Sky, Ghost Bath, Unreqvited und Poste @ The Brass Monkey, Ottawa, 19.05.23

    Wie lange hatte ich schon nicht mehr einem Konzert aus der Post-Black-Metal-Nische beigewohnt! Da wurde es endlich mal wieder Zeit und entsprechend habe ich mich auch richtig darauf gefreut!

    Dieses Mal bin ich da mit einem guten Bekannten und Arbeitskollegen hingegangen. Der hatte das Konzert von Rhapsody of Fire in der Woche zuvor mit dem Hund seiner Ex-Freundin auf der Couch verschlafen. So eine Ausrede oder Entschuldigung können nur die wenigsten vorlegen. Erst einmal gab es im Metalpub im Stadtzentrum Poutine zu essen und Bier zu trinken, unter Anderem gab es da das originale Iron Maiden Trooper Ale! Zu Speis und Trank gab es interessante Diskussionen mit dem okkulten Besitzer und auch einige Musikvideos zu bestaunen, die den Nostalgikern hier Freudentränen in die Augen getrieben hätten. Danach ging es dann mit dem Auto etwa dreissig Minuten weiter in den Aussenbezirk zur Konzerthalle - na ja, eigentlich mehr eine Art geräumige Kneipe mit Billiardtischen in einem Keller. Die insgesamt komplizierte Verkehrslage wurde angenehm mit guter Musik überbrückt.

    Als wir ankamen, fing gerade die erste Band Poste an. Das Timing war wirklich perfekt. Von der Band hatte ich noch nie etwas gehört. Mein Begleiter fand den Schlagzeuger schlecht. Ich fand die Jungs als Eröffnung aber ganz gut. Die Balance zwischen Atmosphäre und Dynamik stimmte für mich jedenfalls. Das Bier vor Ort war auch kühl und lecker und hob die Stimmung noch weiter an.

    Unreqvited fand ich dann ziemlich gut. Die zocken folkloristisch angehauchten Black Metal mit melancholischen Melodien und leidenschaftlichem Geschrei. Man fühlte sich direkt in kalte, karge und isolierte Naturlandschaften versetzt. Perfekte Musik zu Winterspaziergängen in Nationalparks. Das wird in ein paar Monaten getestet werden. Die Gruppe werde ich mal auf dem Schirm behalten. Zu viele Bands, zu wenig Zeit, ihr kennt das ja.

    Danach kamen dann Ghost Bath, die Band aus North Dakota, die mal von sich behauptet hatte aus Chongqing zu kommen. Entsprechend hat mein Bekannter sie vor dem Konzert auch direkt gefragt, ob sie die chinesische Band seien, was für einige Lacher gesorgt hat. In den Stil der Band musste ich erst ein paar Lieder lang hineinkommen, dann hat es aber mächtig geklickt. Dem Publikum hat es gefallen, es gab bald jede Menge Circle Pits. Die sympathische Dame direkt vor mir hat die wilden Leute immer wieder zurück in den Circle Pit befördert, sodass ich diesen Teil des Konzertes angenehm geniessen konnte. Dafür habe ich mich ausdrücklich bedankt. Mein Begleiter war inzwischen irgendwo anders hin getrieben worden. Bei der letzten Umbauphase hatte ich dann eine neue Gesprächspartnerin.

    Zum Schluss kamen Harakiri for the Sky und haben ein richtiges Feuerwerk abgebrannt. Das Konzert war richtig emotional. Mit der sympathischen Dame wurde getanzt und sogar mein eher stoischer Bekannter hat irgendwann zu mir zurückgefunden und angefangen emotional mitzugehen. Dazu konnte man sich dann noch wunderbar heiser schreien. Das Konzert war richtig befreiend und ich kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus. Eine Stunde Post-Black-Metal vom Headliner fühlte sich an wie drei Tage Kur.

    Nach dem Konzert wurden Nummern mit verschiedenen Leuten getauscht und der Merchandisestand unsicher gemacht. Mein Kollege hat einen Flachmann der letzten Band gekauft, ich das Boxset des neu aufgenommenen ersten Albums mit Schnapsglas von Harakiri for the Sky geholt, sowie das aktuelle Album von Ghost Bath eingetütet. Zudem durfte ich feststellen, dass die Kunst von John Everett Millais schöne Menschen noch schöner macht. Habe mich bestimmt noch eine halbe Stunde mit verschiedenen Musikern und Fans vor Ort unterhalten, sowohl auf Französisch wie auch auf Englisch.

    Danach ging es mit dem Auto des Kollegen ab nach Hause, ging um die Uhrzeit kurz nach Mitternacht aber im Verlauf von etwa fünfundzwanzig Minuten richtig schnell. Die Distanzen sind in Kanada allerdings niemals zu unterschätzen. Daheim gab es dann wenig Schlaf. Die beiden neuen Alben wurden direkt aufs Handy gespielt und nach weniger als drei Stunden Erholung ging es dann per Taxi und Zug nach Toronto zu einem wochenendlichen Abenteuer mit Baseballspiel, Theaterstück, Kinobesuchen, Restaurantbesuchen, Kleinbrauereibesichtigungen und Spaziergängen epischer Dimension. Zudem hat sich auch herausgestellt, dass sich die beiden neu erworbenen Alben wunderbar zum Einschlafen im Zug eignen. Die wildfremden Passagiere, die meinem friedlichen Schnarchen lauschen durften, wissen dies nun übrigens auch. So habe ich der Gesellschaft doch glatt wieder etwas Gutes getan.

    « Konzertberichte des Jahres 2023: Zweiter TeilKonzertberichte des Jahres 2023: Vierter Teil: Der deutsche Sommer »
    Partager via Gmail Delicious Technorati Yahoo! Google Bookmarks Blogmarks